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SCHACH-SPHINX/06492: Bestehle nie einen Weltmeister! (SB)


Ist es möglich, einem Schachspieler eine Figur vom Brett wegstehlen, während er gerade seine Runden dreht im Turniersaal? Wer hat es nicht schon einmal versucht und erfahren müssen, daß sich die Stellung wie mit Feuerzeichen in sein Gedächtnis eingebrannt hat? Schachspieler mögen ihren Mantel nicht wiedererkennen, ein Figurenklau auf dem Brett entgeht ihnen nie. Daraufhin getestet wurde auch der Weltmeister Alexander Aljechin. Während einer Simultanpartie im bosnischen Banja Luka gab der Champion zur Freude der ansässigen Laienspieler ein Simultanmatch. Auch ein Lehrer war unter den Gegnern Aljechins, und um dem Lehrer herum standen seine Schüler am Tisch. Die Partie nahm ihren Lauf, Zug um Zug, bis Aljechin plötzlich mit finsterem Gesicht stehenblieb und mit einer ärgerlichen Handbewegung alle Figuren vom Brett wischte. Erst nach dem Turnier konnte der Zwischenfall aufgeklärt werden. Einer der Schüler hatte, um die Gedächtnisfestigkeit des Weltmeisters auf die Probe zu stellen, frecherweise einen Turm von Aljechin mit langen Fingern vom Brett entwendet. Ausbaden mußte dies freilich der Lehrer. Nun kam es, daß Aljechin Jahre später erneut in Banja Luka eine Simultanvorstellung gab, und wieder war besagter Lehrer unter den Kontrahenten. Dem wurde aber ganz fade zumute, als Aljechin ihn mit stechendem Blick fixierte und ausrief: "Probieren Sie ja nicht wieder die Masche mit dem Turm!" Nie vergaß der Weltmeister ein Gesicht, von dem er sich betrogen glaubte. Auch im Blindschach besaß Aljechin ein geradezu hellsichtiges Talent. 1923 spielten er und der Berliner Meister Friedrich Sämisch eine Partie ohne Ansicht des Brettes. Aljechin führte die weißen Steine im heutigen Rätsel der Sphinx. Nun, Wanderer, was sah Aljechin, als Sämisch zuletzt 1...Lf6-e5 gezogen hatte?



SCHACH-SPHINX/06492: Bestehle nie einen Weltmeister! (SB)

Aljechin - Sämisch
Berlin 1923

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Bekannt für seine gefährlichen Bauernstürme, setzte Labourdonnais auch in seiner 47. Wettkampfpartie gegen den Iren McDonnell in bewährter Manier mit 1...h3-h2! fort. Der Bauer war nicht zu nehmen, weil sich einer der schwarzen Türme sonst auf die h-Linie zubewegt hätte. Der Ire trat nun ebenfalls eine Bauernlawine los, freilich mit geringerem Nutzen: 2.e6-e7+ Kd8-d7 3.c5-c6+ b7xc6 4.b5xc6+ Kd7xc6 5.e7-e8D+ - auf diese Weise konnte er wenigstens den schwarzen h-Bauern vom Brett hinwegfegen - 5...Tg8xe8 6.Kh1xh2 Te8-e6 7.Td1-c1+ Kc6-b5 8.a2-a4+ Kb5- b4 9.Lb2-c3+ - notwendig, da ansonsten Te6-h6# sofort entschied - 9...Tg3xc3 10.Tc1xc3 Kb4xc3 11.d6-d7 Te6-d6 12.Kh2-g2 Td6xd7 13.Tf1- c1+ Kc3-d3 14.Kg2-f1 Kd3-e3 und Weiß gab auf, da er weiteres Material verloren hätte.


Erstveröffentlichung am 6. März 2005

2. März 2018


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