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MELDUNG/947: Wer hätte nicht Angst vor Adrien Broner? (SB)




Oscar de la Hoyas Ritterschlag für seinen talentierten Champion

Adrien Broner sei für ihn Floyd Mayweather, Bernard Hopkins und Oscar de la Hoya - alles in einer Person. Er könne boxen, vor dem Gegner stehenbleiben und vor allen Dingen liebe er es zu kämpfen. Diese Verknüpfung von Superlativen wäre nichts weiter als eine übermäßig gerührte Werbetrommel, käme sie nicht aus dem Munde der Vermarktungsikone De la Hoya selbst, der nicht zu Unrecht den Beinamen "Golden Boy" trägt. In seiner aktiven Zeit war er einer der weltbesten Boxer und seither übertrifft er sich selbst als Präsident des gleichnamigen Promotionsunternehmens, das die höchstdotierten Kämpfe über die Bühne bringt.

Folglich hat der erst 23 Jahre alte Adrien Broner gut lachen, vom Meister selbst auf diese Weise geadelt zu werden. Aus der Luft gegriffen sind die Lobeshymnen nicht, mit denen der junge US-Amerikaner bedacht wird, hat er doch soeben den Mexikaner Antonio DeMarco in höchst eindrucksvoller Manier als WBC-Weltmeister entthront. Dieser Auftritt wäre es wert gewesen, in einer ausverkauften Arena gefeiert zu werden. Indessen hatten die Folgen des verheerenden Hurrikans Sandy dafür gesorgt, daß nicht übermäßig viel Leuten der Sinn danach stand, sich für teures Geld einige Boxkämpfe anzusehen. Wer dennoch den Weg in die Boardwalk Hall von Atlantic City nicht gescheut hatte, bekam etwas geboten, das man gewiß nicht alle Tage sieht.

Wenngleich die Kontrahenten in der ersten Runde vor allem Maß nahmen, um sich aufeinander einzustellen, deutete der Herausforderer doch bereits in dieser frühen Phase mit dem linken Haken seine Gefährlichkeit an. Im folgenden Durchgang zeichnete sich dann immer deutlicher ab, daß Broners Fäuste einfach schneller als die des Champions waren und präziser ihr Ziel fanden. Als DeMarco dann in der der dritten Runde den Druck erhöhte, um nicht vorzeitig ins Hintertreffen zu geraten, stellte der US-Amerikaner seine vorzügliche Deckungsarbeit unter Beweis, an der sich die allermeisten Angriffe des Titelverteidigers brachen.

Seine Vielseitigkeit und Kampfeslust demonstrierte Broner in der vierten Runde, als er sich dem Infight stellte. Während er selber kaum einmal getroffen wurde, kam er mehrfach mit dem Uppercut durch. Im nächsten Durchgang verlegte sich der Herausforderer dann erstmals auf Kombinationen, die ihre Spuren im Gesicht des Gegners hinterließen. In dieser Runde brachte Broner nicht weniger als 52 schwere Treffer an den Mann, denen DeMarco nichts annähernd Gleichwertiges entgegenzusetzen hatte.

Im folgenden Durchgang dominierte der klar nach Punkten führende Herausforderer mit Körpertreffern, die dem Mexikaner die Luft nahmen und ihn schwer in Mitleidenschaft zogen. Zwar bäumte sich der Champion in der siebten Runde noch einmal gegen die drohende Niederlage auf, doch folgte das vorzeitige Ende schließlich im achten Kapitel dieser Boxlektion. Broner schloß eine Kombination mit einem linken Aufwärtshaken ab, der den Mexikaner erstmals in dessen Karriere auf die Bretter zwang. DeMarcos Ecke wußte, was die Stunde geschlagen hatte, und warf vernünftigerweise das Handtuch zum Zeichen der Aufgabe.

Im Interview mit dem renommierten HBO-Experten Larry Merchant bezeichnete Adrien Broner seinen Gegner als Weltklasseboxer, der dennoch nicht über die Fähigkeiten verfüge, ihn zu besiegen. Es sei seine Absicht gewesen, mit diesem Kampf ein Zeichen zu setzen. Komme wer da wolle, ihm sei es egal, gegen wen er als nächstes antrete.

Nun ist Oscar de la Hoya am Zuge, künftige Auftritte seines Jungstars zu sondieren, der sich eindrucksvoll für höchste Aufgaben empfohlen hatte. Dabei fiel der Name Ricky Burns, über den man nach Aussage des Promoters bereits vor einigen Monaten gesprochen habe. Burns, für den 35 Siege und zwei Niederlagen zu Buche stehen, ist Weltmeister der WBO, weshalb in diesem Duell die beiden Titel zusammengeführt würden. Man werde sich nun mit dem gesamten Team zusammensetzen und die neue Situation gründlich unter die Lupe nehmen, so De la Hoya.

Adrien Broner befinde sich seines Erachtens in der denkbar günstigsten Position: Viele potentielle Gegner würden sich nach dieser überzeugenden Vorstellung dreimal überlegen, ob sie das Risiko eingehen wollten, mit dem Champion in den Ring zu steigen. Andererseits dürfte nicht wenigen Kandidaten die Aussicht reizvoll erscheinen, Broner die erste Niederlage beizubringen und sich den Gürtel zu sichern. Unerwähnt ließ der Promoter die unter seinen goldenen Händen zu erwartende stattliche Börse, welche die nicht gerade verlockende Aussicht, sich von dem talentierten Broner vorführen zu lassen, in einem rosigeren Licht erscheinen lassen dürfte.

20. November 2012