Schattenblick →INFOPOOL →RELIGION → BUDDHISMUS

PRESSE/710: Vom Umgang mit Problemen (Zenshin)


ZENSHIN - Zeitschrift für Zenbuddhismus, Nr. 1/08

Vom Umgang mit Problemen

Von Dorin Genpo Zenji


Auch wenn man meint auf dem Boden des Buddhismus zu stehen und von dieser Warte aus zu denken, zu sprechen und zu handeln, ist es nicht immer einfach, mit sich und anderen heilsam umzugehen. Dabei ist es sehr wichtig, das Gesetz von Ursache und Wirkung zu kennen und zu beachten, denn letztendlich muss jeder für all seine Handlungen Verantwortung tragen. Das Leben ist ein ständiges Geben und Nehmen. Dieser ständige Wechsel und Austausch hilft Einseitigkeit zu vermeiden. Wenn man immer nur nimmt, kann das nicht gut gehen. Ebenso trifft das auf ständiges nur Geben zu, das zu Erschöpfung und "Burnout" führen kann. Wenn man sich kennen gelernt hat, versucht man seine Mitmenschen und Freunde nicht mit egoistischen Wünschen und Erwartungen zu überfordern. Selbst wenn man offensichtlich "im Recht" ist, sollte man mit Forderungen nicht über die Stränge schlagen. Letztendlich muss jedem die Luft zum Atmen bleiben. Das heißt auch, dass die eigene Freiheit da endet, wo die Freiheit des Anderen beginnt.

Was will ich sagen? Es muss einen Mittelweg geben. Nicht umsonst lehrt der Buddha den Mittleren Weg. Extreme zu vermeiden, das ist wichtig. Wenn Einsicht in die eigene Natur vorhanden ist, wenn Einsicht in die Natur der Wirklichkeit vorhanden ist, dann verhält man sich dem entsprechend. Wem klar geworden ist, dass die eigene Gier, Hass und Ignoranz die Ursachen für das Leiden (Unzufriedenheit) sind, wird sich verändern wollen. Wer erkannt hat, dass er selbst für sein Denken und sein Handeln verantwortlich ist, hört vernünftiger Weise auf, immer Anderen die Schuld für eigene Unzufriedenheit zu geben. Wer z.B. den Menschen, die ihm im Leben Schlechtes getan haben, von Herzen verzeihen kann und nichts mehr nachträgt, für den ist sein Leben leichter und friedvoller geworden. Hat er die Last des Nachtragens abgeworfen, wird es leichter, es geht ihm wieder besser und er kann sich seinem Leben ungeteilt widmen und es gestalten und entwickeln. Es gibt viele gute Beispiele dafür, dass jeder Mensch, woher er auch kommt und was immer er auch war, Erleuchtung erfahren und ein glückliches Leben führen kann.

Dazu gehörte für mich, dass man sich intensiv mit der Lehre des Buddha beschäftigt und sie zu seiner Leitlinie und Orientierungshilfe macht. Das Umsetzen der Theorie in die Praxis mag nicht so einfach sein, doch wenn man sich daran macht, funktioniert es großartig. Womit sich der Verstand beschäftigt, dahin neigt sich das Gemüt. Vom Geiste gehen die Dinge aus. So wie ich denke und handle, wirke ich entsprechend auf meine Umgebung.

Wer mit Geduld und Ausdauer Zen praktiziert, wird die Wirksamkeit der Zen-Übung kennen und schätzen lernen. Medizin kann nur wirken, wenn man sie einnimmt. Es gibt so viele hilfreiche buddhistische Grundsätze und Hinweise. Man muss sie nur auf sich selbst und das eigene Verhalten anwenden.

Niemand kann einen anderen retten, wenn dieser sich nicht retten lassen möchte! Niemand kann für einen anderen essen, verdauen, ausscheiden! Niemand kann für einen Anderen atmen! So ist es auch mit Krankheit! Wenn Einsicht in die Krankheit vorhanden ist, dann ist Heilung möglich! Heilung kann auch sein, sich daran zu machen in entsprechender Art und Weise mit seiner Krankheit umzugehen. Praktiziere jeden Tag: Mit dem in geeigneter Weise umgehen, was ist!

Wer sich bewusst wird, dass sich etwas bei sich selbst oder in seiner Umgebung ändern muss, dann sollte man sich daran machen, es zum Besseren ändern! Wie ist das zu bewerkstelligen?

Löse Dich von der Vergangenheit! Wirf alles aus Deiner Seele, was Dich belastet, und beschäftige Dich mit heilsamen Zielen und Visionen! Wünsche allen Wesen Glück und schließe niemanden von Deinen guten Wünschen aus!

Im Umgang mit anderen Menschen gibt es viele kleine Regeln und Gepflogenheiten, die, wenn man sie beachtet, das Miteinander leichter machen. Z.B. eine Zen-Regel: Innerlich und äußerlich rein üben wir vertieften Umgang miteinander. Körperliche Sauberkeit ist ebenso wichtig wie die tägliche Psychohygiene!

Wir sind alle Egoisten. Dumme Egoisten denken nur an sich. Schlaue Egoisten denken auch an andere. Jeder kann entscheiden, zu welcher Kategorie er gehören will. Niemand soll bei weltlichen und spirituellen Aufgaben überfordert werden und mit seinen Anliegen auch andere nicht überfordern. Deshalb schaut man immer, was man Gutes beitragen kann und wie man sich zum Heilsamen verändern kann. Das alles dauert seine Zeit, doch auf dem Weg sind viele kleine Erfolgserlebnisse zu entdecken.


*


Quelle:
ZENSHIN - Zeitschrift für Zenbuddhismus, Nr. 1/08, S. 10-11
Herausgeberin: Hakuin Zen Gemeinschaft Deutschland e.V. (HZG)
Burggasse 15, 86424 Dinkelscherben
Redaktion: Nanshu Susanne Fendler / Bunsetsu Michael Schön
Übelherrgasse 6, 89420 Höchstädt a.d.D.
E-Mail: s-fendler@t-online.de / schoen-bio@gmx.de

ZENSHIN erscheint halbjährlich.
Einzelheft 7,50 Euro inklusive Versand


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Juli 2008