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KIRCHE/807: Wissen, was dem anderen wichtig ist - Ökumene entdeckt Kirchenväter (ÖRK)


Ökumenischer Rat der Kirchen - Pressemitteilung vom 11. Oktober 2009

Wissen, was dem anderen wichtig ist - Ökumene entdeckt Kirchenväter


Die Ökumene entdeckt die alte Kirche wieder. Die ÖRK-Kommission für Glauben und Kirchenverfassung diskutiert derzeit auf Kreta ein Studienprojekt über "Quellen der Autorität". Darin geht es um die Lehre der Kirchenväter ab dem 4. Jahrhundert, die vor allem für die orthodoxen Christen wichtig sind. Damit geht die ökumenische Bewegung auf jenen Teil der weltweiten Christenheit zu, der sich in jüngster Zeit benachteiligt gefühlt hatte im Kirchen-Dialog.

Susan Durber klingt beseelt, wenn sie von einem Vorbereitungstreffen in Cambridge redet, das sich mit den Schriften der frühen Kirche beschäftigt hat. "Ich kann - zusammen mit anderen - bezeugen, dass dies eine der schönsten, ehrlichsten und hoffnungsvollsten ökumenischen Erfahrungen war, die wir jemals erlebt haben", sagte die englische Pfarrerin und Rektorin des Westminster-College der Vereinigten Reformierten Kirche vor den 152 Theologen/innen, Kirchenleitenden und Laien/innen. Namen wie Gregor von Nazianz, Issak von Syrien oder Ambrosius von Mailand hätten in ihrer Kirche bisher keine große Rolle gespielt.

Die Beschäftigung mit diesen Theologen habe sie jedoch zu der Überzeugung gebracht, "dass die Lehrer und Lehrerinnen und die Zeugen und Zeuginnen der Alten Kirche unsere gemeinsamen Väter und Mütter des Glaubens sind und als solche von uns geehrt werden sollten." Das sollte freilich nach den Regeln der textwissenschaftlichen Kunst geschehen, so Durber. Die Kirchenväter seien in ihrem geschichtlichen Zusammenhang wahrzunehmen und auch die wichtigen Anliegen des Feminismus seien an ihre Texte heranzutragen.

Archimandrit Cyril Hovorun von der Russisch-Orthodoxen Kirche betonte in seiner Rede vor dem Plenum: das Denken der Kirchenväter und das biblische Denken seien eng mit einander verknüpft. "Wir können die Kirchenväter von der Heiligen Schrift losgelöst betrachten, doch die Kirchenväter selbst haben dies nicht zugelassen", sagte er und empfahl der Kommission, eine Studie auf den Weg zu bringen, die sich genau mit dieser Verbindung zwischen Bibeltext und früher Kirche beschäftigen soll. Zudem regte der Experte für Patristik, also für die Schriften der Kirchenväter, an, "ob die Praxis eingeführt werden kann, dass jedes wesentliche ökumenische Dokument in Verbindung mit relevanten patristischen Studien vorgelegt werden muss." Das erhöhe die Bedeutung ökumenischer Äußerungen für Orthodoxe und traditionelle Katholiken, so Hovorun.

Durber und Hovorun äußerten sich vor Medienvertretern erwartungsvoll über die Weiterentwicklung der Studien. Die ökumenische Kommission will noch weitere "Quellen der Autorität" ergründen. Denn was den Einen die Kirchenväter sind, sind den Anderen Luther und Calvin oder die kirchliche Tradition. Gemeinsam betrachten, was dem jeweils anderen wichtig ist, kann jedenfalls nur weiterführen, waren sich die Theologen einig.

Mehr über die Versammlung in Kreta:
http://oikoumene.org/crete2009

Referat von Dr. Susan Durber:
http://www.oikoumene.org/?id=7233&L=2

Referat von Archimandrit Dr. Cyril Hovorun:
http://www.oikoumene.org/?id=7232&L=2

Der Ökumenische Rat der Kirchen fördert die Einheit der Christen im Glauben, Zeugnis und Dienst für eine gerechte und friedliche Welt. 1948 als ökumenische Gemeinschaft von Kirchen gegründet, gehören dem ÖRK heute mehr als 349 protestantische, orthodoxe, anglikanische und andere Kirchen an, die zusammen über 560 Millionen Christen in mehr als 110 Ländern repräsentieren. Es gibt eine enge Zusammenarbeit mit der römisch-katholischen Kirche. Der Generalsekretär des ÖRK ist Pfr. Dr. Samuel Kobia, von der Methodistischen Kirche in Kenia. Hauptsitz: Genf, Schweiz.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 11. Oktober 2009
Herausgeber: Ökumenischer Rat der Kirchen (ÖRK)
150 rte de Ferney, Postfach 2100, 1211 Genf 2, Schweiz
E-Mail: ka@wcc-coe.org
Internet: www.wcc-coe.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Oktober 2009