Schattenblick →INFOPOOL →SPORT → BOXEN

MELDUNG/874: Geldsorgen - Holyfield macht den Klitschkos Avancen (SB)




Ein Angebot an die Ukrainer, das keines ist

Im Oktober feiert Evander Holyfield seinen 50. Geburtstag, dem neben dem Ruhm vergangener Tage eine erdrückende Schuldenlast geblieben ist. Seine riesige Villa wurde 2009 zwangsversteigert, darüber hinaus muß der Schwergewichtsboxer, der mindestens elf Kinder von vier verschiedenen Frauen hat, jährlich Alimente im Wert von 500.000 Dollar bezahlen. Diese finanzielle Ausweglosigkeit dürfte das Hauptmotiv des Altmeisters sein, Vitali und Wladimir Klitschko ein Angebot zu machen, das im Grunde keines ist. Die Klitschkos hätten die Möglichkeit, gegen Evander Holyfield den wahrscheinlich größten Zahltag ihrer Karriere zu machen, behauptet der US-Amerikaner in grandioser Überschätzung seines verblichenen Marktwerts. Das Alter sei nur eine Zahl, spielt der ehemalige Champion die Aussage der Ukrainer herunter, sie respektierten seine frühere Leistung und wollten ihn gerade deshalb nicht vermöbeln.

Er habe dieselbe Einstellung gegenüber Larry Holmes und George Foreman gehabt und sei der Überzeugung gewesen, mit einem Sieg über einen wesentlich älteren Gegner nicht gerade an Glaubwürdigkeit zu gewinnen. Dann hätten sie ihm 20 Millionen in Aussicht gestellt, und da sie es gewesen seien, die ihn ausgesucht hätten, und nicht umgekehrt, sei das in Ordnung gewesen. Bei den Klitschkos verhalte es sich nicht anders, da er sie ausgesucht habe und gegen sie kämpfen wolle. Sie müßten nur darauf kommen, daß beide Seiten eine Menge Geld verdienen könnten, dann werde man schon sehen, wer der wahre Gewinner sei.

So verständlich der Versuch Holyfields sein mag, auf einen Schlag seine finanzielle Situation zu mildern, siedelt er doch seine Popularität und Zugkraft sehr viel höher an, als sie tatsächlich sein dürfte. Davon abgesehen sehen sich die Klitschkos immer wieder des Vorwurfs ausgesetzt, sie suchten sich gezielt schwache Gegner aus. Selbst wenn die Initiative nachweislich von dem Exweltmeister ausgegangen ist, bliebe den Ukrainern herbe Schelte nicht erspart, gingen sie auf die Offerte Holyfields ein.

*

Alexander Powetkin präsentiert neuen Trainer Kostia Chou

Hasim Rahman schien nicht geneigt, sich auf der Pressekonferenz für seinen Kampf gegen Alexander Powetkin am 29. September in der Sporthalle Hamburg ins Zeug zu legen. Mißmutig beschwerte er sich darüber, auf dem Kampfplakat nicht abgebildet zu sein. Offenbar werde er hier nicht respektiert, wofür er den Russen im Ring bestrafen wolle, schimpfte der 39jährige Pflichtherausforderer. Mehr sage er nicht.

Folglich mußte Powetkin den Unterhaltungsteil übernehmen, was ihm insofern nicht schwer fiel, als er seinen neuen Trainer Kostia Chou präsentieren konnte, der ihn bei seinen letzten Trainingslagern in Tschechow bereits als Co-Trainer unterstützt hatte. Er habe viel Freude an der gemeinsamen Arbeit und könne eine Menge von Kostia Chou lernen. In seiner Heimatstadt werde er sich in Form bringen, um dann in Hamburg einen guten Kampf zeigen zu können.

Kostia Chou war als Amateur sehr erfolgreich und krönte diese Laufbahn mit einem Sieg bei der Weltmeisterschaft 1991. Er wechselte ins Profilager und nahm die australische Staatsbürgerschaft an, worauf er 1995 erstmals Weltmeister im Halbweltergewicht wurde. In der Folge besiegte er so namhafte Gegner wie Julio Cesar Chavez, Zab Judah und Sharmba Mitchell und vereinigte drei Titel in seiner Gewichtsklasse. Nach einer überraschend deutlichen Niederlage gegen den Briten Ricky Hatton im Jahr 2005 beendete Chou seine Karriere.

*

Julio Cesar Chavez und Sergio Martinez im Limit

Der Verband WBC schreibt bei allen Kämpfen um die Weltmeisterschaft ein erstes Wiegen 30 Tage vor dem Kampftermin verbindlich vor, bei dem das jeweilige Limit um nicht mehr als 10 Prozent überschritten werden darf. Auf diese Weise soll verhindert werden, daß Boxer durch extreme Gewichtsreduktion in kürzester Frist ihre Gesundheit aufs Spiel setzen. Zudem wird zunehmend neben dem obligatorischen Wiegen am Vortag des Kampfs ein zweiter Gang auf die Waage am nächsten Morgen verlangt. Auch das eine Maßnahme gegen übermäßiges Abkochen, da Boxer anderfalls nach Ende der Entwässerung und des Fastens mitunter am folgenden Abend mit einem Gewicht in den Ring steigen, das weit über dem ihres Gegners und der Gewichtsklasse liegt, in der sie offiziell antreten.

Julio Cesar Chavez jun. und Sergio Martinez haben einen Monat vor ihrem Kampf Mitte September in Las Vegas das vorgeschriebene Gewichtslimit von 176 amerikanischen Pfund (79,89 kg) gebracht. Während der Titelverteidiger aus Mexiko diese Spanne voll ausnutzte, war der Argentinier zwei Pfund leichter. Offensichtlich haben sich beide bereits konditionell gut in Form gebracht, was freilich auch erforderlich ist, da nichts weniger als die Führerschaft im Mittelgewicht auf dem Spiel steht. Chavez ist zwar amtierender Weltmeister des WBC, doch gilt der Herausforderer, der sich den Gürtel zurückholen will, derzeit als bester Boxer dieser Gewichtsklasse.

Bei seinem letzten Auftritt hatte sich der Argentinier im März gegen den Iren Matthew Macklin mit einem technischen K.o. in der elften Runde durchgesetzt. Chavez besiegte im Juni mit Andy Lee ebenfalls einen Iren und bot dabei eine so überzeugende Leistung, daß sich sein Lager dazu durchrang, es nun mit Martinez aufzunehmen, der bis dahin als zu stark für den Mexikaner eingeschätzt wurde.

20. August 2012