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MELDUNG/1560: Ein Brüderpaar greift nach den Sternen (SB)




Andre und Anthony Dirrell erobern das Supermittelgewicht

Im Vorprogramm des Kampfs um den WBC-Titel im Halbschwergewicht zwischen dem Kanadier Adonis Stevenson und dem Russen Dimitri Suchotski in Quebec City präsentiert die kanadische Groupe Yvon Michel (GYM) in Zusammenarbeit mit dem US-amerikanischen Sender Showtime eine Reihe attraktiver Auftritte. Dabei trifft der Supermittelgewichtler Andre Dirrell aus den USA auf seinen Landsmann Derek Edwards. Dirrell, der 23 Kämpfe gewonnen und einen verloren hat, wird in der Rangliste des WBC an Nummer acht geführt. Für Edwards stehen 27 Siege, drei Niederlagen und ein Unentschieden zu Buche. Er ist bei den Verbänden WBC (4), WBO (10) und IBF (11) unter den Top 15 notiert. Dirrell bekommt es auf seinem Weg nach oben mit einen gefährlichen Gegner zu tun, der zuletzt etliche Kämpfe vorzeitig gewonnen hat.

Nach einer langen Pause von eineinhalb Jahren kehrte Andre Dirrell am 1. August in den Ring zurück und besiegte Vladine Biosse auf überzeugende Weise in der fünften Runde. Der US-Amerikaner ließ keinerlei Anlaufschwierigkeiten erkennen und boxte noch besser als beim Super-Six-Turnier vor vier Jahren. Damals gewann er gegen den Berliner Arthur Abraham, mußte sich aber Carl Froch 2009 in Birmingham umstritten nach Punkten geschlagen geben. Wenngleich die britischen Fans und Medien von einem knappen, aber verdienten Sieg des Lokalmatadors sprachen, waren Kritiker in den USA der Auffassung, Dirrell sei um den Erfolg betrogen worden.

Diesem geht es nun vor allem darum, möglichst schnell in den Ranglisten aufzusteigen, um sich einem erneuten Titelkampf zu nähern. Eine Revanche gegen den WBA/IBF-Weltmeister Carl Froch, die sich Dirrell schon lange wünscht, ist derzeit allerdings nicht in Sicht. Wie Dirrell geltend macht, sei er sich sicher, damals gegen den Briten gewonnen zu haben, worin wohl die meisten mit ihm übereinstimmten, die den Kampf miterlebt hatten. Folglich wünsche er sich Froch zum Gegner, wobei dessen Titel nur der Zuckerguß auf dem Kuchen seien. Er glaube nicht, jemals verloren zu haben, und verlange nun eine Chance, gegen den Weltmeister anzutreten. Er hoffe sehr, daß der Brite seine Karriere nicht beendet, bevor es zu einem Rückkampf kommt, den alle Welt sehen wolle.

Wenngleich sich Dirrell natürlich für die seines Erachtens unverdiente Niederlage gegen Froch revanchieren möchte, hat er kein Interesse daran, dafür ein zweites Mal auf britischem Boden anzutreten. Daß dieser Kampf an einem neutralen Ort oder vielleicht in Las Vegas stattfinden könnte, ist zwar nicht völlig ausgeschlossen, aber doch eine höchst unwahrscheinliche Option.

Froch dürfte kein Interesse daran haben, noch einmal mit Andre Dirrell in den Ring zu steigen. Auch wenn er überzeugt sein mag, seinerzeit zu Recht die Oberhand behalten zu haben, weiß er doch um die Gefährlichkeit dieses Gegners. Gemeinsam mit seinem Promoter Eddie Hearn plant der 36jährige sorgsam die letzten Auftritte seiner ausklingenden Karriere. Eigentlich stünde bei der IBF eine Pflichtverteidigung gegen seinen Landsmann James DeGale an, doch würde der Champion viel lieber in Las Vegas mit dem Mexikaner Julio Cesar Chavez in den Ring steigen, um seine Laufbahn mit einem spektakulären und lukrativen Auftritt in der Spielerstadt zu krönen.

Das Duell zwischen Dirrell und Edwards ist ein Ausscheidungskampf der IBF, dessen Sieger auf den Platz hinter James DeGale als nächster Herausforderer des Weltmeisters aufrückt. Carl Froch wird demnächst entweder den IBF-Titel abgeben müssen oder sich seinem britischen Landsmann stellen. Sollte er es wie erwartet vorziehen, andere Pläne zu schmieden, könnte es folglich zu einem Kampf um den Gürtel der IBF zwischen Dirrell oder Edwards und DeGale kommen.

Wie Andre Dirrell unterstreicht, fühle er sich schon jetzt bereit für einen Titelkampf. Sobald es dazu kommt, werde er dies zweifelsfrei unter Beweis stellen. Sollte er dabei James DeGale vor die Fäuste bekommen, steht der Sieger so gut wie fest: Der US-Amerikaner schlägt schneller, bewegt sich flüssiger und deckt sich besser als der Brite, der in allen Belangen unterlegen sein dürfte. [1]

Während Andre Dirrell derzeit einen Titelkampf anstrebt, ist sein Bruder Anthony bereits Weltmeister des WBC in derselben Gewichtsklasse. Pflichtherausforderer bei diesem Verband ist der Brite George Groves, der zweimal in Folge vorzeitig gegen Carl Froch verloren hat und inzwischen beim Berliner Promoter Sauerland Event unter Vertrag steht. Im Kampf gegen Anthony Dirrell, der erst im kommenden Jahr über die Bühne gehen soll, gilt Groves als Außenseiter, da der US-Amerikaner nicht nur schnell und beweglich boxt, sondern auch eine enorme Schlagwirkung entfaltet. Nach Lage der Dinge spricht einiges dafür, daß die Brüder Dirrell womöglich schon Mitte nächsten Jahres alle beide Weltmeister sind und gemeinsam das Supermittelgewicht aufrollen.


Fußnote:

[1] http://www.boxingnews24.com/2014/11/andre-dirrell-faces-derek-edwards-in-ibf-168lb-eliminator-on-december-19th/#more-184568

22. November 2014