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SCHACH-SPHINX/05684: Zwinglis Lob (SB)


Lob von religiöser Seite ist selten, früher war es fast schon eine Rarität. Um so mehr ist man erstaut, daß ausgerechnet der für seine Sittenstrenge berüchtigte Schweizer Reformator Ulrich Zwingli am Schachspiel Gefallen fand. Wir schlagen sein Buch 'Wie man edle Jünglinge heranbilden soll' auf, schrecken ein wenig über die pathetische Wortwahl seiner Lehrsätze zurück und finden schließlich folgende Passage, die uns wieder mit ihm versöhnt: "Belehrend sind Rechenspiele, gleichsam ein Fechten mit Zahlen, oder das Schach, da man lernet auslaufen, zögern, auch Posten ausstellen und Hinterhalt legen, dieses Spiel lehret vor allem Besonnenheit." - Hinterhalt legen? Und daß aus dem Munde eines gottesfürchtigen Streiters für eine bessere Welt? Offenbar war Zwingli Realist genug, um zu wissen, welche Eingeständnisse er an seine Gefolgschaft machen mußte, um deren Überlebensbiß zu schärfen. Da fallen uns Goethes Worte ein: "Ein Kerl, der spekuliert, ist wie ein Tier auf dürrer Heide von einem bösen Geist herumgeführt, und rings umher liegt schönste grüne Weide." Zwingli handelte bei seinen jenseitigen Spekulationen also nicht so engstirnig, wie ihm gerne nachgesagt wird. Engstirnig, ja unverbeserlich naiv zeigte sich dagegen der lettische Student Bondars, als er im heutigen Rätsel der Sphinx zuletzt 1...Sg8-f6? gezogen hatte und das Unheil damit geradezu auf sich herabbeschwor. Also, Wanderer, warum fehlte es ihm an Besonnenheit?



SCHACH-SPHINX/05684: Zwinglis Lob (SB)

Farenhosts - Bondars
Lettland 1994

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Der Strick bestand darin, daß Michail Botwinnik nach 1...Sc6-e5!? 2.Sg5xf7 Se5xf7 3.Ld3-g6 die vernichtende Antwort 3...Sh5-g3! 4.Lg6xf7 Sg3-e2+ bzw. 4.Td1xd8+ Sf7xd8 parat gehabt hätte.


Erstveröffentlichung am 28. Dezember 2002

14. Dezember 2015


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