Schattenblick →INFOPOOL →SPORT → BOXEN

MELDUNG/207: Sebastian Zbik und Dimitri Sartison lassen nichts anbrennen (SB)



Siege der Weltmeister beim Abschied des Universum-Boxstalls vom ZDF

Zum Abschluß der acht Jahre währenden Partnerschaft zwischen der Universum Box-Promotion und dem ZDF legte der Hamburger Boxstall in der o2-World noch einmal ein attraktives Programm auf. Nach dem verunglückten Kampfabend in Schwerin vor zwei Wochen verlief diesmal alles zur Zufriedenheit von Veranstalter und Publikum, wenngleich die Halle mit 3.000 Besuchern eher mäßig besetzt war.

Der Schweriner Mittelgewichtler Sebastian Zbik traf in Verteidigung seines Interimstitels des Verbandes WBC auf den Herausforderer Jorge Sebastian Heiland aus Argentinien. Ruhig und zielstrebig dominierte Zbik bereits in den ersten Runden so deutlich das Geschehen im Ring, daß sich ein vorzeitiges Ende abzuzeichnen schien. Zwar gab sich der einige Zentimeter kleinere Latinochampion alle Mühe, mit einer hohen Schlagfrequenz zum Zuge zu kommen, doch deckte der Titelverteidiger geschickt und blockte die Angriffe seines Gegners konsequent ab. Der Schweriner wurde nur selten ernsthaft getroffen, verlegte sich aufs Kontern und brachte die klareren Treffer ins Ziel.

Da Sebastian Zbik immer wieder traf, erwarteten die Zuschauer einen Niederschlag. Nach acht Runden lag der Schweriner auf allen drei Punktzetteln weit in Front, während der wild anrennende Argentinier kein Mittel fand, sich entscheidend in Szene zu setzen. In den letzten Runden mußte der sichtlich erschöpfte Südamerikaner seinem hohen Anfangstempo Tribut zollen und hatte nichts mehr zuzusetzen. Allerdings mangelte es dem Titelverteidiger offenbar an Trefferwirkung, und so ging der Kampf schließlich doch über die volle Rundenzahl.

Das Ergebnis der Punktrichter war indessen eindeutig: Mit 117:111, 117:111 und 116:111 blieb der 28 Jahre alte Mecklenburger auch in seinem 30. Kampf ungeschlagen und Interimsweltmeister des WBC. Der 25jährige Rechtsausleger Heiland mußte in seinem 17. Profikampf die erste Niederlage hinnehmen. Da der Verband Zbik die Herausforderung des regulären Champions Sergio Gabriel Martinez zugesagt hat, darf sich der Schweriner Hoffnungen machen, den leidigen Übergangszustand zu beenden und sich im Falle eines Sieges über den Argentinier zum alleinigen Weltmeister zu krönen.

Nach seinem unangefochtenen Sieg zeigte sich Sebastian Zbik erfreut darüber, wie warmherzig ihn das Hamburger Publikum aufgenommen hatte. Auch habe er sich bemüht, auf der letzten ZDF-Veranstaltung besonders gut zu kämpfen. Nun hoffe er auf einen Kampf gegen Martinez, der natürlich ein ganz anderes Kaliber sei, weswegen man ihn ja als Gegner ausgesucht habe. Heiland habe ihm eine gute Gelegenheit geboten, sich schon einmal auf die Rechtsauslage einzustellen.

Trainer Artur Grigorian weiß aus eigener Erfahrung, daß nach Erreichen der Weltmeisterschaft immer schwerere Aufgaben folgen. Wie der Armenier versicherte, habe er klare Vorstellungen, woran sein Schützling noch arbeiten müsse und werde. Promoter Klaus-Peter Kohl freute sich wie Zbik über dessen begeisterte Aufnahme durch das Publikum, die man schon beim Einmarsch gespürt habe. Sebastian habe einen guten Kampf geliefert, und jetzt werde man sehen, ob Martinez dem Duell zustimmt.

Der unterlegene Jorge Sebastian Heiland würdigte Zbik als großen Champion. Er selbst sei noch jung und werde sehr hart arbeiten müssen, um so gut zu werden wie der Deutsche. Sein Trainer Gabino Jimenez sprach von einem harten Kampf, den sein Boxer vor allem wegen seiner fehlenden Erfahrung verloren habe.


*


Dimitri Sartison setzt sich im Stallduell mit Khoren Gevor durch

In einem weiteren Titelkampf des Abends verteidigte Dimitri Sartison den WBA-Titel im Supermittelgewicht gegen seinen Teamkollegen Khoren Gevor. Rasch entwickelte sich ein spannender Kampf auf anspruchsvollem technischen Niveau, in dem Khoren Gevor zunächst mit heftigen Angriffen die Reichweitenvorteile des gebürtigen Kasachen kompensierte und sich gut behaupten konnte. In der dritten Runde landete der Armenier erste klare Treffer, worauf der Weltmeister mit Kontern antwortete. Im folgenden Durchgang rannte Gevor erneut in einen derartigen Konter, der ihn taumeln ließ. Da der Gifhorner jedoch nicht entscheidend nachsetzen konnte, überstand der Herausforderer diese erste brenzlige Situation.

In der Folge spielte Dimitri Sartison zunehmend seine variablere Kampfesweise aus, während Gevor immer ungestümer und ungenauer boxte. So mußte der Armenier in der sechsten Runde wegen wiederholten Tiefschlagens einen Punktabzug hinnehmen. Im neunten Durchgang versuchte der Herausforderer mit aller Gewalt, das Blatt doch noch zu wenden, und versetzte Sartison mit der Linken einige gute Treffer. Da auch der Champion gegen Ende seine Linie verlor, kam es zu einem wilden Gefecht, dessen Ausgang angesichts eines jederzeit möglichen Zufallstreffers offen war.

Nach diesem bis zur letzten Sekunde spannenden Kampf behielt der 30 Jahre alte Dimitri Sartison dank seiner besseren Anfangsrunden einstimmig nach Punkten die Oberhand (115:112, 117:109, 117:110) und verbuchte den 27. Sieg im 28. Profikampf für sich. Er verteidigte erstmals erfolgreich seinen Titel, den er im November 2009 gewonnen hatte. Der 31jährige Gevor scheiterte auch beim dritten Versuch, Weltmeister zu werden, nachdem er bereits im Mittelgewicht gegen Arthur Abraham und Felix Sturm verloren hatte.

Nach seinem Erfolg war Dimitri Sartison natürlich sehr glücklich, sich gegen diesen stets gefährlichen Gegner durchgesetzt zu haben. Er selbst habe noch den einen oder anderen Fehler gemacht, an dem er arbeiten müsse. Aber schließlich sei er noch in der Entwicklung und werde sich weiter verbessern. Was seine sportliche Zukunft betreffe, vertraue er uneingeschränkt seinem Management.

Trainer Magomed Schaburow war sehr zufrieden mit seinem Schützling, der in den zwölf Runden viel ausprobiert und sehr konzentriert geboxt habe. Natürlich gebe es immer Kleinigkeiten, die man verbessern könne.

Khoren Gevor ärgerte sich maßlos, daß er so schlecht in den Kampf gekommen war, und räumte unumwunden ein, daß Dimitri Sartison sehr clever geboxt habe. Er gratuliere ihm zu seiner guten Leistung, wenngleich er doch denke, daß er ein leichterer Gegner als Felix Sturm gewesen sei. Sein niederländischer Trainer Orlando Germets bedauerte, daß sein Schützling nicht so geboxt habe, wie es im Training einstudiert worden war. Alles in allem habe Khoren aber trotzdem gut gekämpft.

Promoter Klaus-Peter Kohl zog mit den Worten Bilanz, man habe einen sportlich sehr erfolgreichen Abend erlebt, was nach den letzten Enttäuschungen natürlich besonders schön sei. Aber so sei das eben im Sport: Mal verliere man, mal gewinne man: "Es waren sehr gute Kämpfe, und ich denke, wir haben gezeigt, daß wir es noch können. Wir werden in Kürze berichten, wie es mit uns weitergeht."

Bei der abschließenden Pressekonferenz nahm ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz noch einmal Stellung zum Ende der Partnerschaft mit dem Hamburger Boxstall. Er dankte Universum für die hervorragende Zusammenarbeit und wünschte Klaus-Peter Kohl persönlich alles Gute für die weitere Zukunft. Für die Beendigung der Partnerschaft seien allein wirtschaftliche Gründe ausschlaggebend gewesen. Gegenüber dem Boxsport oder Universum habe es zu keinem Zeitpunkt Vorbehalte gegeben. Natürlich könne es auch immer einen Weg für das Boxen zurück ins ZDF geben. Er jedenfalls könne und wolle nichts ausschließen.

Auch Klaus-Peter Kohl unterstrich, daß man acht erfolgreiche Jahre hingelegt und alle Probleme stets in enger Absprache zusammen gemeistert habe. Er sei sehr dankbar für diese gemeinsame Zeit. "Natürlich ist auch ein wenig Wehmut dabei. Ich kann nur sagen: Danke ZDF für die Möglichkeiten, die Sie uns gegeben haben."

2. August 2010