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MELDUNG/688: Wer wollte Vitali Klitschko das Fürchten lehren? (SB)



Gemeinsame Pressekonferenz mit Dereck Chisora in London

Als Vitali Klitschko nach einer Unterbrechung von vier Jahren entgegen allen Erwartungen in den Ring zurückkehrte, waren die Meinungen geteilt, ob er nicht ein zu hohes gesundheitliches Risiko eingehe und scheitern werde. Der inzwischen 40jährige hat sich jedoch nicht nur auf Anhieb den Titel des WBC-Weltmeisters im Schwergewicht zurückgeholt, sondern seither acht Gegnern das Nachsehen gegeben, von denen ihm kein einziger gefährlich werden konnte. Wer volle zwölf Runden mit dem Ukrainer überstand, hatte entweder sein Heil in der fortgesetzten Flucht gesucht oder sich wie Shannon Briggs außerordentlich standhaft und aufopferungsvoll auf den Beinen gehalten.

Daß dem britischen Herausforderer Dereck Chisora am 18. Februar in München mehr Erfolg als seinen Vorgängern beschieden sein könnte, nimmt wohl kaum jemand an, wobei Wunder wie immer im Boxsport natürlich nicht gänzlich auszuschließen sind. Bei der zweiten offiziellen Pressekonferenz, die in London über die Bühne ging, arbeiteten die Kontrahenten daher ihr Pflichtprogramm ab, ohne die Geduld der versammelten Pressevertreter mit überzogenen Ausfällen zu strapazieren. Wenngleich man nicht von ausgesprochener Öde sprechen muß, da ein Klitschko schon für sich genommen in Deutschland immer sein Publikum findet, fällt es diesmal besonders schwer, den Gegner werbewirksam aufzuwerten.

Langeweile war denn auch das Stichwort bei den Stellungnahmen beider Boxer, denn Chisora erklärte, die Leute hätten Vitali und seinen Bruder satt. Die ganze Welt wolle einen neuen König und stehe daher auf seiner Seite. Der Ukrainer könne sich auf etwas gefaßt machen, denn er werde auf einen Herausforderer in Bestform treffen, der ihm den Gürtel abnimmt. Er brenne auf diesen Kampf und hoffe nur, daß Vitali nicht wie sein Bruder einen Rückzieher macht. Wladimir Klitschko hatte bekanntlich den bereits angesetzten Kampf gegen den Briten zweimal verletzungsbedingt abgesagt.

Darauf erwiderte Vitali Klitschko, er werde für klare Verhältnisse sorgen und Chisora auf die Bretter schicken. Wenn die Leute sagten, die Kämpfe der Klitschkos seien langweilig, so deshalb, weil er und sein Bruder alle Herausforderer mühelos besiegten. Er hoffe, daß es mit Chisora spannender werde, der gegen Helenius überzeugt habe. Viele sähen in dem Finnen den Weltmeister der Zukunft, und doch habe ihn Chisora im Grunde bezwungen. "Aber kann Dereck auch den Weltmeister der Gegenwart besiegen? Deswegen verteidige ich meinen Titel freiwillig."

Bei seinem letzten Auftritt im September gegen den hochgehandelten Tomasz Adamek präsentierte sich Klitschko in der besten Form seit Jahren und ließ dem Polen keine Chance. Der Ukrainer zeigt sich dennoch gewarnt: Er müsse gegen Chisora nicht nur sein boxerisches Können unter Beweis stellen, sondern auch gegen sein Alter kämpfen, da er immerhin schon 40 sei, läßt sich der Weltmeister eine zusätzliche Anforderung einfallen, da der Brite allein denn doch nicht den Eindruck macht, er könne den Champion das Fürchten lehren.


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Tavoris Cloud tritt gegen Gabriel Campillo an

Um ein Haar hätte der frühere WBO-Weltmeister im Halbschwergewicht Zsolt Erdei, den die deutschen Boxfans noch aus seiner Zeit bei der Hamburger Universum Box-Promotion in guter Erinnerung haben dürften, in den USA um einen Titel gekämpft. Der in 33 Profikämpfen ungeschlagene Ungar sollte am 31. Dezember gegen IBF-Champion Tavoris Cloud antreten, der 23 Siege auf dem Konto und ebenfalls noch nicht verloren hat. Der 37 Jahre alte Erdei konnte zwischen 2004 und 2009 seinen Titel elfmal erfolgreich verteidigen und sicherte sich im November 2009 bei einem Abstecher ins Cruisergewicht den Gürtel des WBC. Der 29jährige Cloud ist seit 2009 IBF-Weltmeister im Halbschwergewicht und hat seinen Titel dreimal erfolgreich verteidigt. Leider konnte Erdei diese Gelegenheit nicht nutzen, seine zweite Karriere mit einem Paukenschlag zu krönen, da er den Kampf wegen einer Verletzung absagen mußte.

Daraufhin bot sich der spanische Exweltmeister Gabriel Campillo als Ersatz an, doch fiel die gesamte Veranstaltung ins Wasser. Wie sein Promoter Sampson Lewkowicz berichtet, habe er Campillo trotz der Absage weitertrainieren lassen. Diese Vorgehensweise zahlte sich aus, da der Spanier nun für einen Kampf gegen Tavoris Cloud am 18. Februar im texanischen Corpus Christi verpflichtet wurde. Nach Angaben seines Promoters ist alles mit Don King geklärt, so daß nur noch der Papierkram erledigt werden müsse. Der Kampf um den IBF-Gürtel wird zusammen mit einem Duell im Halbmittelgewicht zwischen Paul Williams aus den USA und dem Japaner Nobuhiro Ishida vom Sender Showtime übertragen.

12. Januar 2012