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MELDUNG/1148: Was man für Geld nicht kaufen kann (SB)




Alexander Powetkin - Spekulationsobjekt eines Baulöwen?

Wladimir Klitschko will im August mit der Vorbereitung auf seine Pflichtverteidigung gegen den ungeschlagenen Russen Alexander Powetkin beginnen. Die Verhandlungen über die Rahmenbedingungen des Kampfs, der am 5. Oktober in Moskau ausgetragen werden soll, hatten sich außerordentlich anstrengend und langwierig gestaltet. Da sehr viel Geld auf dem Spiel steht und beide Boxer mit der höchsten Börse ihrer Karriere rechnen können, rang man um jedes Detail. Am Ende setzte sich das Interesse durch, dieses überaus lukrative Geschäft nicht scheitern zu lassen, und so wurden Kompromisse gefunden. Wie der Ukrainer mitgeteilt hat, sei mittlerweile alles geklärt.

Umstritten war insbesondere die Frage, wer die Dopingtests durchführen soll. Während Klitschko auf die deutsche Organisation NADA bestand, zog man im Lager seines Gegners das russische Pendant vor. Nach zähem Ringen setzte sich der Titelverteidiger durch, der die NADA als eine der seriösesten Anti-Doping-Agenturen der Welt bezeichnet. Sie teste ihn regelmäßig, und ihr vertraue er. Der 37jährige Ukrainer will auf Nummer Sicher gehen, da er einen Namen zu verlieren habe, der viel mehr wert sei als das ganze Geld, das er für den Kampf bekomme. Irgendwelche Ungereimtheiten könne er sich nicht leisten.

Ob Wladimir Klitschko konkrete Anhaltspunkte dafür hat, der russischen Anti-Doping-Agentur zu mißtrauen, oder prinzipiell die Kontrolle behalten will, da die Klitschko Management Group erstmals seit Jahren nicht als Veranstalter auftritt, sei dahingestellt. Begründet ist jedenfalls seine Sorge, daß der Kampf wie 2008 und 2010 erneut abgesagt werden könnte. In der Vergangenheit habe Powetkin zweimal einen Rückzieher bei bereits fest vereinbarten Kämpfen gemacht. Daher sei er vorsichtig, was den Russen angeht, da man bei ihm nie wisse, was passiert. Powetkin höre sehr darauf, was andere ihm sagen. "Ich hoffe, seine Leute sagen ihm, er soll kämpfen", so der Ukrainer. [1]

Wenngleich Klitschko unerwähnt läßt, daß es 2008 eine Fußverletzung war, die Powetkin an der Austragung des Kampfs hinderte, trifft doch zu, daß der Russe mitunter wie ein Spielball verschiedener Interessengruppen wirkt. Er steht bei Sauerland Event unter Vertrag, hat aber einen eigenen Manager und trainiert überwiegend in seiner russischen Heimatstadt Tschechow unweit von Moskau. Zudem hat er mit Alexander Simin, Teddy Atlas und Kostia Tsju bereits eine ganze Reihe namhafter Trainer verbraucht, wobei sein jüngster Wunsch, Freddie Roach für die Vorbereitung zu verpflichten, bereits im Ansatz gescheitert ist. Wie schon Teddy Atlas will auch Roach die USA nicht verlassen, zumal für ihn der Philippiner Manny Pacquiao an erster Stelle steht. Da Powetkin aber nicht nach Los Angeles reisen will, um sich dort vorzubereiten, steht er wenige Wochen vor dem wichtigsten Kampf seiner Karriere ohne international erfahrenen Cheftrainer da.

Damit nicht genug, hat sich Powetkin auch von seinem langjährigen Manager Wlad Chrunow getrennt, der ihm seit Beginn seiner Profilaufbahn im Jahr 2005 zur Seite stand. Da Chrunow erst vor kurzem auch den Weggang des ehemaligen Cruisergewichtsweltmeisters Denis Lebedew verschmerzen mußte, sieht es derzeit düster für den umtriebigen Russen aus. Wie der 33jährige Powetkin dazu mitgeteilt hat, vertrete ihn Wladimir Chrunow nicht länger. Dieser habe zuviel geredet und zuwenig getan: "Es gibt jetzt nichts, das uns verbindet." Ab sofort werde er von Andrej Ryabinsky vertreten, der alle Verhandlungen direkt in die Hand genommen habe, das Team formen und die Trainingslager arrangieren werde. [2]

Soweit bekannt, bleibt Chrunow offizieller Promoter des Kampfs in Moskau, doch ist ungewiß, welche Rolle er dabei unter den gegebenen Umständen überhaupt noch spielen kann. Bei dem milliardenschweren Bauunternehmer Andrej Ryabinsky handelt es sich um den Hauptinvestor, in dessen Auftrag Chrunow die Mitbieter Klitschko Management Group und Sauerland Event bei der Versteigerung des Kampfs haushoch überboten hatte. Man kann wohl davon ausgehen, daß die Klitschkos als bekanntermaßen harte Verhandlungspartner die größtmöglichen Garantien für eine gesicherte Refinanzierung der ungewöhnlich hohen Gesamtbörse eingefordert haben. Feststehen dürfte auch, daß Ryabinsky in der noch verbliebenen Zeit nicht sparen muß, um Powetkin die beste Vorbereitung zu spendieren, die man für Geld kaufen kann.

Was selbst ein Milliardär nicht kurzerhand einkaufen kann und Alexander Powetkin mehr denn je zu fehlen scheint, sind ein stabiles Umfeld und die langjährige Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Trainer. Das sind in der Regel unabdingbare Voraussetzungen, um einen Weltmeister hervorzubringen und langfristig an der Spitze zu etablieren. Wie es scheint, hat Wladimir Klitschko aufgrund der Verwerfungen im gegnerischen Lager inzwischen mehr Trümpfe in der Hand, als er sich träumen lassen konnte. Von einer Verletzung abgesehen dürfte daher in der Tat seine einzig verbliebene Sorge sein, daß der Kampf tatsächlich stattfindet.

Fußnoten:

[1] http://www.boxen.de/news/wladimir-klitschko-hoffentlich-findet-der-kampf-auch-statt-27693

[2] http://www.boxen.de/news/povetkin-trennt-sich-von-manager-hrunov-27587

17. Juli 2013