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MELDUNG/1588: Fury bläst die Backen auf (SB)




Der Brite redet seinen nächsten Gegner stark

Wie zu erwarten war, hat sich der britische Schwergewichtler Tyson Fury für seinen Aufbaukampf am 28. Februar in der Londoner O2 Arena einen leichten Gegner ausgesucht. Fury ist seit dem Sieg über seinen Landsmann Dereck Chisora Ende November Pflichtherausforderer Wladimir Klitschkos beim Verband WBO und will diese Position natürlich nicht durch eine zwischenzeitliche Niederlage preisgeben. Der in 23 Profikämpfen ungeschlagene Brite ist auch in den Ranglisten der anderen drei Verbände unter den Top 15 plaziert (IBF 3, WBO 4, WBC 12). Er tritt gegen den 27 Jahre alten Christian Hammer an, der 17 Auftritte gewonnen und drei verloren hat. Der gebürtige Rumäne wird dennoch von der WBO an Nummer 6 der Rangliste geführt und steht beim Hamburger Promoter Erol Ceylan unter Vertrag.

Hammer steigt natürlich als klarer Außenseiter in den Ring und weiß, daß ihm die Rolle des Kanonenfutters zugedacht ist. Gerade deswegen wird er sicher alles daransetzen, den Favoriten nach Kräften zu ärgern und womöglich sogar die kleine Chance zu nutzen, für eine Sensation zu sorgen. Körperlich ist er trotz seiner 1,88 m dem 2,06 m großen und entsprechend schweren Riesen unterlegen, wie er auch mit Blick auf seine Beweglichkeit, Deckungsarbeit und Schlagwirkung keine Gefahr für den Briten darstellen sollte.

Hammer hat seinen ersten Profikampf gegen Robert Gregor und später auch gegen Taras Bidenko und Mariusz Wach verloren. Seine größten Erfolge erzielte er gegen Danny Williams und im August 2013 mit seinem letzten vorzeitigen Sieg gegen Leif Larsen. Im Dezember 2013 setzte er sich umstritten nach Punkten gegen Kevin Johnson durch und in diesem Jahr behielt er gegen Konstantin Airich und Irineu Beato Costa die Oberhand. Insbesondere die nicht sonderlich ausgeprägte Schlagwirkung Hammers dürfte ein wesentlicher Grund dafür sein, warum die Wahl Furys auf ihn fiel.

Während der Hamburger Schwergewichtler bei den drei anderen Verbänden nicht unter den Top 15 geführt wird, erstaunt seine gute Plazierung bei der WBO. Damit rangiert er dort noch vor Alexander Powetkin, was die Absurdität der Einstufung vollends deutlich macht. Ohne Hammer zu nahe zu treten, boxt Powetkin doch in einer anderen Liga als er und müßte folglich weit vor ihm in der Rangliste auftauchen. Wenngleich jede derartige Abstufung stets nur Ausdruck einer willkürlichen Sortierung sein kann, treiben doch verbandspolitische Interessen der WBO jedenfalls im Schwergewicht den letzten Anflug von Glaubwürdigkeit und Verläßlichkeit aus dem Haus.

Christian Hammer dürfte in etwa so stark wie Joey Abell einzuschätzen sein, mit dem der damals formschwache Fury allerdings mehr Mühe hatte, als ihm lieb sein konnte. Obgleich sich der Brite also einen eher ungefährlichen Gegner ausgesucht hat, behauptet er unverfroren das Gegenteil und hält seinen Konkurrenten vor, sie seien nur dem Namen nach Kämpfer, in Wirklichkeit jedoch alle Weicheier. Er hätte es sich leichtmachen und zur Wahrung seiner Titelchance einen schwachen Kontrahenten für seinen Auftritt in der O2 Arena aussuchen können. Tyson Fury sei jedoch aus einem anderen Holz geschnitzt und trete gegen den auf dem Papier gefährlichen Hammer an, so der Brite.

Ob er selber glaubt, was er so alles von sich gibt, kann wohl nur Tyson Fury beantworten. Schon Dereck Chisora hatte an der Spitze der WBO-Rangliste im Grunde nichts zu suchen, wie auch nicht nachvollziehbar war, warum er und Fury den Ausscheidungskampf bestreiten durften. Christian Hammer wiederum ist schwächer als Chisora einzustufen, der sämtliche Kämpfe gegen namhafte Rivalen verloren hat. Sollte es Fury nicht gelingen, sich Ende Februar in überzeugender Manier durchzusetzen, käme dies einem Armutszeugnis gleich. [1]

Obwohl Tyson Fury also von Glück reden kann, Herausforderer Wladimir Klitschkos geworden zu sein, führt er die leere Drohung im Munde, er werde den Kampf zwischen WBC-Weltmeister Bermane Stiverne und dem ungeschlagenen Deontay Wilder am 17. Januar aufmerksam verfolgen. Sollte er nämlich Wladimir Klitschko nicht vor die Fäuste bekommen, wolle er gegen den Sieger antreten. Der Ukrainer bekommt es am 25. April im New Yorker Barclays Center entweder mit Bryant Jennings oder Shannon Briggs zu tun. Danach müßte er sich Fury stellen oder den WBO-Gürtel abgeben, wobei er zu letzterem mit Sicherheit nicht bereit ist. Also wird er sich wohl den Briten vornehmen, der trotz seiner imposanten Statur inzwischen als Boxer gilt, vor dessen Schlagwirkung kein guter Schwergewichtler Angst haben zu haben braucht. Zudem hatte selbst ein ehemaliger Cruisergewichtler wie Steve Cunningham Fury am Boden, so daß nicht abzusehen ist, was dieser Pflichtherausforderer dem Weltmeister entgegenzusetzen hätte.

Natürlich kennt Fury auch in dieser Hinsicht die passende Antwort und meint, eine mentale Schwäche bei Klitschko ausgemacht zu haben. Das sei die Achillesferse des Champions, mehr brauche man nicht zu wissen, so der Brite. Nun hat der Weltmeister bei seinem letzten Auftritt Mitte November gegen Kubrat Pulew alles andere als mental geschwächt, sondern im Gegenteil offensiver und gefährlicher denn je gewirkt. Einmal angenommen, der Brite habe dennoch etwas entdeckt, was allen anderen entgangen ist, bliebe doch die Frage offen, was ihm das nützen sollte. Furys Problem sind die Treffer des Weltmeisters, die auch dann bei ihm einschlagen werden, sollte Klitschko aus unerfindlichen Gründen Angst vor ihm haben. [2]


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2014/12/tyson-fury-battles-christian-hammer-on-228-in-london-uk/#more-185988

[2] http://www.boxingnews24.com/2014/12/fury-i-want-stiverne-wilder-fight-if-i-dont-get-klitschko/#more-185920

26. Dezember 2014


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