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SCHACH-SPHINX/06794: Wenn das Spiel zum Abgott wird (SB)


Gemessen an seinen Turniererfolgen nimmt der amerikanische Großmeister Bobby Fischer unter den besten Schachspielern, die je ans karierte Brett eilten, einen eher bescheidenen Platz ein. Sein Verdienst war anderer Natur. Zum einen besaß er wie wenige einen schier unbändigen Kampfwillen. Selbst als er Formkrisen durchmachte, von denen keiner glaubte, daß er sie überwinden könnte, kehrte er bald schon an die Spitze zurück und überraschte seine Konkurrenten mit neuen atemberaubenden Ideen. Seine größte, bis heute nicht wieder erreichte Glanzleistung waren freilich die beiden 6:0-Siege in den Kandidatenturnieren von 1970 gegen Taimanow und Larsen. Nie zuvor waren Meister von einem solchen Renommee derart vernichtend geschlagen worden in einer Vorrunde zur Weltmeisterschaft. Fischer konnte zuweilen einen kompromißlosen Killerinstinkt entwickeln, dann spielte er nicht mehr Schach, dann führte er einen bedingungslosen Krieg. Schach, das war der Abgott, den er anbetete. Nichts auf der Welt war ihm wichtiger als das Brett mit den 64 Feldern. Leben oder untergehen, das war ihm einerlei, wenn er nur seine Partien auf hohem Niveau spielen konnte. Im heutigen Rätsel der Sphinx zerschmetterte er die weiße Stellung mit drei wuchtigen Schlägen. Sein chilenischer Kontrahent Letelier war nach dem Spiel so ermattet, als hätte er wirkliche Hiebe abbekommen, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/06794: Wenn das Spiel zum Abgott wird (SB)

Letelier - Fischer
Leipzig 1960

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Furcht und Gefühle trübten den klaren Blick der Vernunft, sonst hätte der Nachziehende wohl gesehen, daß er nach 1...Dc6xe4 2.La3xe7+ Kf8- f7! 3.De3xe4 f5xe4 4.b6-b7 Kf7xe7! 5.b7xa8D Th8xa8 6.b5-b6 Ta8-b8 7.Td1-b1 Ke7-d6 8.a2-a4 a6-a5 gut und gerne um das Remis kämpfen konnte, unabhängig davon, daß Weiß mit 9.Tb1-b5! positionellen Vorteil behauptet hätte.


Erstveröffentlichung am 2. Januar 2006

1. Januar 2019


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