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INTERNATIONAL/016: Mexiko - Friedensaktivisten fordern Ende der Gewalt, Protest gegen Militäreinsätze (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 17. August 2011

Mexiko: Friedensaktivisten fordern Ende der Gewalt - Proteste gegen Militäreinsätze

Von Daniela Pastrana

Tausende protestieren gegen das geplante Sicherheitsgesetz - Bild: © Daniela Pastrana/IPS

Tausende protestieren gegen das geplante Sicherheitsgesetz
Bild: © Daniela Pastrana/IPS

Mexiko-Stadt, 17. August (IPS) - Tausende Gegner einer geplanten Reform des Gesetzes zur nationalen Sicherheit in Mexiko rüsten sich für einen Protestmarsch. Sie wollen verhindern, dass die Regierung von Präsident Felipe Calderón die hohe Militärpräsenz im Land legitimiert. Seit Soldaten gegen das organisierte Verbrechen eingesetzt werden, starben in den letzten vier Jahren 40.000 Menschen.

Die Demonstranten wollen im September bis in den südlichen Bundesstaat Chiapas ziehen. Dabei kommen sie durch mehrere Städte, die Auswanderer aus zentralamerikanischen Staaten auf dem Weg in die USA passieren. Die Kriminalität ist dort besonders hoch. Wie die Organisatoren des Protestes ankündigten, wollen sie gemeinsam mit Ureinwohnern in Chiapas den mexikanischen Unabhängigkeitstag am 15. September begehen. In dem Gebiet hatten sich 1994 die Zapatisten-Rebellen gegen die Armee erhoben.

In Mexiko-Stadt zogen vor kurzem etwa 3.000 Mitglieder der Bewegung 'Frieden mit Gerechtigkeit und Würde' durch die Straßen, um ein Ende der Gewalt zu fordern. Konkreter Anlass war der Parlamentsbeschluss vom 4. August zugunsten einer Reform des Sicherheitsgesetzes. Zwei Monate zuvor war es in der Hauptstadt zu ähnlichen Protesten gekommen.

"Wir kämpfen für ein anderes Sicherheitsgesetz, das die Belange der Bürger berücksichtigt", sagte der Schriftsteller Javier Sicilia, einer der Initiatoren der Proteste. Der Direktor der unabhängigen Organisation 'Serapaz', Miguel Álvarez, kündigte an, dass weitere Gruppen unabhängig von der Friedensbewegung gegen das Gesetz protestieren würden.


Friedensmärsche mit Hinterbliebenen von Gewaltopfern

Sicilia stellte sich nach dem Mord an seinem Sohn Juan Francisco an die Spitze der Protestinitiative. Am 6. April rief er zu einer landesweiten Demonstration auf. Im Mai folgte ein großer Friedensmarsch, dem sich zahlreiche Familien von Gewaltopfern anschlossen.

Die Zahl der Toten ist deutlich gestiegen, seit die Regierung im Januar 2007 den von Menschenrechtsaktivisten heftig kritisierten Einsatz der Armee gegen Kriminelle beschloss. Schätzungen zufolge wurden seither mindestens 40.000 Menschen getötet, 10.000 verschleppt und etwa 200.000 vertrieben.

Gegen die Gewaltorgien protestierte Sicilia im Juni mit einem 'Trost-Umzug', der durch zehn Städte führte, in denen das organisierte Verbrechen stark präsent ist. Die Organisatoren sammelten Informationen über Gewaltopfer, um ein Gesetz zugunsten der Geschädigten und ihrer Familien einzufordern. Nachdem sich Sicilia für einen Dialog mit den Behörden aussprach, verlor er allerdings Unterstützer in den Reihen der Linken und der Menschenrechtsgruppen.

Álvarez charakterisierte die Friedensbewegung als "parteilos". Diese Haltung werde sicherlich nicht sofort von allen verstanden, meinte er. Die Bewegung stehe vor der Herausforderung, die Bedürfnisse all derer zu artikulieren, die anders dächten, erklärte Héctor Cerezo.

Der Menschenrechtsaktivist war sieben Jahre lang wegen seiner politischen Überzeugungen inhaftiert. Auch zwei seiner Brüder kamen ins Gefängnis. Cerezo hat inzwischen eine eigene Gruppe gegründet, um Fälle von Verschwindenlassen in dem lateinamerikanischen Land zu dokumentieren. "In politische Debatten mischen wir uns allerdings nicht ein", betonte er. Im Gegensatz zu Sicilia glaubt Cerezo nicht, dass der Dialog mit den Institutionen Fortschritte bringen wird.


Gesetz wird ab September beraten

Der Schriftsteller will dagegen die seit Anfang August unterbrochenen Gespräche mit Parlamentariern wieder aufnehmen, um über das neue Sicherheitsgesetz zu diskutieren. Die vorgesehene Änderung eines Verfassungsparagraphen hätte zur Folge, dass die Regierung noch größere Befugnisse bei der Einsetzung der Streitkräfte im In- und Ausland erhielte. Ab Anfang September wollen die Abgeordneten ihre Beratungen über den Gesetzentwurf fortsetzen. (Ende/IPS/ck/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. August 2011