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SCHACH-SPHINX/05541: Betrogenes Glück der Oase (SB)


Bei Simultanveranstaltungen des einen Großen gegen die vielen Kleinen glauben sich die Letzteren in einem Vorteil zu befinden. Warum? Nun, so spukt der verwegene Gedanken in den Köpfen der Laienspielern herum, an die Details aller Partien könne sich der Großmeister unmöglich erinnern. So kam es, daß der amerikanische Ex-Weltmeister Bobby Fischer 1970 bei einem Simultantreffen einem seiner Kontrahenten die Dame abluchste. Griesgrämig blickte dieser nun auf die Stellung, während Fischer, kaum daß er länger als zwei Augenblicke verweilt hatte, weiterzog zum nächsten Brett. Zurückgelassen im betrogenen Glück der Oase, saß unser Schachfreund vor seiner damenlosen Stellung und sann auf Rache. Als Fischer nämlich bei seinem nächsten Rundgang erneut vor sein Brett trat, stand seine Dame wieder auf dem Feld. Der andere blickte unschuldigst drein. Fischer wollte jedoch keinen Eklat erregen und spielte also den Schwindel mit. Sieben Züge später nahm er unserem Gaunerchen abermals die Dame ab. Diesmal allerdings legte er sie nicht neben das Schachbrett, sondern steckte sie in seine Hosentasche. So gewann Fischer zweimal in dieser Simultanpartie die gegnerische Dame, und unser Freund war schamhaft belehrt worden. Beim Weltmeisterschaftskampf gegen Boris Spassky mußte Fischer mehr aufbieten als solche Taschenspielertricks. Was ihm auch gelang. In der dritten Wettkampfpartie holte er sich seinen ersten Sieg mit der Ben- Oni-Verteidigung. Zuletzt hatte Fischer 1...De4-c2+ gezogen, worauf Spassky 2.De3-d2 erwiderte. Doch die ungleichfarbigen Läufer garantierten diesmal kein Unentschieden. Mit welchem feinen Zug konnte Fischer im heutigen Rätsel der Sphinx die weiße Stellung überrumpeln, Wanderer?



SCHACH-SPHINX/05541: Betrogenes Glück der Oase (SB)

Spassky - Fischer
Reykjavik 1972

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Navarro hatte mit 1...Sg8-e7? seiner Dame den letzten Fluchtweg verbaut, und so konnte Alexander Aljechin mit 2.Sg3-e4! sofort siegen. Falls nämlich 2...Df6-f5, so gewinnt 3.Se4-d6+ die schwarze Dame.


Erstveröffentlichung am 09. August 2002

20. Juli 2015


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