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MELDUNG/117: Griechische Originalpredigten des Origenes von Alexandria entdeckt (idw)


Bayerische Staatsbibliothek - 11.06.2012

Spektakulärer Fund: Griechische Originalpredigten des Origenes von Alexandria entdeckt



Bei der Katalogisierung der griechischen Handschriften aus der Büchersammlung Johann Jakob Fuggers wurde kürzlich in der Bayerischen Staatsbibliothek eine spektakuläre Entdeckung gemacht. Die Philologin Marina Molin Pradel identifizierte bei der Katalogisierung einer Handschrift zahlreiche Texte der bislang nicht im Original bekannten griechischen Predigten zu den Psalmen von Origenes von Alexandria (185 - 253/54 n. Chr.), dem bedeutendsten Theologen der frühen christlichen Kirche vor Augustinus. Dieser Fund ist für die Forschung von nicht hoch genug einzuschätzender Bedeutung.

Die Zuordnung zu Origenes wurde vom international anerkannten Origenes-Experten Lorenzo Perrone von der Universität Bologna mit höchster Wahrscheinlichkeit bestätigt.

Origenes gilt als Begründer der allegorischen Bibelauslegung. Seine zahlreichen, oft allerdings nicht mehr oder nur in lateinischer Übersetzung überlieferten Werke sind Grundfundament christlichen Denkens. Als Philosoph, Theologe, Philologe und Prediger hat Origenes die Geistesgeschichte von der Spätantike bis heute tief geprägt. Seine Predigten und Auslegungen zu den Psalmen waren bisher nur bruchstückhaft und lediglich in lateinischer Übersetzung überliefert. Die nun in ihrem wahren Inhalt identifizierte, unauffällig aussehende, umfangreiche griechische Handschrift stammt aus dem 12. Jahrhundert.

"Der Fund ist überaus bedeutend - sowohl was Alter wie auch Umfang der Texte angeht. Er wird in Wissenschafts- und Forscherkreisen lebhafte Diskussionen auslösen und sogar neue Erkenntnisse für den Text der griechischen Bibelfassung erlauben. Alle Kirchenväter haben Origenes gelesen und intensiv rezipiert. Die Entdeckung erlaubt es nun, sich mit bislang unbekannten Originaltexten zu befassen", so Generaldirektor Rolf Griebel.

Die Handschrift wurde von der Bayerischen Staatsbibliothek bereits digitalisiert und ist für jedermann im Internet abrufbar:

www.digitale-sammlungen.de - Eingabe "Homiliae in psalmos"

Die jetzt in ihrem Inhalt neu entdeckte Handschrift wird nach ihrer Restaurierung erstmals am 5. Dezember 2012 im Rahmen eines Symposiums in der Bayerischen Staatsbibliothek der Öffentlichkeit im Original präsentiert. Ein wissenschaftliches Fachgespräch zur Analyse der Texte findet bereits am 25. Juni 2012 im Rahmen der geplanten Studientage zur griechischen Paläographie an der Universität Padua statt. Unter der Leitung von Lorenzo Perrone soll eine kritische Edition der Texte herausgegeben werden.

Die Bayerische Staatsbibliothek besitzt mehr als 650 griechische Handschriften und damit den größten Bestand in Deutschland. Er wurde und wird von der Wissenschaft intensiv genutzt. Die wissenschaftliche Erschließung erfolgt im hauseigenen - von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten - Handschriftenerschließungszentrum. Der Fund macht die Notwendigkeit und den Erkenntnisgewinn dieser detaillierten und aufwendigen Analysen augenfällig. Die Katalogisierung der griechischen Handschriften in der Bayerischen Staatsbibliothek feiert in diesem Jahr ihr 20. Jubiläum, mindestens fünfzehn weitere Jahre wird es dauern, bis alle griechischen Handschriften neu beschrieben sind.

Über die Bayerische Staatsbibliothek:
Die Bayerische Staatsbibliothek, gegründet 1558 durch Herzog Albrecht V., ist eine der bedeutendsten europäischen Universalbibliotheken und genießt als internationale Forschungsbibliothek Weltrang. Gemeinsam mit anderen Bibliotheken bildet sie die virtuelle Nationalbibliothek Deutschlands. Mit knapp 10 Millionen Bänden, rund 60.000 laufenden Zeitschriften in gedruckter und elektronischer Form und an die 94.000 Handschriften gehört die Bayerische Staatsbibliothek zu den bedeutendsten Wissenszentren der Welt.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution1304

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Bayerische Staatsbibliothek, Peter Schnitzlein, 11.06.2012
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Juni 2012