Ist das Schachspiel einen sündigen Gedanken wert oder höhlt es den Glauben an den christlichen Auferstehungsmythos aus? Jedenfalls war der Bischof von Ostia, Petrus Damiani, davon überzeugt. In einem Brief an den damaligen Papst Alexander II. beschwerte er sich über die müßiggängerische Unzucht seiner Glaubensuntertanen, die sich statt mit Beten und frommen Handlungen am Schachspiel delektierten. Selbst hochgestellte Gefolgsleute des Kreuzes erlagen den Versuchungen des Teufels im Schach, wie zum Beispiel der Bischof von Florenz, der von Damiani zur Sühne seiner Freveltat mit folgender Buße belegt wurde: "Dreimal aufmerksam den Psalter durchlesen und zwölf Armen die Füße waschen." Seinerzeit hatte die Kirche über alle Arten des Glücks- und Würfelsspiel den Bann gesprochen und in ihrem Verfolgungswahn im Königlichen Spiele den Vorhof zur Hölle erblickt. Später erkannte die Kirche ihren Irrtum, wenngleich nicht wenige Zeitgenossen nach wie vor der Meinung sind, daß im Schach zumindest ein kleiner, umtriebiger Teufel am Werke sei. Ein solcher trieb sein Unwesen auch im heutigen Rätsel der Sphinx, wo Najdorf mit seinem letzten Zug 1.Dg3-c3? den Einflüsterungen des Gehörnten erlag. Also, Wanderer, wie siegte Teschner mit den schwarzen Steinen engelhaft?
Najdorf - Teschner
Helsinki 1952
Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Kortschnoj fand das Zauberlied und spielte auf seiner gedanklichen
Harfe 1.Sd5-f4!, und er konnte dies ungehindert tun, denn nach
1...Dd8xd4 hätte 2.Lc4xf7+ Kg8xf7 3.Dg3-b3+! nebst 4.Sf4-e6+ wegen
Damengewinns den Schlußakkord gesetzt. Also versuchte Meister Geller
wenigstens noch 1...Le7-d6, aber Kortschnojs Lied druchdrang alle
Mauern mit 2.Lc4xf7+ Kg8xf7 3.Dg3-b3+ Kf7-e7 4.Ld4xf6+!
Erstveröffentlichung am 20. Februar 2003
06. Februar 2016
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