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KIRCHE/1379: Generalsekretär Tveit ruft Christen auf, nicht von "Feinden" zu sprechen (ÖRK)


Ökumenischer Rat der Kirchen - Pressemitteilung vom 14. September 2012

ÖRK-Generalsekretär ruft Christen auf, nicht von "Feinden" zu sprechen



Die Frage, wer unser Feind ist, geht jeden auf der Welt an - insbesondere an einem Ort wie Sarajevo (Bosnien-Herzegowina), wo es vor fast zwanzig Jahren zu einem verheerenden Bürgerkrieg kam.

Aber genau an diesem Ort - einer Stadt mit einer reichen kulturellen, ethnischen und religiösen Vielfalt - rief Pfr. Dr. Olav Fykse Tveit, Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), die christlichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer an dem internationalen Friedenstreffen der Sant'Egidio-Gemeinschaft vor den Gebeten der einzelnen Religionsgemeinschaften auf, nicht länger die Kategorie "Feind" zu verwenden.

Das Friedenstreffen fand vom 9. bis 11. September statt.

"Ich glaube nicht an die Kategorie Feind", sagte Tveit zu Anfang seiner Meditation. "Als Gläubige durch das Zeugnis Christi sollten wir nicht an dieses Konzept glauben."

Während des Balkankrieges wurden in Sarajevo Nachbarn zu Feinden, und zahlreiche Zivilisten starben.

"Hier in Sarajevo werden wir daran erinnert, dass wenn wir den Nächsten zum Feind erklären, am Ende jeder verliert - eventuell sogar sein Leben", fuhr er fort.

In diesem Zusammenhang erwähnte Tveit eine andere Form von Gewalt, bei der das Definieren eines Feinbildes zu furchtbaren Tragödien geführt hat.

"An diesem 11. September erkennen wir, dass selbst Religion als Motivation und Vorwand für die schlimmsten und grausamsten Taten gegen die Menschheit benutzt werden kann - der ultimative Effekt, sich gegenseitig zu Feinden zu erklären", sagte er. "Terror ist Terror, wie auch immer die Motivation aussieht."

In seiner Meditation mit dem Titel "Wenn Gott für uns ist, wer ist dann gegen uns?" befasste Tveit sich mit der ernüchternden Tatsache, dass es für Christinnen und Christen inakzeptabel ist, jemandes Feind zu sein oder Feinde zu haben.

"Als Jünger Jesu Christi wissen wir, dass manche uns als Feinde ansehen; Jesus sagte, dass wir eventuell um der Rechtschaffenheit und des Reiches Gottes wegen verfolgt werden", sagte er.

"Durch den Tod Christi sind wir mit Gott versöhnt. Alles, selbst Hass und Tod, sieht durch die Liebe Christi anders aus, auch wenn diese Dinge selbst nicht verschwinden."

Tveits Meditation war einer der letzten Programmpunkte nach zwei Tagen Podiumsdiskussionen und interreligiösem Dialog, die typisch für diese Veranstaltung der Sant?Egidio-Gemeinschaft sind. Das Thema der Veranstaltung lautete: "Zusammenleben ist die Zukunft: Religionen und Kulturen im Dialog".

Als Repräsentant des ÖRK und seiner weltweiten Mitgliedskirchen nahm Tveit auch an verschiedenen Podiumsdiskussionen teil, darunter "Liebe zu den Armen, der Weg zur Ökumene" und "Experten der Menschlichkeit: Christen in der Gesellschaft".

"Wir sind befreit, das Kreuz Christi unter allen Umständen in Glauben, Hoffnung und Liebe zu tragen. Nicht für Kreuzzüge, sondern in Solidarität mit der leidenden Welt. Als Zeichen der Kernaussage des christlichen Glaubens: Gott ist für uns?, sagte Tveit am Schluss seiner Meditation.

"Nichts kann uns trennen von der Liebe Christi; deshalb ruft Jesus uns auf, unsere Feinde zu lieben", schloss er.

Das Treffen wurde gemeinsam von der Sant?Egidio-Gemeinschaft, der islamischen Gemeinschaft von Bosnien-Herzegowina, der serbisch-orthodoxen Kirche, der römisch-katholischen Erzdiözese Vhrbosna-Sarajevo und der jüdischen Gemeinschaft in Bosnien-Herzegowina organisiert. Der Patriarch Irinej der serbisch-orthodoxen Kirche - einer Mitgliedskirche des ÖRK - nahm auch an der Veranstaltung teil.

Vollständiger Wortlaut der Meditation von Generalsekretär Tveit:
http://lists.wcc-coe.org/ct.html?ufl=4&rtr=on&s=jazjt,hdkl,usx,fiox,3qj8,6a92,l50s

Tveits Präsentation zu "Liebe zu den Armen, der Weg zur Ökumene" auf Youtube: (Italienisch):
http://lists.wcc-coe.org/ct.html?ufl=4&rtr=on&s=jazjt,hdkl,usx,d5lo,g3yx,6a92,l50s

ÖRK-Programm für interreligiösen Dialog und interreligiöse Zusammenarbeit:
http://lists.wcc-coe.org/ct.html?ufl=4&rtr=on&s=jazjt,hdkl,usx,ah9h,98ek,6a92,l50s

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Quelle:
Pressemitteilung vom 14. September 2012
Herausgeber: Ökumenischer Rat der Kirchen (ÖRK)
150 rte de Ferney, Postfach 2100, 1211 Genf 2, Schweiz
E-Mail: ka@wcc-coe.org
Internet: www.wcc-coe.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. September 2012