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SCHACH-SPHINX/05032: Genüßlicher Moment der Rache (SB)


Wieviel Mühen Gerald Abrahams (1907-1980) auch auf sich nahm, nie konnte der englische Jura-Professor, einer der stärksten Spieler seines Landes, die Britische Meisterschaft erringen. Das hatte einen einfachen Grund. Immer wieder stellte ihm Alan Philipps, sein persönlicher Angstgegner und Punkterivale, in der entscheidenden Phase ein Bein. Dabei spielte Philipps selbst kaum couragiert genug, um die Meisterschaft gewinnen zu können. Über den Status eines mittelmäßigen Figurenschiebers kam er nie hinaus, und doch, mit seinem quengeligen Stil raubte er Abrahams immer wieder wichtige Punkte vor der Nase weg. Den schlimmsten Knockout erlebte Abrahams 1954 in Nottingham. Alles spitzte sich auf die letzte Runde zu. Gewänne Abrahams hier, so hätte er sich einen Lebenstraum erfüllen können, doch ach! auf wen traf er in der Schlußrunde - natürlich auf Philipps, und wie unzählige Male zuvor verlor Abrahams auch diesmal. Wie vom Blitz getroffen, sank Abrahams langsam in sich zusammen. Flach lag sein ohnmächtiger Körper auf dem Boden. Die Strapazen der letzten Stunden und die niederschmetternde Enttäuschung waren einfach zu viel für seine Nerven gewesen. Aber Abrahams war nicht der einzige gewesen, der sich jahrelang mit stillem Groll herumgetragen hatte, denn auch sein Schachkollege Fazakas hatte Grund genug, Abrahams michts Gutes auf dieser Welt zu wünschen. Denn so beharrlich, wie Abrahams gegen Philipps verlor, so beständig verlor Fazakas gegen Abrahams. Es war ein Teufelskreis, den keiner durchbrechen konnte. Als Arzt sah Fazakas sofort, daß Abrahams mit einer Prise Riechsalz leicht zu helfen war. Aber der aufgestaute Ärger der Vergangenheit in ihm sann nun auf eine süße Rache. Also eilte er zum Telefon, verbarg sein schadenfroh grinsendes Gesicht und bestellte einen Krankenwagen für Abrahams. Endlich hatte er es seinem Angstgegner so richtig heimgezahlt. Auch in der Partie zwischen Balinas und Mahmud kam es zu einem grollbeladenen Augenblick. Meister Balinas am Zuge spielte im Diagramm nun 1.Te1-f1? und verlor später. Sein Ärger kam daher, daß er statt dessen mit einem gar nicht einmal schwer zu findenden Manöver entscheidenden Materialvorteil hätte erringen können. Also, Wanderer, durchschau das heutige Rätsel der Sphinx: Das Wesen aller Dinge ist Erstaunen - über die Einfachheit!



SCHACH-SPHINX/05032: Genüßlicher Moment der Rache (SB)

Balinas - Mahmud
Hongkong 1982

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Meister Erich Eliskases gratulierte seinem Gegner Silverman nach der Partie überschwenglich für dessen Sieg. Wann konnte man in den 30er Jahren noch Erfahrungen sammeln gegen das Königsgambits. Jedenfalls soll Eliskases in der nächsten Zeit häufiger am Analysebrett gehockt und seine mangelnde Kenntnis über diese verstaubte Spielweise aufgefrischt haben. Silvermann hatte die Partie nämlich nach 1...Db6xb2? im glänzenden Stil der romantischen Ära mit 2.Ld5xf7+ Kg8- h8 3.Dh5xh7+! Kh8xh7 4.Tf4-h4# gewonnen.


Erstveröffentlichung am 05. Juni 2001

26. Februar 2014





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