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MELDUNG/1628: Volle Ränge im Madison Square Garden (SB)



Reges Interesse am Kampf zwischen Klitschko und Jennings

Die Titelverteidigung Wladimir Klitschkos gegen Bryant Jennings am 25. April im New Yorker Madison Square Garden stößt beim Publikum offenbar auf reges Interesse. Nach Angaben Dan Rafaels von ESPN waren binnen einer Stunde nach Beginn des Vorverkaufs bereits 5.000 Eintrittskarten abgesetzt. Wenngleich der in 19 Kämpfen ungeschlagene US-Amerikaner als klarer Außenseiter gilt, wollen augenscheinlich zahlreiche Fans an der Ostküste den Auftritt des 30jährigen vor Ort miterleben. Angesichts dieser lebhaften Nachfrage dürften die 20.789 Sitzplätze der Arena bald vergeben sein.

Berücksichtigt man, daß der wesentlich populärere Deontay Wilder für seinen Kampf gegen Bermane Stiverne am 17. Januar in der MGM Grand Garden Arena in Las Vegas nicht viel mehr als 4000 Eintrittskarten verkauft hat, mutet der Zuspruch beim Duell zwischen Klitschko und Jennings nachgerade erstaunlich an. Er habe großen Respekt vor diesem Herausforderer und dessen Errungenschaften, lobte der Ukrainer die Qualitäten seines Gegners. Jennings bewege sich gut im Ring und verfüge über eine solide Technik. Deshalb rechne er mit einer anspruchsvollen Auseinandersetzung, so der Weltmeister. [1]

Dennoch dürfte Bryant Jennings diese Aufgabe buchstäblich über den Kopf wachsen, da er nicht nur deutlich kleiner als Klitschko, sondern dem Titelverteidiger auch hinsichtlich der Schlagwirkung unterlegen ist. In Anbetracht dieses Mißverhältnisses gibt sich der Weltmeister beträchtliche Mühe, dem Herausforderer zumindest vor dem Kampf ein werbewirksames Profil zu geben: Sehe er, wie Bryant Jennings geht, Hände schüttelt und spricht, erkenne er darin die Qualitäten eines Rocky Balboa aus Philadelphia. De facto hat der Herausforderer jedoch so gut wie gar nichts mit dem von Sylvester Stallone verkörperten Balboa gemein, sieht man einmal von Philadelphia ab, das Klitschko bei seinem an den Haaren herbeigezogenen Vergleich bemüht, um das Ostküstenpublikum zu mobilisieren.

Für den Ukrainer stellt der an sich allenfalls durchschnittliche Kampf eine Gelegenheit dar, sich im Rahmen seines Vertrags über drei Auftritte mit dem Sender HBO wieder einmal den Zuschauern in den USA zu präsentieren. Dort gab er zuletzt im Jahr 2008 ein Gastspiel, als er ebenfalls im Madison Square Garden in einem Duell zweier Weltmeister Sultan Ibragimow nach Punkten besiegte, dabei aber nicht gerade Bäume ausriß. [2]

Unterdessen wartet mit Tyson Fury bereits der Pflichtherausforderer der WBO auf den Ukrainer. Der Promoter des Briten, Mick Hennessy, hält einen Kampf gegen seinen in 23 Auftritten ungeschlagenen Boxer im Sommer für möglich, wobei er ihn gerne in England austragen würde. Andererseits machte jüngst auch der 43 Jahre alte frühere Champion Shannon Briggs geltend, er wolle sich im September mit Klitschko messen. Hennessy ist jedoch zuversichtlich, daß Fury den Vorzug erhalten wird. Sollte der Ukrainer abgeneigt sein, werde es wohl zu einer Versteigerung der Austragungsrechte kommen, bei der Klitschko einsteigen müsse, wolle er seinen WBO-Titel behalten. Zuvor muß sich Tyson Fury aber noch am 28. Februar gegen Christian Hammer durchsetzen, der zwar an Nummer 3 der WBO-Rangliste geführt wird, aber dem Briten nicht allzu gefährlich werden dürfte.

Wie Hennessy erklärt, strebe Fury einen spektakulären Kampf an. Umgekehrt sei auch Klitschkos Team an dieser Option interessiert, weil sie die derzeit hochrangigste sei. Man werde das Duell austragen, wo es in finanzieller Hinsicht am meisten Sinn mache. Sofern die Börse stimme, werde der Titelverteidiger auch in England antreten. Dasselbe gilt freilich auch für Deutschland, wo Klitschko so populär ist, daß er jederzeit eine große Arena füllen kann. Außerdem dürfte ihm kaum der Sinn danach stehen, als Weltmeister vor dem heimischen Publikum des Herausforderers anzutreten, wo er möglicherweise auch gegen die Punktrichter kämpfen muß, sofern er den Gegner nicht vorzeitig auf die Bretter schickt.

Für Fury wäre es wohl ohnehin günstiger, zunächst gegen Deontay Wilder um den WBC-Gürtel zu kämpfen. Der US-Amerikaner macht aufgrund seiner Umgangsformen großen Eindruck auf das Publikum und gilt als sehr entgegenkommend beim Umgang mit den Medien, zumal er nicht wie andere Boxer nur bestimmten Journalisten Interviews gibt. Ein Kampf gegen den Briten ließe sich ausgezeichnet vermarkten und würde vermutlich in England noch mehr Zuschauer ziehen als eine Herausforderung Klitschkos.

Realistisch gesehen würde Fury in beiden Fällen vermutlich vorzeitig verlieren. Unterliegt er Klitschko, teilt er dieses Scheitern mit diversen anderen Kandidaten, so daß seine Reputation geringeren Schaden nähme als bei einer Niederlage gegen Wilder, der gerade erst Weltmeister geworden und noch auf dem Weg ist, sich dauerhaft an der Spitze zu etablieren. Aller Voraussicht nach steht dem Briten also im Laufe des Jahres der bislang einträglichste Zahltag ins Haus, an dem sein über relativ leichte Gegner und ein großes Mundwerk bewerkstelligter Aufstieg zum Titelaspiranten endet. [3] Für Wladimir Klitschko dürfte sich das Jahr 2015 in jeder Hinsicht auszahlen, da er mit Bryant Jennings, Tyson Fury, Deontay Wilder oder notfalls Shannon Briggs vorerst keinen Mangel an Kontrahenten hat, die dem Publikum hinlänglich bekannt sind und nicht erst mühsam beworben werden müssen.


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2015/02/klitschko-jennings-5000-tickets-sold-in-first-hour-of-being-on-sale/#more-187885

[2] http://www.boxingnews24.com/2015/02/wladimir-klitschko-compares-bryant-jennings-to-rocky-balboa/#more-187910

[3] http://www.boxingnews24.com/2015/02/tyson-furys-promote-sees-wladimir-agreeing-to-fight-in-uk-in-summer/#more-187874

6. Februar 2015


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