Sternenhell leuchtet der nächtliche Himmel, und wenn man den Blick lange genug über das Firmament schweifen läßt, wer weiß, vielleicht wird der eine oder andere Schachspieler tatsächlich eine Analogie ziehen, wie es Vlastimil Hort beim Betrachten einer Stellung zwischen dem holländischen Großmeister Jeroen Piket und seinem deutschen Kontrahenten Christopher Lutz getan hatte, als er sagte: "Ja, es gibt mehr Möglichkeiten als Sterne im Himmel." Nun, nachgezählt hat sie noch keiner, aber es macht Eindruck auf den Laien, und auch der Meister fühlt sich nicht minder geschmeichelt, wenn er glauben darf, ein größeres Quantum an Zügen im Kopf durchrechnen zu können, als es Sternenkörper im Universum gibt. Daß dies nur eine theoretische Spielerei ist, wissen indes alle Eingeweihten. Schließlich muß ein Schachspieler kaum mehr als eine Handvoll Varianten durchspielen, und auch die erschöpfen sich in der Regel nach einigen wenigen Zügen in eine ungefähre Abschätzung. Intuition, Risiko und Hoffnung, diese drei Kategorien machen aus der beschworenen Mannigfalt zuletzt ein bescheidenes Resümee, aber dies reicht, um schöne Partien zu spielen. Im heutigen Rätsel der Sphinx ging es denn auch weniger astronomisch als vielmehr kombinatorisch zu, und so mußte die talentierte Meisterin Nana Joseliani mit den weißen Steinen bloß die Schwäche der schwarzen Stellung erkennen, um ihrer Gegnerin Galliamowa die pragmatische Bedeutung eines kombinatorischen Sieges vor Augen zu führen. Also, Wanderer, wieviel Sterne leuchteten an ihrem Himmel?
Joseliani - Galliamowa
Belgrad 1988
Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Meister Stepanow startete in seiner Partie gegen Saragoff mit 1...Sf4-
e2+ 2.Kg1-h1 Dh4xh3+!! 3.g2xh3 Th8xh3+ 4.Kh1-g2 Se2-f4+ 5.Kg2-g1 Lg4-
f3! einen Überfall, der nach 6.Dc7xe7+ Kf7-g8 7.De7-d8+ -
Verzweiflung! - 7...Kg8-h7 den Sieg zur Beute hatte, da das Matt nicht
mehr zu verhindern war.
Erstveröffentlichung am 15. März 2002
19. Februar 2015
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