Gerade in der Sizilianischen Verteidigung hat sich in den letzten Jahren viel getan. In dieser traditionell sehr beliebten Eröffnung mit ihrem hohen Ideengehalt weicht man inzwischen gerne auf Abspiele zurück, die bis dahin ein geradezu anachronistisches Dasein geführt hatten. Da wären Spielweisen wie 2.b2-b3!? oder Gambitfolgen wie 2.b2- b4!? bzw. positionell solideres wie 2.c2-c3. Was vorher verschlossen war wie ein Schloß, offenbart plötzlich ein neues Universum. Und auch verlachte Varianten wie 1.e2-e4 c7-c5 2.Sg1-f3 d7-d6 3.d2-d4 c5xd4 4.Dd1xd4!? erweisen sich mit einemmal als Gaumenfreuden. Längst hat die moderne Zeit in ihrem künstlerischen Entfaltungsdrang begriffen, daß Prinzipien immer nur Fesseln sein können. Man gibt sich lüstern bis verwegen, erprobt alles aus, was denkbar ist, und feiert es als Befreiung. Viel zu früh werden dann die Theoretiker der entfesselten Leidenschaft das biedere Kleid der Konvention überstreifen. Bis dahin gilt es, den Schwung auszunutzen. Im heutigen Rätsel der Sphinx mischte sich auch Schwarz in den Reigen der Entdeckungen ein und präsentierte seinem Kontrahenten einen scharfen Angriffscocktail, Wanderer.
Larski - Buckley
Richmond 1998
Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Weiß setzte seinem Kontrahenten mit 1.e4-e5+! die Pistole auf die Brust. 1...Kf6xe5 war betrüblich wegen 2.Dd2-e3+ Ke5-f6 3.Sc3-e4+ Kf6- e5 4.Se4-g3+ Ke5-f6 5.Sg3-h5+ Kf6xf5 6.De3-f4+ Kf5xg6 7.Df4xf8 und 1...Kf6xf5 2.Dd2-h6 Kf5xe5 3.Dh6-g7+ Tf8-f6 4.Th1-h5+ Se7-f5 5.Ke1-f2 weckte ebenfalls wenig Hoffnung. Also spielte Schwarz 1...Sc6xe5 2.Sc3- e4+ Kf6-g7 3.Dd2-h6+ und gab sodann auf.
Erstveröffentlichung am 15. Oktober 1999
07. August 2010