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STANDPUNKT/052: Bischofssynode in Rom beginnt mit Eklat (Gerhard Feldbauer)


Bischofssynode in Rom beginnt mit Eklat

Priester outet sich als Homosexueller

Von Gerhard Feldbauer, 7.10.2015


Franziskus hat auf der vom 4. bis 25. Oktober in Rom tagenden ordentlichen Bischofssynode der katholischen Kirche ein Bekenntnis zur Unauflöslichkeit der Ehe abgegeben. An der Versammlung nehmen rund 450 Kardinäle und Bischöfe, Ordensleute, Theologen und Laien teil, die über "Die Berufung und Sendung der Familie in Kirche und Welt von heute" beraten sollen. Auf der Tagesordnung stehen damit zusammenhängende heikle Themen wie der Umgang mit Homosexuellen oder die Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zur Kommunion, die bislang nicht erlaubt ist. Der Papst selbst sorgte während seiner jüngsten USA-Reise in Washington für Gesprächsstoff, als er ein homosexuelles Paar umarmte. Der Vatikan dementierte zwar Äußerungen, Franziskus habe damit ein kirchenpolitisches Signal setzen wollen. Der Papst selbst äußerte sich nicht dazu.

Den polnischen Priester Krzysztof Charamsa dürfte das dennoch ermutigt haben, sich einen Tag vor Eröffnung der Synode in einem Gespräch mit dem Mailänder Corriere della Sera als Homosexueller zu outen. Der 43jährige Geistliche ist seit 2003 Mitarbeiter der einflussreichen Glaubenskongregation und unterrichtet an der Päpstlichen Universität Gregoriana Theologie. Er wurde noch am selben Tag seiner Funktion entbunden. Es wird vermutet, dass der reaktionäre Chef der Glaubenskongregation, der deutsche Kardinal Gerhard Müller, das am Papst vorbei entschieden hat.

Franziskus ging auf den Vorfall nicht ein, rief aber zur Barmherzigkeit auf. Domradio.de zitierte ihn, er habe Mitleid angemahnt und davor gewarnt, "unnötig streng zu sein. Die Teilnehmer der Synode habe er zum Dialog aufgefordert. Sie müssten fähig sein, "hinzuhören und sich miteinander auszutauschen".

So flexibel reagierten andere Würdenträger nicht. Der afrikanische Kurienkardinal Robert Sarah geißelte gleichgeschlechtliche Paare als einen "Rückschritt für die Zivilisation" und als Verstoß "gegen den Plan Gottes". Geschiedene, die ein zweites Mal heirateten, dürfe die Kirche nicht akzeptieren. Sarah nennt das "Betrug am Evangelium", ja mehr noch: eine "Rebellion gegen Gott". Kardinal Ruini trat scharf Gerüchten entgegen, es gebe "eine Schwulenlobby im Vatikan". Und wenn das wahr wäre, "müsse man aufräumen". Der 84jährige Ruini, der zu den engsten Mitarbeitern des polnischen Papstes Johannes Paul II. und des deutschen Benedikt XVI. gehörte, gilt als Flügelmann der erzreaktionären Fraktion im Vatikan, die allen progressiven Gesten Franziskus' entgegentritt. Ihnen wird auch Kardinal Gerhard Müller zugerechnet.

Damit dürfte es alles andere als ruhig auf der Synode zugehen, sondern dürften eher scharfe Auseinandersetzungen zu erwarten sein. Papst Franziskus übt Kritik an den sozialen Auswüchsen des Kapitalismus, spricht Befreiungstheologen Lateinamerikas selig, mischt sich in die große Politik ein, mahnt kirchliche Würdenträger zu Bescheidenheit und legt sich mit der Mafia an. Doch nun geht es um die Grundfesten der Soziallehre der katholischen Kirche.

Mit einem vorsichtigen Zeichen der Öffnung rechnen Vatikankenner hier allenfalls bei der Haltung gegenüber Geschiedenen. Entscheidungen kann der Papst zwar allein treffen, aber es wird davon abhängen, ob er sich dabei auf eine genügende Zahl Anhänger wird stützen können. Denn ihm stehen, wie der Vatikankenner Marco Politi in seinem jüngsten Buch "Franziskus unter Wölfen" schreibt, gefährliche Feinde gegenüber. Er wäre nicht der erste Papst, der auf mysteriöse Weise ums Leben kommt.

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Quelle:
© 2015 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Oktober 2015

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