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MELDUNG/1379: König Klitschko strapaziert sein Fußvolk (SB)




Sparringspartner haben frohgemut zu leiden

Am 10. April 2014 war Wladimir Klitschko auf den Tag genau seit zehn Jahren ungeschlagen. Seinerzeit kassierte der Ukrainer in Las Vegas gegen Lamon Brewster durch technischen K.o. in der fünften Runde seine bislang letzte Niederlage und blieb fortan in 19 Auftritten unbesiegt. Die Aufzeichnung dieses Kampfs sehe er sich noch immer gerne an. Es sei eine fundamentale Erfahrung für ihn gewesen, so der Ukrainer. Bei seiner Titelverteidigung gegen Alex Leapai am 26. April in Oberhausen gilt der 38jährige Klitschko wie so oft als haushoher Favorit. Zwar bringen die Kontrahenten in etwa das gleiche Gewicht auf die Waage, doch ist der 24 Jahre alte Australier 16 cm kleiner als der 1,98 m große Weltmeister. Dieser Größenunterschied ist gewissermaßen nur ein äußerer Ausdruck des Kräfteverhältnisses, da der Ukrainer im Laufe der Zeit seine Dominanz nicht nur in boxerischer Hinsicht perfektioniert hat.

Daß auch ein unangefochtener Weltmeister wie Wladimir Klitschko, der das Feld seit Jahren beherrscht, keinen Herausforderer unterschätzen sollte, ist eine Binsenweisheit. Um den immer wieder vorgebrachten Einwand zu entkräften, der Ukrainer trete vorzugsweise gegen Kandidaten an, die ihm nicht das Wasser reichen können, zeigt sich Manager Bernd Bönte bemüht, den Australier Alex Leapai zu einem gefährlichen Gegner hochzustilisieren. Dabei geht es natürlich um eine möglichst ertragreiche Vermarktung, da ein über derart lange Fristen dominierender Champion Gefahr läuft, Langeweile hervorzurufen und das Interesse des Publikums abzuwirtschaften.

So spricht Klitschkos Manager denn auch mit Respekt von den Fähigkeiten des Australiers und verweist auf dessen Sieg über Denis Boitsow im November, als sich Leapei überraschend gegen den klar favorisierten Ranglistenersten der WBO durchsetzte und damit Pflichtherausforderer des Ukrainers wurde. Der Australier habe Boitsow zweimal zu Boden geschickt, was der beste Beweis seiner Stärke sei. Daher dürfe man sich keinesfalls entspannen und Leapai auf die leichte Schulter nehmen, der ein unorthodoxer Boxer mit einer beeindruckenden Schlagwirkung sei, so Bönte.

Spekulationen über die künftigen Gegner Klitschkos erteilt er wohlweislich eine Absage. Man wolle nicht darüber nachdenken, was nach dem Kampf gegen Alex Leapai passieren wird. Diesen Fehler habe Wladimir vor Jahren gemacht, als er sich während seines Urlaubs über weitere mögliche Kontrahenten ausließ und prompt eine Niederlage bezog. Das werde nicht wieder vorkommen. Sollte der Kampf gegen Leapai gut ausgehen, werde man über die Zukunftspläne sprechen. [1]

Wie immer vor seinen Kämpfen hat Wladimir Klitschko Quartier im Tiroler Nobelhotel Stanglwirt in Going bezogen, wo er sich mit seinem Trainer Jonathan Banks auf die bevorstehende Aufgabe einstimmt. Er habe nach wie vor Spaß am Boxen und sei körperlich fit wie schon lange nicht mehr, schlägt der Ukrainer den Gedanken aus dem Feld, der vierzehn Jahre jüngere Herausforderer könne von dem Altersunterschied profitieren. Der Weltmeister hat nicht weniger als acht Sparringspartner verpflichtet, von denen sieben bullige Schwergewichtler sind, die von der Statur her Alex Leapai ähneln.

Der achte Sparringspartner heißt Tony Harrison und hat eine besondere Aufgabe zu erfüllen. Verglichen mit Klitschko ist er von geradezu schmächtiger Erscheinung, boxt er doch im Superweltergewicht, der Klasse bis 69,853 kg. Der im Oktober 2012 verstorbene Trainer Emanuel Steward hatte das Talent einst mit ins Camp gebracht, und Wladimir Klitschko nutzt den gut 80 Pfund leichteren Harrison vor allem dazu, seine Schnelligkeit und Beweglichkeit wie auch die Präzision seiner Schläge zu verbessern. Tony mache einen phantastischen Job, lobt der Ukrainer den 15 cm kleineren Partner, der sich ihm nicht nur durch geschickte Manöver entzieht, sondern auch selber zuschlagen darf. Für jeden Treffer an Klitschkos Kopf bekommt er angeblich eine Extraprämie, über deren Höhe man allerdings Stillschweigen wahrt. Umgekehrt gibt es aber auch keine Vereinbarung, daß Klitschko nicht mit voller Wucht schlagen darf. "Soll er doch", erklärt der 23jährige Harrison selbstbewußt. Er sei entspannt, habe nichts zu verlieren, und im übrigen sei es für ihn eine große Ehre, dabeisein zu dürfen. [2]

Der Superweltergewichtler ist in 17 Profikämpfen ungeschlagen und darf hoffen, von den K2 Promotions der Klitschkos auf einen aussichtsreichen Karriereweg manövriert zu werden. Dafür geht er das Risiko ein, durch wuchtige Treffer des ungleich schwereren Champions Mikroverletzungen davonzutragen, deren Folgen sich erst nach Jahren zeigen, dann aber verhängnisvoll sind. Daß Sparringspartner im Trainingslager regelrecht verschlissen werden, ist nicht nur bei Wladimir Klitschko gang und gäbe. Dies wird von einem nicht nur unkundigen, sondern nachgerade menschenverachtenden Sportjournalismus zumeist als Stärkebeweis hofiert. Wie es heißt, seien die Klitschkos seit jeher dafür bekannt, mit ihren Sparringspartnern nicht zimperlich umzugehen. Da das Management der Ukrainer jedoch Verträge abzuschließen pflegt, die als die restriktivsten und ausgefeiltesten der Branche gelten, dringen Einzelheiten nur selten an die Öffentlichkeit. Wer dennoch plaudert, kann nicht nur wegen Vertragsverletzung belangt werden, sondern muß auch davon ausgehen, nie wieder als Sparringspartner, geschweige denn als Herausforderer bei einer freiwilligen Titelverteidigung zum Zuge zu kommen.


Fußnoten:

[1] http://www.boxen-heute.de/artikel/5781-klitschko-manager-boenteleapai-ein-sehr-schwieriger-gegner.html

[2] http://www.welt.de/sport/boxen/article126736533/Wladimir-Klitschko-kaempft-auch-fuer-die-Ukraine.html

11. April 2014