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SCHACH-SPHINX/05585: Des Schicksals unberechenbarer Gang (SB)


In den 30er Jahren blühten in Rußland viele Schachmeister auf. Einer ihrer repräsentativsten Köpfe war der estländische Meister Paul Keres (1916-1975). Das Schicksal Europas schrieb die Zeichen auch in seinen Werdegang. Obwohl er mit seinem Sieg im AVRO-Turnier von 1938 endgültig zum Weltmeisterschaftsanwärter aufstieg und damit Alexander Aljechin zu einem Waffengang fordern konnte, zerschnitt der Zweite Weltkrieg seinen schöpferischen Faden. Mit Aljechin konnte er sich nach dem Fall von Nazideutschland nicht mehr messen. In tiefer Einsamkeit fand Aljechin 1946 in einem portugiesischen Kaff den Tod. Die Umstände sind nie näher geklärt worden. Jedenfalls verpaßte die Welt damals einen der spannendsten zu werdenden Wettkämpfe. Die Schachstile von Aljechin und Keres ähnelten sich in dem Punkte, daß beide äußerst originell den Schwerpunkt auf das taktische Lösen der Stellungsprobleme verlegten. Keres war voller Respekt gegenüber Aljechin, der überhaupt der nachfolgenden russischen Schachgeneration als Vorbild in allem diente. Hören wir Keres selbst: "Ich kann bis heute nicht meine erste Begegnung mit Aljechin 1935 auf der Olympiade in Warschau vergessen. Lange Zeit lief alles gut. Ich stand zwar nicht überlegen, doch Aljechin ebenfalls nicht, und das war schon viel für mich. Doch dann hielten es die Nerven nicht mehr länger aus. Ich erwartete ständig eine Falle, beging einen Fehler und verlor. Da begriff ich, welche Bedeutung die Willensausbildung für Schachspieler hat, und ich begann ernsthaft, Sport zu treiben - Tennis, Schwimmen, Turnen, Volleyball, Skilauf." Im heutigen Rätsel der Sphinx traf es Paul Keres wieder einmal aus unerwarteter Richtung. Mit zwei Mehrbauern, darunter ein entfernter Freibauer, sicherer Königsstellung und überhaupt allen Vorteilen, die sich denken ließen, hätte Keres die Partie im Grunde auf der leichten Schulter über die Zielgeraden tragen können, wenn Meister Cholmow nicht am Zuge gewesen wäre. Denn plötzlich rettete sich Cholmow, äußerst grazil, in ein quasi- ersticktes Remis, auch Patt genannt, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/05585: Des Schicksals unberechenbarer Gang (SB)

Keres - Cholmow
Moskau 1948

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Dunkel wurde es plötzlich um Meister Pachman, als sein Kontrahent Petrosjan mit 1.Df3xf6+!! den schwarzen König zur Treibjagd aus dem Bau lockte. Nach 1...Kg7xf6 2.Ld6-e5+ Kf6-g5 3.Le5-g7! gab Pachman auf. Der Läuferzug schnitt seinem König den Rückweg ab, also war er gegen den Bauernvorstoß 4.h2-h4+ mit Matt in Kürze völlig machtlos.


Erstveröffentlichung am 22. September 2002

02. September 2015


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