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KIRCHE/1133: Friedenskonvokation - Festhalten an der Hoffnung in gewalttätigen Gemeinschaften (ÖRK)


Ökumenischer Rat der Kirchen - Mitteilung vom 21. Mai 2011

Festhalten an der Hoffnung in gewalttätigen Gemeinschaften


Friedensaktivisten/innen aus aller Welt legten am zweiten Tag der Internationalen ökumenischen Friedenskonvokation (IöFK) in Kingston (Jamaika) erschütternde Erfahrungsberichte über Gewalt und Unterdrückung ab, brachten aber zugleich ihre feste Hoffnung zum Ausdruck, dass die Bewegung für den Frieden die Oberhand gewinnen wird.

Zu den Friedensaktivisten/innen gehörten führende Vertreter/innen von Religionsgemeinschaften aus dem Nahen Osten, Indien, Brasilien und den USA, die sich mit dem Thema der Gewalt aus der Perspektive von Gemeinschaften auseinandersetzten und deren Friedensbedürfnis sowie die Stärkung der Würde und Rechte aller in den Mittelpunkt stellten.

"Als Frau glaube ich, dass wir keinen Frieden in der Gemeinschaft haben können, wenn wir ihn nicht zuerst im sicherem Hort unserer Kirche haben", erklärte Dr. Muna Mushahwar, eine Ärztin, die als palästinensische Christin in Jerusalem lebt.

Dr. Mushawar kennt sehr genau das Gefühl, Opfer von Vertreibung, Ablehnung und Unterdrückung zu sein, das Frauen besonders hart trifft. "Die Kirche spielt hier eine extrem wichtige Rolle und muss Verantwortung übernehmen, indem sie die Fehlinterpretation der Heiligen Schriften beendet, welche die Ungerechtigkeiten gegen das palästinensische Volk zulässt und rechtfertigt."

Dr. Deborah Weissman, die ebenfalls in Jerusalem lebt und Präsidentin des Internationalen Rates der Christen und Juden ist, richtete den Blick über die Kirche hinaus und unterstrich, dass einige Glaubensgemeinschaften die "absolute Wahrheit" für sich beanspruchten und keinen Raum für die kritische Auseinandersetzung mit Autorität ließen.

"Heute werden in der ganzen Welt im Namen der Religion Gräueltaten verübt. An vielen Orten sind Glaube und extreme Gewalt eine unheilige Allianz eingegangen", betonte sie.

Gewalt finde nicht in einem luftleeren Raum statt, erklärte Prof. Ram Puniyani, ein Schriftsteller und Aktivist, der für seinen unermüdlichen Kampf zur Bewahrung des säkularen Ethos in Indien bekannt ist.

"Gewalt findet statt, weil ein großer Teil der Gesellschaft mit Hass gegenüber anderen indoktriniert ist. Das ganze Streben ist dann darauf gerichtet, die Menschenrechte für den schwächeren Teil der Gesellschaft abzuschaffen."

Asha Kowtal, Dalit-Aktivistin und Leiterin einer Bewegung zur Förderung und Stärkung der Frauen in Indien, sprach ebenfalls über die Rolle des Friedens bei der Verbesserung der Lebensbedingungen für Frauen in ihrem Heimatland. "Heute werden Hunderte junger Mädchen von Männern der herrschenden Kaste sexuell missbraucht", erklärte sie.

Das Kastensystem werde von vielen als größte systemische Menschenrechtsverletzung in der ganzen heutigen Welt angesehen. "Es führt zu Diskriminierung und Ausschluss", stellte Kowtal fest.

Menschen am unteren Ende der Gesellschaft werde permanent der Zugang zu Chancen und Ressourcen verweigert, so dass " sie die Ärmsten der Armen bleiben, am häufigsten arbeitslos sind, am meisten gehasst werden und am schutzlosesten sind", erklärte sie.


Diskriminierung führt zu Gewalt

Auch die Menschen in Brasilien seien mit Diskriminierung konfrontiert, die gewalttätige Konflikte auslöse, beobachtete Dr. Tania Mara Vieira Sampaio, Professorin an der katholischen Universität von Brasilia.

"In Brasilien wie auch im Rest Lateinamerikas ist der Zugang zu einer Universität ein Privileg, das sich nur wenige Menschen leisten können", erklärte sie. "Unser Kampf zur Überwindung der modernen, vom Opfergedanken getriebenen Logik des Marktes und für angemessenere Lebensbedingungen für alle hat auch Auswirkungen auf die Ausbildung der jüngeren Generation."

Martin Luther King III aus Atlanta (Georgia), der älteste Sohn des ermordeten Bürgerrechtlers Martin Luther King Jr., betonte, Kirchen müssten ihre Aufgabe, Frieden in der Gemeinschaft zu fördern, besser erfüllen.

"Trotz großer Fortschritte ist der Sonntagsgottesdienst morgens um 11.00 Uhr immer noch die Stunde mit der größten Segregation am ganzen Tag", sagte King. "Obwohl wir heute alle bemüht sind, Würde und Rechte aller Menschen zu bekräftigen, gibt es nach wie vor viele hartnäckige Formen von Diskriminierung, die die grundlegende Achtung der Menschenrechte weiter untergraben."

Aus christlicher Sicht sei der Gedanke der Gewaltlosigkeit bestimmend für die Lehren Jesu, aber das Eintreten für den Frieden sollte Aufgabe von Menschen aller spirituellen Traditionen sein, betonte er.

"Die Lehren Jesu sind tief in der Gewaltlosigkeit verwurzelt, aber ich glaube, dass es in den heiligen Schriften aller Religionen einen Auftrag zur Gewaltlosigkeit geben kann."

In den nächsten Tagen wird die IöFK sich mit den Themen Friede mit der Erde, Friede in der Wirtschaft und Friede zwischen den Völkern beschäftigen. Die Friedenskonvokation, die gemeinsam vom Ökumenischen Rat der Kirchen, der Karibischen Kirchenkonferenz und dem Kirchenrat von Jamaika organisiert worden ist, endet am Dienstag, dem 24. Mai.


Live-Übertragung der Plenarsitzungen per Video-Stream auf der IöFK-Website:
www.gewaltueberwinden.org
Link: http://www.oikoumene.org/index.php?RDCT=9d3b5d4b616be13d60b4

Die IöFK in den sozialen Medien:
http://www.oikoumene.org/index.php?RDCT=2fca66cd0eded1709b20

Videos von der Friedenskonvokation:
http://www.oikoumene.org/index.php?RDCT=1a56048839bbbdccc583

Foto-Galerien:
Link: http://www.oikoumene.org/index.php?RDCT=a78d8a43c63e907ed9e8


Der Ökumenische Rat der Kirchen fördert die Einheit der Christen im Glauben, Zeugnis und Dienst für eine gerechte und friedliche Welt. 1948 als ökumenische Gemeinschaft von Kirchen gegründet, gehören dem ÖRK heute mehr als 349 protestantische, orthodoxe, anglikanische und andere Kirchen an, die zusammen über 560 Millionen Christen in mehr als 110 Ländern repräsentieren. Es gibt eine enge Zusammenarbeit mit der römisch-katholischen Kirche. Der Generalsekretär des ÖRK ist Pfarrer Dr. Olav Fykse Tveit, von der (lutherischen) Kirche von Norwegen. Hauptsitz: Genf, Schweiz.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 21. Mai 2011
Herausgeber: Ökumenischer Rat der Kirchen (ÖRK)
150 rte de Ferney, Postfach 2100, 1211 Genf 2, Schweiz
E-Mail: ka@wcc-coe.org
Internet: www.wcc-coe.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Mai 2011