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STANDPUNKT/121: Mit der Seligsprechung von 498 Kreuzrittern Francos setzte Benedikt XVI. das Bündnis der Kurie mit dem Faschismus fort (Gerhard Feldbauer)


Tod eines Deutschordensritters

Mit der Seligsprechung von 498 Kreuzrittern Francos setzte der deutsche Ratzinger-Papst Benedikt XVI. das Bündnis der Kurie mit dem Faschismus fort

von Gerhard Feldbauer, 1. Januar 2023


Der am 19. April 2005 zum 265. Papst gewählte Joseph Alois Ratzinger alias Benedikt XVI. ist am 31. Dezember im Alter von 95 Jahren verstorben. Am 28. Februar 2013 war er als Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche und damit auch Staatsoberhaupt des Vatikanstaates zurückgetreten. Er war Nachfolger des polnischen Papstes Johannes Paul II., der mit 26 Jahren und 5 Monaten die längste Zeit regierte und als der bis dahin reaktionärste Pontifex galt. In Ratzinger hatte er den Nachfolger gesehen, der seinen Kurs vorbehaltlos fortsetzen werde.

Bei der Wahl Wojtylas 1978 existierte noch ein starker sozialistischer Block, was entscheidend war, einen Polen im Bündnis mit dem "Arbeiterführer" Walesa auf den Stuhl Petri zu hieven. Nach dem Sturz des Kommunismus in Osteuropa konnte nun "ein Deutschordensritter die Kolonisation selbst in die Hand nehmen", kommentierte Hans Heinz Holz, als mit Ratzinger nach rund 500 Jahren wieder ein Deutscher Papst wurde (Marxistische Blätter, 6/2006).

Benedikt XVI. setzt die reaktionäre Gegenoffensive seines Vorgängers nicht einfach nur fort, er verstärkt sie noch. Seine Attacken stellen auf ein Rollback gegen die Aufklärung und die irdische Emanzipation des Menschen ab. Von seiner eindeutigen Positionierung zeugten die Seligsprechung der geistlichen Anhänger des faschistischen Putsches in Spanien über seine Ausfälle gegen Protestanten und Moslems oder seine Unterstützung für den faschistischen Regierungschef in Rom Berlusconi bis zur Rücknahme der Exkommunikation der Piusbrüder mit ihrer Leugnung des Holocaust.

Benedikt knüpfte damit an die reaktionären Traditionen der Kurie an. In Deutschland stand dafür die Unterstützung Hitlers, so durch das Reichskonkordat, in Italien die Allianz mit Mussolini oder die Verstrickung des Vatikans in das Mordkomplott gegen Aldo Moro. Bereits mit seinem Rundschreiben "Deus caritas est" (Gott ist die Liebe) 2006 reihte Benedikt sich ein in die Kette der mit Leo XIII. (1878-1903) beginnenden Sozialenzykliken. Die katholische Soziallehre habe über den Marxismus gesiegt, schrieb er und bekräftigte die Verdammung des Sozialismus als "Pest" und die "Wegweisung", wie der Staat gegen ihn "mit starker Hand" vorzugehen habe, wenn die Massen sich "von üblen Doktrinen hinreißen lassen".

Die von Lefebvre 1970 gegründete und nach Pius X. (1903-1914) genannte Bruderschaft (FSSPX) stand mit ihrem Hass auf Juden, Muslime, Homosexuelle und alle irgendwie Abtrünnigen offen auf dem rechtsextremen Flügel des Katholizismus. Auf dem II. Vatikanischen Konzil (1962-1965) verweigerte Lefebvre dem von Johannes XXIII. (1958-1963) vorgelegten Dekret "Über die Religionsfreiheit", das insbesondere den Antijudaismus und Antisemitismus entsagte, seine Zustimmung. Diese Beschlüsse nannte er eine Folge satanischen Einflusses auf die Kirche, die Menschenrechte und die Verkündung der Gleichheit und behauptete, sie seien "satanischen Ursprungs".

Die Rücknahme des über die Piusbrüder verhängten Kirchenbanns - von Benedikt bewusst Rehabilitierung genannt - war ein logischer Schritt, diese klerikalen Faschisten wieder in die "volle Gemeinschaft" seiner Kirche einzugliedern, um sie seiner reaktionären Offensive dienstbar zu machen. Das glich den auf der weltlichen Bühne in Italien vor sich gehenden Faschisierungsprozessen und einer in weiteren westlichen Ländern zu beobachtenden Rechtsentwicklung, ja sie "ordnete sich in diese ein". Kein Wunder, dass ihn die heutige faschistische Regierungschefin Giorgia Meloni als "Giganten des Glauben" und "großen Mann der Geschichte" hochleben läßt.

Gegen die Rehabilitierung der Piusbrüder gab es starke Proteste. Der Ehrenpräsident der Europäischen Gesellschaft für katholische Theologie, Prof. Peter Hünermann, sprach von einem "skandalösen Amtsmissbrauch" des Papstes. In Münster, wo Prof. Ratzinger einst lehrte, unterschrieb fast die gesamte katholische Fakultät eine scharfe Protestnote. Die bayerischen Bischöfe bekundeten dagegen Benedikt ihre "unverbrüchliche Solidarität." Seinem Papst Schützenhilfe leistete der Augsburger Militärbischof Walter Mixa. Während der Osterzeit gab er auf einer CSU-Veranstaltung von sich, eine Gesellschaft ohne Gott sei die Hölle auf Erden.

Benedikts Rücktritt wurde mit seinem Gesundheitszustand begründet. Führende Vatikankreise hatten ihn jedoch dazu gedrängt, weil er die katholische Kirche in eine tiefe Krise gestürzt hatte, die sein Nachfolger, der Erzbischof von Buenos Aires Bergoglio, der den Namen Franziskus annahm, mit wenig Erfolg aufzuhalten sucht.

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Quelle:
© 2023 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 3. Januar 2023

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