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MEDIEN/019: Das Bild des Terrors in den Medien (idw)


Friedrich-Schiller-Universität Jena - 06.12.2007

Globaler Schrecken - das Bild des Terrors in den Medien

Kommunikationswissenschaftler der Uni Jena analysieren Terrorgefahr in Deutschland


Jena (06.12.07) Der 11. September 2001 hat die Welt erschüttert. Mit den Terroranschlägen auf das Word Trade Center und das Pentagon zeigte sich die Globalisierung erstmals nicht mehr nur an der weltweiten wirtschaftlichen Verflechtung oder der Ausweitung von Transport- und Kommunikationsmöglichkeiten. "Mit diesem Tag wurde deutlich, dass auch der Terrorismus inzwischen weltweit und transnational vernetzt agiert", nennt Prof. Dr. Wolfgang Frindte von der Friedrich-Schiller-Universität Jena eine heute gängige Ansicht. Die terroristische Bedrohung scheint seither allgegenwärtig. "Doch wie groß ist die Gefahr tatsächlich? Und rechtfertigt sie es, grundlegende Eigenschaften unserer Zivilgesellschaft, wie Freiheit und Menschenrechte, aufs Spiel zu setzen?", fragt Prof. Frindte.

Der Professor für Kommunikationspsychologie widmet sich in einem kürzlich gestarteten Forschungsprojekt diesen Fragen. "Es geht dabei darum, die terroristische Bedrohung in Deutschland medien- und sozialwissenschaftlich zu analysieren", so Frindte. Gemeinsam mit dem Kommunikationswissenschaftler Prof. Dr. Bertram Scheufele von der Jenaer Universität untersucht er dabei zunächst die Berichterstattung in den Medien zu terrorrelevanten Themen in Deutschland. Dazu werden Nachrichtensendungen öffentlich-rechtlicher und privater Sender in den kommenden zwei Jahren aufgezeichnet und analysiert. "Wir wollen klären, wie und warum mediale Berichterstattung über Terrorismus bestimmte Vorstellungen über den Terror hervorbringen", erläutert Prof. Scheufele und nennt als Beispiel die unterschiedlichen Berichterstattungen in ARD und ZDF einerseits und RTL und SAT1 über die von der Bundesregierung geplanten weiteren Anti-Terrormaßnahmen.

Diese konkreten Vorstellungen über die terroristische Bedrohung wollen die Jenaer Forscher im zweiten Teil ihres Projekts untersuchen. Nehmen zum Beispiel die Solidaritätsbereitschaft oder die Mobilität in der Bevölkerung ab? Gibt es eine Verschiebung demokratischer Orientierungen zugunsten von Ethnozentrismus und Nationalismus? In welcher Weise verändern die von den Medien konstruierten Bilder und Vorstellungen über terroristische Anschläge das alltägliche Terrorverständnis und das individuelle Bedrohungserleben? Dies wollen die Jenaer Wissenschaftler an etwa 100 zufällig ausgewählten Personen untersuchen. Die Personen aus Deutschland, die nach Alter, Geschlecht und Bildung repräsentativ für die deutsche Gesamtbevölkerung sind, werden zu drei Zeitpunkten innerhalb von zwei Jahren zu ihren Einstellungen zum Terrorismus und seinen Ursachen, zur Akzeptanz von antiterroristischen Maßnahmen und zu ihrem Medienverhalten befragt. Aus ihren Antworten erhoffen sich die Forscher u. a. Aufschluss darüber, "in welcher Weise die von den Medien konstruierten Bilder das individuelle Bedrohungserleben verändern", so Prof. Scheufele.

Auf diese Erkenntnisse aufbauen soll 2008 ein weiteres Projekt der Kommunikationswissenschaftler der Jenaer Universität. In drei repräsentativen Bevölkerungsumfragen mit jeweils 1.000 Deutschen und 300 Vertretern der moslemischen Minderheiten wollen sie die besonderen sozialen Umweltbedingungen aufspüren, die zu Terror und Gewalt führen können. "Terror und die damit verbundene Gewalt sind Zeichen, deren Auftrittswahrscheinlichkeit und Bedeutungen viel schwerer zu entschlüsseln sind, als ihre brachialen Akte es erscheinen lassen", sagt Prof. Frindte. Bislang fehlten jedoch geeignete wissenschaftliche Indikatoren, um das Terrorpotenzial zu bewerten und prognostisch beurteilen zu können.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Friedrich-Schiller-Universität Jena, Dr. Ute Schönfelder, 06.12.2007
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Dezember 2007