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SCHACH-SPHINX/05433: Malade statt Matt (SB)


Trotz leichter Grippe war der estländische Großmeister Paul Keres, mit 54 Jahren ohnehin nicht mehr der Jüngste, 1970 nach Budapest gereist, um an einem Turnier teilzunehmen. Zähigkeit war immer schon eine seiner Tugenden gewesen, und so rang er zunächst auch das körperliche Unwohlsein nieder und brachte sich nach sechs Runden mit 5,5 Punkten an die Tabellenspitze. Doch auch die am härtesten erduldete Selbstqual rächt sich irgendwann am Körper, und so waren die Kräfte von Keres zuletzt so heruntergewirtschaftet, daß er sich kaum noch auf den Füßen halten konnte. Wer nun allerdings geglaubt hatte, er würde sich vom Turnier zurückziehen, der sah sich eines Besseren belehrt. Trotz steigenden Fiebers, "mit Schlieren vor den Augen", wie er später bekannte, trug er die folgenden neun Partien allesamt im Krankenbett aus. Zu großartigen Siegespartien reichte es allerdings nicht mehr. Gefährliche Abspiele vermeidend, ließ Keres die Partien begreiflicherweise rasch verflachen und nach wenigen Zügen ins Remis einmünden. Überhaupt zog damals eine Grippewelle durch Budapest, die auch seine großmeisterlichen Kollegen nicht verschonte. "Malade statt Matt", hieß es damals, und so wurden die meisten Partien infolge physischer Geschwächtheit unentscheiden gegeben. Für Keres reichte es so zu einem Turniersieg "vom Krankenbett aus". Eine Lehre gezogen hatte er aus diesem Vorfall jedoch nicht. Trotz zunehmender körperlicher Anfälligkeit hatte er fünf Jahre später eine Reise zu einem offenen Turnier nach Vancouver unternommen, doch auf der Rückreise, in Helsinki Rast machend, starb Keres. Den größten Teil seines Lebens hatte er unterwegs von einem Turnier zum anderen zugebracht. Der Rastlose hatte seine letzte Schlacht geschlagen. Ihm zu Ehren wurde diese letzte Partie aus dem Turnier in Vancouver, die er gegen den amerikanischen Meister Browne gewann, zum heutigen Rätsel der Sphinx bestimmt. Mit seinem nächsten Zug entkräftigte Keres die weißen Angriffschancen und führte die Partie im Endspiel zum Sieg. Findest du den letzten feinen Zug von Keres auf Erden, Wanderer?



SCHACH-SPHINX/05433: Malade statt Matt (SB)

Browne - Keres
Vancouver 1975

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Erklären konnte es sich der amerikanische Meister Norman T. Whitaker hinterher nicht, warum er den einfachen Gewinnweg mittels 1.Te7-e8! übersehen hatte, denn nun wäre sowohl auf 1...Tf8xe8 als auch auf 1...Lg4-f5 2.Se5-g6+ gefolgt mit leichtem Sieg.


Erstveröffentlichung am 24. April 2002

03. April 2015


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