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MELDUNG/1442: Davids Sieg über Goliath bleibt die Ausnahme (SB)




Gamboa war Crawford körperlich einfach nicht gewachsen

Terrance Crawford hat den Titel der WBO im Leichtgewicht zum ersten Mal erfolgreich verteidigt. In Omaha, Nebraska, besiegte er den Herausforderer Yuriorkis Gamboa in der neunten Runde, nachdem er ihn im Verlauf des Kampfs viermal niedergeschlagen hatte. Während der Weltmeister damit in 24 Kämpfen ungeschlagen blieb, stehen für den Herausforderer nunmehr 23 Siege und eine Niederlage zu Buche. Wenngleich es sich um einen der größten Erfolge in der Karriere Crawfords handelte, da sein Gegner früher Champion der WBA und IBF im Federgewicht gewesen war, hat der Ausgang dieses Duells doch eine heftige Kontroverse um einen altbekannten Mißstand neu entfacht.

Der Kubaner war körperlich derart unterlegen, daß man allenfalls der Form nach von einem Kampf in derselben Gewichtsklasse sprechen konnte. Crawford ist nicht nur erheblich größer und hat Reichweitenvorteile, was natürlich jederzeit vorkommen kann und dem Reglement nicht widerspricht. Er war jedoch auch wesentlich schwerer als Gamboa, da er beim offiziellen Wiegen zwar knapp im Limit gelegen, in der verbliebenen Zeit bis zum Kampf am folgenden Tag aber noch einmal enorm zugelegt hatte. [1]

Der Kubaner dominierte die ersten vier Runden mit schnellen Schlägen und geschickten Ausweichmanövern, so daß sich die Prognose zu bestätigen schien, daß er als technisch überlegener Boxer gute Aussichten hätte, sich in diesem Duell durchzusetzen. Die Wende deutete sich in der fünften Runde an, als Crawford mit einem wuchtigen linken Haken durchkam, dem er sofort eine weitere Linke folgen ließ, die den Kubaner zu Boden schickte. Gamboa ließ dennoch nicht locker und machte in den folgenden beiden Durchgängen wieder die bessere Figur.

In der achten Runde fand er sich jedoch nach einer Rechten zum Kopf erneut und auf den Brettern wieder und machte bis zur Pause einen angeschlagenen Eindruck. Wie gut der Kubaner selbst unter widrigsten Umständen zu kämpfen versteht, zeigte sich zu Beginn des neunten Durchgangs. Er drehte den Spieß zunächst um und erschütterte Crawford mit einem schweren Treffer. Als er jedoch nachsetzte, um dem Gegner den Rest zu geben, streckte ihn ein gewaltiger Schlag nieder. Er kam zwar noch einmal auf die Beine, doch war er derart geschwächt, daß er sich durch Klammern über die Zeit zu retten versuchte. Der Titelverteidiger schlug nun weiter auf ihn ein, bis Gamboa wiederum am Boden lag. Diesmal gab ihm Ringrichter Genaro Hernandez keine Gelegenheit mehr, den Kampf fortzusetzen, sondern entschied auf Abbruch. [2]

Crawford kam offensichtlich mit der Schnelligkeit Gamboas nicht zurecht und mußte daher auf schwere Treffer setzen. Dabei kam seine körperliche Überlegenheit ins Spiel, denn er hätte den Ring bei seiner ersten Titelverteidigung kaum als Sieger verlassen, wäre ihm der Kubaner in dieser Hinsicht ebenbürtig gewesen.

Die Niederlage ist eine bittere Pille für Gamboa, der das Wagnis eingegangen war, um den Titel im höheren Limit zu kämpfen, da er nach einem Jahr ohne Auftritt unbedingt einen spektakulären Erfolg benötigte, um seine stagnierende Karriere wieder anzuschieben. Er ist jedoch einfach zu klein und nicht schwer genug für das Leichtgewicht. Nach diesem Rückschlag sollte er künftig allenfalls im Superfedergewicht antreten oder besser ganz ins Federgewicht zurückkehren.

Im anschließenden Interview legte sich Crawford nicht fest, wen er sich als nächsten Gegner wünscht. Er hatte im Vorfeld der Titelverteidigung einen möglichen Aufstieg in das Halbweltergewicht ins Gespräch gebracht. Dort hätte er durchaus Chancen, sich gegen WBO-Weltmeister Chris Algieri durchzusetzen, sollte aber Leuten wie Ruslan Prowodnikow tunlichst aus dem Weg gehen, die über eine enorme Schlagwirkung verfügen.

Grundsätzlich stellt sich natürlich die Frage, wie dem übermäßigen Abkochen vor dem Wiegen und einer nachfolgenden beträchtlichen Gewichtszunahme bis zum Kampf Einhalt geboten werden kann. Mehrere Verbände setzen inzwischen ein zweites Wiegen am Morgen des Kampftags an, bei dem die Boxer eine festgelegte Spanne über dem zulässigen Limit nicht überschreiten dürfen. Das dürfte eine sinnvolle Maßnahme sein, der jedoch weitere folgen sollten, um absurd ungleiche Paarungen wie die zwischen Terrance Crawford und Yuriorkis Gamboa auszuschließen.


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2014/06/crawford-gamboa-early-action-zewski-stops-doju-jr/

[2] http://www.boxingnews24.com/2014/06/gamboas-career-takes-a-big-hit-in-losing-to-crawford/

30. Juni 2014