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MELDUNG/644: Promoter Mick Hennessy mietet den Madison Square Garden (SB)



Noch sollte Powetkin nicht der Wunschgegner Tyson Furys sein

Nun macht Tyson Furys Promoter Mick Hennessy mit Dollarzeichen in den Augen genau das, was sein Boxer unter allen Umständen vermeiden wollte: Statt einem soliden Aufbau den Zuschlag zu geben, nach schnellem Geld und Ruhm zu schielen. Hennessy hat für den 17. März (St. Patrick's Day) den New Yorker Madison Square Garden gemietet, was für sich genommen kühn, aber nicht zwangsläufig überzogen anmuten mag. Daß er sich jedoch Alexander Powetkin als Gegner für Fury wünscht, muß man wohl unter der Rubrik "verheizen" verbuchen.

Der imposante Britische und Commonwealth-Meister ist in 17 Profikämpfen ungeschlagen und hat am vergangenen Wochenende den Kanadischen Meister Neven Pajkic in nur drei Runden besiegt. Das unterstreicht die unbestrittenen Qualitäten des derzeit führenden englischen Schwergewichtlers. Furys Auftritte sind jedoch vor allem deshalb beim Publikum außerordentlich beliebt, weil er sich gern in den Schlagabtausch stürzt und dabei so manche schwere Treffer einfängt, die seine nachfolgende Rache um so genußvoller machen. Solange Fury dies mit Gegnern seines Kalibers praktiziert, boxt er attraktiv und erfolgreich. Verwechselt man die Perspektive, daß dieser Boxer in zwei oder drei Jahren womöglich jeden schlagen könne, mit seinen aktuellen Möglichkeiten, ist dem Debakel Tür und Tor geöffnet.

Alexander Powetkin hat zwar erst 22 Profikämpfe erfolgreich absolviert, doch firmiert er als regulärer Weltmeister der WBA und hat sich diesen Titel durch einen klaren Punktsieg über den früheren Champion Ruslan Tschagajew gesichert. Wenngleich der Russe nicht nur in der Nomenklatur der WBA, sondern auch boxerisch eine Stufe unter dem Superchampion Wladimir Klitschko rangiert, dürfte er gegenwärtig eine Nummer zu groß für Tyson Fury sein.

"Was für ein Kampf das wäre", seufzte Fury. "Besonders mit meinen irischen Wurzeln." Da sein Promoter mit dem ambitionierten Plan herausgerückt ist, bleibt ihm kaum etwas anderes übrig, als seine Bereitschaft zu bekunden. Offen einzugestehen, daß er Powetkin vorerst lieber aus dem Weg geht, wie er das hinsichtlich der Klitschkos eingeräumt hat, hieße die Vermarktungsoffensive Hennessys zu durchkreuzen und damit der Werbung in eigener Sache vermutlich einen Bärendienst zu erweisen.

Unterdessen hat Promoter Kalle Sauerland auf die verbale Herausforderung reagiert. Zwar habe Mick Hennessy noch nicht mit ihm darüber gesprochen, doch könne er ja jederzeit anrufen. Es wäre ein großartiger Kampf, da Alexander Powetkin ein Star in Europa sei und schon lange in Deutschland boxe. Sollte der Kampf im Madison Square Garden stattfinden, müßte allerdings ein sehr lukratives Angebot vorliegen, legte Sauerland die finanzielle Latte hoch. Ihm sei klar, daß Tyson Fury eine Ebene höher kommen wolle, doch würde er sich mit Powetkin wohl zuviel zumuten, sprach der Berliner Promoter aus, was man bei nüchterner Prüfung wohl nur unterschreiben kann.

Glücklicherweise ist all das Zukunftsmusik und lautes Klappern, wie es nun einmal zum Boxgeschäft gehört. Hennessy tut gut daran, sich und seinen aufstrebenden Schwergewichtler ins Gespräch zu bringen. Solange das Gespann die Übersicht behält, was Werbung und was Substanz ist, sollte alles gutgehen. Es wäre im Falle Furys besonders bedauerlich, stolperte er über einen kapitalen Fehler der Vermarktung. In bemerkenswertem Kontrast zum Gros seiner Zunftgenossen hat er bislang eine sehr besonnene Einschätzung seines Könnens an den Tag gelegt und hervorgehoben, daß er den traditionellen Karriereweg mit wohlgemessenen Schritten bevorzuge. Auch der Schwergewichtsszene stünde gut zu Gesicht, sich einen frischen Wind wie Tyson Fury noch geraume Zeit um die Nase streichen zu lassen und ihn nicht schnellstmöglich als kurzlebiges Spektakel durch den Schornstein zu jagen.

19. November 2011