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MELDUNG/1043: Bernard Hopkins schreibt ein weiteres Kapitel Boxgeschichte (SB)




Mit 48 Jahren erneut Weltmeister - Tavoris Cloud verliert nach Punkten

Bernard Hopkins hat seinem Rang, zu den Legenden des Boxsports zu gehören, ein weiteres Kapitel hinzugefügt. Er war schon zuvor der älteste Boxer, der jemals Weltmeister eines bedeutenden Verbands geworden ist. Nun durfte sich der 48jährige US-Amerikaner durch einen Sieg über seinen 17 Jahre jüngeren Landsmann Tavoris Cloud erneut den Gürtel des Champions umlegen. Im New Yorker Barclays Center besiegte er in einem Kampf über zwölf Runden den Titelträger der IBF im Halbschwergewicht einstimmig nach Punkten (116:112, 117:111, 116:112) und verbesserte damit seinen eigenen Rekord. Cloud, der zuvor 24 Kämpfe in Folge gewonnen hatte, mußte sich erstmals geschlagen geben und den Gürtel nach vier erfolgreichen Titelverteidigungen an Hopkins abtreten. Dieser hat im Laufe seiner langen Karriere, in der er unter anderem Weltmeister aller vier maßgeblichen Verbände im Mittelgewicht war, 53 Siege, sechs Niederlagen und zwei Unentschieden eingefahren. Der stets mit einer Henkersmaske einmarschierende "Executioner" hatte in der Vergangenheit schon des öfteren seinen Abschied vom aktiven Sport angekündigt. Nach seinem jüngsten Titelgewinn dürfte ein Rückzug aufs Altenteil vorerst kein Thema mehr sein.

Daß er sich trotz guter körperlicher Verfassung auf keine Temposchlacht mit dem wesentlichen jüngeren Gegner einlassen durfte, war Hopkins klar. Wie er es jedoch bewerkstelligte, den für seine hohe Schlagfrequenz bekannten Cloud nicht zum Zuge kommen zu lassen, verdient als taktische Meisterleistung gewürdigt zu werden. Der Herausforderer bewegte sich unablässig umher und bot dank effektiver Beinarbeit und geschickten Finten dem Titelverteidiger selten ein Ziel, der dadurch über weite Strecken ausgebremst wurde. Während ansonsten bei Tavoris Cloud mehr als 70 Schläge pro Runde keine Seltenheit sind, kam er nun bei weitem nicht auf seine übliche Quote, da er den Kontrahenten nicht allzu häufig maßgerecht vor die Fäuste bekam.

Das gedrosselte Tempo kam Hopkins sehr zugute, der sich den Champion mit Treffern vom Leib halten konnte, die gefährlich genug waren, um Cloud zu irritieren. Zwar versuchte der Weltmeister des öfteren, den Bann zu brechen und seine gewohnt aggressive Kampfesweise durchzusetzen, doch hielten diese Offensiven nicht lange vor. Mit der Erfahrung vieler Jahre im Ring, in denen er mit fast allen namhaften Rivalen die Klingen gekreuzt hat, verstand es Hopkins, dem Gegner seinen Stil aufzuzwingen und Vorteile auf den Zetteln der Punktrichter zu erarbeiten.

In der sechsten Runde zog sich Tavoris Cloud nach einem linken Haken des Herausforderers eine Rißwunde am linken Augenlid zu, die ihn zusätzlich einschränkte. Ringrichter Earl Brown, der die Verletzung noch in derselben Runde untersuchen ließ, wollte in dieser Szene einen unabsichtlichen Kopfstoß erkannt haben, doch irrte er sich im Eifer des Gefechts. Eine seiner besten Szenen hatte der Champion im achten Durchgang, als er Hopkins mit einem gefährlichen rechten Haken traf. Solche spektakulären Ereignisse blieben indessen über den gesamten Kampf gesehen Mangelware.

Noch immer konditionell auf der Höhe entschied Hopkins die zehnte Runde für sich, so daß es für Cloud zunehmend enger wurde. Er mußte mehr tun, um das Blatt zu wenden, und so ging er im folgenden Durchgang zunächst energisch zur Sache, bis ihn der Herausforderer kurz vor der Pause mit einigen geschickten Kontern erneut ins Hintertreffen brachte. Nun mußte sich der Titelverteidiger an den Strohhalm klammern, seinen Gegner in der zwölften und letzten Runde womöglich doch noch auf die Bretter zu schicken. Hopkins verlegte sich keineswegs darauf, den Vorsprung ins Ziel zu retten, sondern stellte sich dem Schlagabtausch und besiegelte damit endgültig die Niederlage Tavoris Clouds.

Es war kein sonderlich dramatischer und phasenweise sogar ein ereignisarmer Kampf, da ihn Hopkins mit seinem reichhaltigen Repertoire an technischen und taktischen Finessen auf einen ihm gemäßen Takt eingrenzte. Im anschließenden Interview mit dem übertragenden Sender HBO zog der Sieger das Fazit, es habe ihn einige Zeit gekostet, in Fahrt zu kommen. Cloud habe wohl nicht erwartet, mit solchen Kombinationen traktiert zu werden. Er selbst habe jedoch auf seine Reflexe und Schnelligkeit vertraut, die nach wie ausgeprägt seien, so der neue Weltmeister. Als er dann seinen Rhythmus gefunden habe, sei der Rest immer leichter geworden. Es sei Teil seiner persönlichen Geschichte als Boxer, junge Champions aus dem Feld zu schlagen. Nach diesem Erfolg hoffe er sehr, einen weiteren historischen Kampf im Barclays Center bestreiten zu können.

11. März 2013