Schach ist Kampf auf des Messers Schneide in der Auseinandersetzung zweier Menschen. Beide wollen gewinnen, beide ihr Bestes geben. Sieg oder Niederlage heißt die Devise, gäbe es da nicht innerhalb des Regelwerks ein Unentschieden. Für Dragoljub Velimirovic war dies etwas Unerhörtes. Sicher gibt es Stellungen auf dem Brett, die nicht zu gewinnen sind, aber die Höflichkeit gebietet auch, schon im Vorwege einer solchen vollkommen ausgeglichenen Stellung ein Remis anzubieten, um Zeit, Kraft und Nervensubstanz zu schonen. Der serbische Großmeister soll einmal sinngemäß gesagt haben, dass für ihn ein Remisangebot so etwas darstellt wie eine persönliche Beleidigung, da er nicht ans Brett gekommen sei, um die Punkte zu teilen, sondern in kompromissloser Entschlossenheit aufs Ganze zu gehen, ohne das Kalkül an ein Remis im Hinterkopf zu haben. Seine Partien waren stets kämpferisch und von Unerbittlichkeit erfüllt. Wenn er hin und wieder ein Remis akzeptierte, dann nur, weil er vorher nichts ausgelassen hatte, um die Siegesfahne zu hissen. Im heutigen Rätsel der Sphinx konnte der Ex-Weltmeister Wassilij Smyslow mit 1.Sf7-g5+! das materielle Gleichgewicht der Stellung zu seinen Gunsten verschieben. Sein Kontrahent Benkö sah, dass er nach 1...Kg7-f8 2.Tc7-f7+ Kf8-g8 3.Tf7-f6 oder 1...Kf8-g8 2.Tc7-c6! Sa4-b2 3.Kg2-f3! - wichtig, um 3...Sb2-d3 zu verhindern - einen Bauern verlieren würde und entschloss sich daher zu 1...Kg7-f6?, was den Bauernverlust tatsächlich vermied, aber dafür die Qualität kostete, Wanderer.
Smyslow - Benkö
Monaco 1969
Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Klaus Darga erkannte die Falle, in die er beinah hineingestolpert wäre, rechtzeitig und vermied daher 3.Kc8-d8?, denn nach 3...Le2xc4!! 4.Lb3xc4 hätte sich sein Gegner in ein Patt und Unentschieden retten können.
8. Dezember 2024
veröffentlicht in der Schattenblick-Druckausgabe Nr. 182 vom 21. Dezember 2024
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