Schattenblick → INFOPOOL → RELIGION → MEINUNGEN


STANDPUNKT/055: Neuer Finanzskandal in Vatikanbank überrollt Reformpapst Franziskus (Gerhard Feldbauer)


Neuer Finanzskandal in Vatikanbank überrollt Reformpapst Franziskus

Vorgänger Ratzinger vertuschte das noch mit Hilfe von Hermann Josef Abs

Von Gerhard Feldbauer, 6. November 2015


Geldwäsche, Illegale Kapitaltransfers, Korruption, damit sollte es unter Franziskus eigentlich Schluss sein. Denn der als Reformpapst gefeierte neue Pontifex beauftragte bereits am 24. Juni, drei Monate nach seiner Wahl am 13. März 2013 eine Kommission mit der Untersuchung der seit Jahrzehnten schmutziger Geschäfte beschuldigten Bank des Vatikans, die sinnigerweise Istituto per le Opere di Religione (IOR), zu Deutsch "Institut für die religiösen Werke" heißt. Zwei Monate später bildete er noch ein "Komitee für Finanzsicherheit", das "alle Bereiche des Vatikans auf mutmaßliche Geldwäscheaktivitäten überprüfen" sollte. Die jetzigen Enthüllungen über den neuen Skandal in dem es weiter "um Geldwäsche, Insiderhandel und Marktmanipulationen" gehe, "überrollen die Reform Bergoglios", schrieb La Repubblica am Donnerstag. In die millionenschweren Betrügereien sei, wie das Blatt weiter berichtete, der Präsident der italienischen Banco Finnat Euroamericana, Giampietro Nattino, verwickelt, der enge Geschäftsbeziehungen mit der Abteilung für Immobilien und Aktien des Heiligen Stuhls unterhielt. Der neue Skandal sei durch öffentlich publik gemachte, inzwischen Vatileaks II genannte Informationen zweier hochrangiger Mitarbeiter der Kurie, die in einer anderen von Franziskus eingesetzten Kommission zur Reform der Wirtschafts- und Verwaltungsstrukturen des Vatikan arbeiteten, bekannt geworden. Sie wurden wegen "Weitergabe vertraulicher Informationen" im Vatikan vorrübergehend festgenommen.

Der jetzige Skandal offenbart, dass es sich um einen jahrzehntelang nie trockengelegten Sumpf handelt, auf den die römische Staatsanwaltschaft mit der Einlassung verweist, dass ihre Ermittlungen vier Jahrzehnte zurückreichen, was heißt, in die Zeit der Herrschaft der Vorgänger von Franziskus, des polnischen Papstes Johannes Paul II alias Wojtyla und seines deutschen Nachfolgers Benedikt XVI., des vorherigen Kardinals Ratzinger. 1981 ermittelte die Mailänder Staatsanwaltschaft zum Beispiel gegen den damaligen Chef des IOR, Erzbischof Casimir Markinkus und weitere hohe hochrangige Würdenträger, wegen Betrugs in Millionenhöhe. Markinkus hatte unter anderem versucht, gefälschte Aktien im Wert von 500 Millionen US-Dollar zu verkaufen. Um eine Auslieferung von Markinkus und seiner Komplizen an die italienische Justiz zu verweigern, bildete Ratzinger zur Untersuchung der Vorkommnisse eine "interne Kommission" des Vatikans, in der der damalige Ehrenvorsitzende der Deutschen Bank, Hermann Josef Abs, mitarbeitete. Ratzingers "Untersuchungen" zogen sich über Jahre hin und endeten ohne Ergebnisse. Markinkus war zwischenzeitlich aus der Schusslinie gebracht und in sein Heimatland USA zurückgeschickt worden.

Was die Deutsche Bank betrifft, so erinnern sich Insider angesichts des jüngsten Skandals, dass erst im Juli dieses Jahres in Presseberichten über Ermittlungsergebnisse der römischen Staatsanwaltschaft informiert wurde, nach denen das IOR drei Konten bei der Deutschen Bank unterhielt, auf denen Schwarzgelder gebunkert worden seien.

Zu allem Überfluss erschienen in diesen Tagen zwei neue Enthüllungsbücher über die lange Liste der Skandale im Vatikan, die sich ebenfalls auf sogenannte Vatileaks-Enthüllungen stützen. Die Anschuldigungen gipfeln darin, dass für Selig- und Heiligsprechungen teuer bezahlt würde. Um "heroische Taten" oder "vollbrachte Wunder" potenzieller Kandidaten zu prüfen, ließen sich die Verantwortlichen durchschnittlich 500.000 Euro bezahlen. Obwohl die Autoren dafür nicht Franziskus, sondern seine Vorgänger verantwortlich machen, reagierte der Papst, wie Vatikansprecher Pater Federico mitteilte, verärgert. Der Papst wisse "sehr gut über die Realität Bescheid", erklärte er. Über Vatileaks II sei Franziskus "verärgert, aber nicht entmutigt". Er sei weiterhin entschlossen, den Finanz- und Wirtschaftsbereich des Heiligen Stuhls transparent zu machen.

*

Quelle:
© 2015 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. November 2015

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang