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AFRIKA/033: Simbabwe braucht dringend Nothilfe und Wahlverschiebung (ÖRK)


Ökumenischer Rat der Kirchen - Pressemitteilung vom 26. Juni 2008

Simbabwe braucht dringend Nothilfe und Wahlverschiebung, sagt junger Ökumeneführer


Die Stichwahl um das Präsidentenamt in Simbabwe sollte verschoben werden, sagt der junge Generalsekretär der Christlichen Studentenbewegung des Landes, der sich in der Schweiz aufhält, um die Unterstützung der Kirchen bei der Lösung der humanitären Krise in Simbabwe zu gewinnen.

Prosper Munatsi, Generalsekretär der Christlichen Studentenbewegung in Simbabwe,hatte gehofft, bereits letzte Woche in Genf sein zu können. Dort sollte er vor dem UN-Menschenrechtsrat über die sich ausbreitende politische und humanitäre Krise in Simbabwe berichten. Stattdessen wurde er vor seiner Ausreise aus Simbabwe festgenommen, nachdem die simbabwische Polizei und Sicherheitskräfte das Ökumenische Zentrum von Harare, in dem mehrere christliche Gruppen ihre Büros haben, am 9. Juni gestürmt hatten.

Seine Erlebnisse im Gefängnis und seine unmittelbare Kenntnis der Situation in Simbabwe sind der Grund dafür, dass er eine Verschiebung der Stichwahl und internationale Intervention fordert.

Munatsi war schon einmal länger im Gefängnis, aber dieser 24-stündige Aufenthalt in der vergangenen Woche sei "einfach erschreckend" gewesen. Neben den Einschüchterungen und Berichten von Menschen, die in der Haft umgebracht worden sind, sei der Ort "nicht als menschliche Behausung geeignet", sagt Munatsi. Es gebe weder Wasser, noch Strom, noch Decken und die Inhaftierten müssten mitten im Winter "auf dem kalten Fußboden" schlafen.

Munatsis Beschreibung des Gefängnisses in Harare, wo er mit mehreren anderen Mitgliedern christlicher Organisationen festgehalten wurde, ist wie eine Momentaufnahme der Situation im Land. "Die Gewalt ist außer Kontrolle geraten", erzählt Munatsi. Während vorher hauptsächlich ländliche Gebiete betroffen waren, habe sie nun "auf das ganze Land" übergegriffen. Die Nahrungsverknappung habe "ein äußerst bedenkliches Ausmaß" erreicht und der Hälfte der Bevölkerung, einschließlich annähernd 2 Millionen Kinder, "droht der Hungertod".

Ökumenische Organisationen und Kirchen um ihre Unterstützung zu bitten, ist einer der wichtigsten Gründe für Munatsis kurzen Besuch in Genf, Basel und Bern. Die humanitäre Krise erfordert ein unverzügliches Eingreifen der Kirchen. Zusätzlich zu dem Nahrrungsmittelmangel sind rund 40'000 Menschen vertrieben worden, denen es nun an allem fehlt, einschließlich Gesundheitsversorgung. Die Kirchen in Simbabwe tun ihr Bestes, aber sie haben keine Mittel mehr. "Das Ausmaß der Krise ist so groß, dass sie den Menschen nicht mehr helfen und ihnen kein Obdach und Essen mehr anbieten können."

Mugabe kann nicht alle Simbabwer umbringen

Die Bemühungen der Kirchen beschränken sich nicht auf die humanitäre Hilfe. Denn das Volk von Simbabwe habe alles versucht, um eine gewaltlose, demokratische und friedliche Lösung für die Krise zu finden, sagt Munatsi. "Sie würden gerne als Wahlbeobachter fungieren", aber die Regierung von Präsident Robert Mugabe hält daran fest, dass "Kirchen sich auf die Kanzel beschränken sollten". Die Tatsache, dass man ihnen untersagt, Wahlbeobachter zu ernennen, bedeutet, dass "den Kirchen ihre demokratischen Rechte vorenthalten werden", erklärt Munatsi.

Sind die Simbabwer davon enttäuscht, dass sich Oppositionsführer Morgan Tsavangirai von der Stichwahl zurückgezogen hat und sie gewissermaßen daran hindert, ihr Wahlrecht auszuüben? "Nein", antwortet Munatsi, "er hat das Richtige getan, denn seine Entscheidung stellt den Wert von Menschenleben in Simbabwe über politischen Ambitionen".

Zum jetzigen Zeitpunkt "beobachten die von der internationalen Gemeinschaft entsandten Wahlbeobachter das Morden", bemerkt Munatsi. Unter den gegebenen Umständen "muss die Wahl verschoben werden" und "muss die internationale Gemeinschaft eingreifen, um die Gewalt zu beenden". Er schlägt vor, "Friedensbeobachter" einzusetzen und Mechanismen einzurichten, "die ein Klima schaffen, das freie und faire Wahlen begünstigt".

Munatsi, der in den vergangenen zwei Monaten zweimal im Gefängnis war, reist zurück nach Simbabwe, um seinen Platz an der Spitze einer ökumenischen Organisatione junger Christen und Christinnen einzunehmen, die aus Angst vor politischen Repressionen kein Verzeichnis ihrer ca. 3000 Mitglieder führen kann. In Harare warten leere Büros auf ihn - die Ausstattung ist verschwunden, das Material wurde konfisziert und die Computer wurden gestohlen. Die Organisation hat keinen Platz und keine Mittel mehr, um zu arbeiten.

Aber Munatsi hat keine Angst zurückzukehren. "Mugabe kann nicht alle Simbabwer umbringen", sagt er. "Wir müssen mutig sein und uns für unsere Mitmenschen einsetzen", damit sie in Freiheit leben und "ihre von Gott gegebenen Rechte ausüben können".

Audioauszüge aus diesem Interview zum Download (auf Englisch, 3,13 MB):
http://www.oikoumene.org/fileadmin/files/wcc-main/sounds/2008/prosper_munatsi.mp3

Der Ökumenische Rat der Kirchen fördert die Einheit der Christen im Glauben, Zeugnis und Dienst für eine gerechte und friedliche Welt. 1948 als ökumenische Gemeinschaft von Kirchen gegründet, gehören dem ÖRK heute mehr als 349 protestantische, orthodoxe, anglikanische und andere Kirchen an, die zusammen über 560 Millionen Christen in mehr als 110 Ländern repräsentieren. Es gibt eine enge Zusammenarbeit mit der römisch-katholischen Kirche. Der Generalsekretär des ÖRK ist Pfr. Dr. Samuel Kobia, von der Methodistischen Kirche in Kenia. Hauptsitz: Genf, Schweiz.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 26. Juni 2008
Herausgeber: Ökumenischer Rat der Kirchen (ÖRK)
150 rte de Ferney, Postfach 2100, 1211 Genf 2, Schweiz
E-Mail: ka@wcc-coe.org
Internet: www.wcc-coe.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Juni 2008