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MELDUNG/306: Desolater Auftritt Harrisons könnte ein Nachspiel haben (SB)



Britische Boxkommission erwägt Minderung der Börse

Hochtrabend als "Battle of Britain" angekündigt, enttäuschte der Kampf zwischen WBA-Weltmeister David Haye und dem Herausforderer Audley Harrison auf ganzer Linie. Die 20.000 Zuschauer in der MEN-Arena in Manchester bekamen einen der deprimierendsten Titelkämpfe im Schwergewicht seit Jahren zu sehen, da Harrison noch schlechter als befürchtet war. Er brachte in drei Runden nur einen einzigen Treffer ins Ziel und verlor dann durch technischen K.o. gegen Haye, der nach zwei verhaltenen Durchgängen nur einmal Druck machen mußte, um den Herausforderer auszuschalten.

Angesichts der desolaten Vorstellung Harrisons, die weltweit mit Unverständnis und Häme quittiert wurde, zieht die britische Boxkommission in Erwägung, als Strafmaßnahme einen Teil seiner Kampfbörse, die rund eine Million Pfund betragen soll, einzuziehen. Wie Robert Smith vom British Boxing Board of Control (BBBC) dazu mitteile, habe man schon in der Vergangenheit mitunter Kampfbörsen eingezogen, wenn Boxer den Eindruck erweckten, sie versuchten nicht ernsthaft, den Kampf zu gewinnen. Gemeinsam mit dem Geschäftsführer des BBBC, Charles Giles, werde er sich die Aufnahme des Kampfs noch einmal ansehen, um daraufhin eine Entscheidung zu treffen. Dazu sei die Kommission befugt und sie scheue sich nicht, wenn nötig von dieser Sanktion Gebrauch zu machen. Da Audley Harrison seine Gage noch nicht erhalten hat, stehe die Möglichkeit einer Minderung offen.


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Antonio Margarito muß sich einer Operation unterziehen

Unmittelbar nach seiner Niederlage gegen Manny Pacquiao wurde Antonio Margarito ins Krankenhaus eingeliefert, wo er sich in Kürze einer Operation unterziehen muß. Schenkt man der Kampfstatistik Glauben, mußte der Mexikaner 474 Treffer einstecken, wobei er unter anderem einen Bruch an der Augenhöhle erlitt.

Pacquiaos Trainer Freddie Roach hat sich unterdessen mit der Kritik zu Wort gemeldet, Margaritos Coach Robert Garcia hätte in der achten oder neunten Runde das Handtuch werfen sollen. Margarito, der bis zum Schlußgong durchhielt, habe zu viele Schläge kassiert und werde vielleicht nie wieder boxen können. Der Mexikaner habe Kämpferherz bewiesen und nicht aufgegeben. Es sei jedoch die Aufgabe des Trainers, seinen Boxer zu schützen. Margarito mußte einfach zu viele unnötige Treffer einstecken, vor denen ihn seine Ecke hätte bewahren müssen. So schlimm habe Manny noch nie einen Gegner zugerichtet.

Der überlegene Philippiner hatte gegen Ende des Kampfs immer wieder fragend zum Ringrichter hingesehen, ob dieser nicht endlich abbrechen wolle. Wie Pacquiao hinterher berichtete, habe er Mitleid mit seinem Gegner empfunden, als er in dessen Augen und verwüstetes Gesicht blickte, und in der letzten Runde nicht mehr versucht, ihn niederzuschlagen.


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Haye und die Klitschkos streiten um Fernsehgelder

Die Aufteilung der Einnahmen aus der Vermarktung möglicher Kämpfe im Fernsehen scheint derzeit der maßgebliche Streitpunkt in den Vorgesprächen zwischen David Haye und den Klitschkos zu sein. Die Ukrainer hatten dem Briten vorgeschlagen, die weltweiten Einnahmen je zur Hälfte zu teilen. Damit ist Haye jedoch nicht einverstanden, der nach seinem Sieg gegen Audley Harrison darauf besteht, die gesamten Einnahmen aus dem Geschäft mit dem britischen Pay-TV-Sender Sky Sports für sich zu behalten, da diese höher sind als der Erlös der Klitschkos bei RTL.

Deren Manager Bernd Bönte hat noch einmal unterstrichen, daß es nur dann zu einem Kampf gegen David Haye kommt, wenn beide Seiten alle Einnahmen in einen Topf werfen und man sich den Gesamtbetrag zu gleichen Portionen teilt. Sollte der Brite darauf bestehen, das größere Stück vom Kuchen zu behalten, werde dieses Duell nie über die Bühne gehen.

Exweltmeister Lennox Lewis hat sich in dieser Kontroverse auf die Seite David Hayes gestellt. Dieser habe mit seiner Auffassung recht, die Klitschkos hätten keine Alternative. Die Zuschauer seien es leid, daß die Ukrainer immer wieder alte und übergewichtige Gegner auswählen, die es nicht verdienen, mit ihnen im selben Ring zu stehen. Sie sollten etwas bescheidener sein und am Verhandlungstisch vernünftigere Forderungen stellen. Man könne derzeit zwar sagen, daß die Klitschkos die besten Schwergewichtler sind, doch gelte das nur solange, bis sie auf David Haye treffen.

Die Klitschkos hätten schließlich bereits Kämpfe verloren und somit Schwachstellen, die Haye aufspüren und nutzen würde, um die Brüder zu vermöbeln. Er verfüge über einen gewaltigen rechten Schwinger, gegen den kein Kraut gewachsen sei. Lennox Lewis rät Haye daher, auf seiner Forderung zu beharren und sich nicht mit weniger Geld zufrieden zu geben. Früher oder später müßten die Klitschkos bescheiden werden und an den Verhandlungstisch kommen, da sie andernfalls weltweit an Respekt verlören.

Wenngleich Lennox Lewis natürlich unbenommen ist, für seinen Landsmann Werbung zu machen, und die Kritik an den Gegnern der Klitschkos nicht aus der Luft gegriffen ist, wäre die Stellungnahme des Exweltmeisters doch seriöser, hätte er auch ein Wort über die Qualitäten von Hayes handverlesenem Gegner Audley Harrison verloren.

17. November 2010