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MELDUNG/1718: Profiteur der deutsch-britischen Zusammenarbeit (SB)



Nathan Cleverly kehrt ins Halbschwergewicht zurück

Nathan Cleverly kehrt am 30. Mai im Vorprogramm des Titelkampfs zwischen Kell Brook und Frankie Gavin in den Ring zurück. Der frühere WBO-Weltmeister im Halbschwergewicht trifft in der Londoner O2 Arena in einem auf acht Runden angesetzten Kampf auf den Tschechen Tomas Man. Während der 28jährige Waliser 28 Auftritte gewonnen und zwei verloren hat, weist die Bilanz von dreizehn Siegen, acht Niederlagen und einem Unentschieden seinen zehn Jahre älteren Gegner als bloße Durchgangsstation aus. Cleverly will sich mit diesem Duell auf die Herausforderung des regulären WBA-Champions Jürgen Brähmer vorbereiten, der seinen Gürtel aller Voraussicht nach am 5. September in Deutschland gegen ihn verteidigt.

Der Waliser möchte die lange Wartezeit mit einem Auftritt überbrücken, der ihm Ringpraxis verschafft. Cleverly war zwischenzeitlich ins Cruisergewicht aufgestiegen, wo er drei Kämpfe bestritten hat. Er konnte sich gegen Shawn Corbin und Alejandro Emilio Valori durchsetzen, mußte sich aber im November 2014 seinem britischen Landsmann Tony Bellew geschlagen geben. Wie diese Niederlage gegen einen Kontrahenten zeigte, der keineswegs zu den führenden Akteuren dieser Gewichtsklasse gehört, war der Waliser dort schlichtweg überfordert. Wäre er im Cruisergewicht geblieben, hätte er keine Zukunft gehabt und mit weiteren Rückschlägen rechnen müssen. Dasselbe dürfte auch für Bellew gelten, der bislang keine allzu gefährlichen Gegner vor die Fäuste bekommen hat und voraussichtlich an den führenden Vertretern dieses stark besetzten Limits scheitern wird.

Für seine Rückkehr ins Halbschwergewicht hat sich Nathan Cleverly einen Gegner ausgesucht, der wesentlich kleiner ist, aber in den letzten beiden Jahren elf Kontrahenten in Folge besiegen konnte. Tomas Man hatte seine Profilaufbahn mit einer desaströsen Bilanz von acht Niederlagen in den ersten elf Kämpfen begonnen, dann aber das Ruder herumgerissen und sich seither durchgesetzt. Dennoch gilt er als klarer Außenseiter und stellt keine nennenswerte Gefahr für den Waliser dar, der freilich versuchen wird, sich nicht lange hinhalten zu lassen und eine frühe Entscheidung herbeizuführen. Das sollte im Bereich des Möglichen liegen, zumal der Tscheche schon drei Auftritte in der Anfangsphase verloren hat.

Cleverly zeichnet keine besondere Schlagwirkung aus, so daß er auf der Hut sein muß, sich nicht vergeblich an diesem Gegner abzuarbeiten und auf die Dauer Konditionsprobleme zu bekommen. Wenngleich eine Niederlage gegen Man höchst unwahrscheinlich ist, geht es dem Waliser doch nicht zuletzt darum, mit einer überzeugenden Vorstellung skeptischen Einwänden das Wasser abzugraben, er habe den Titelkampf gegen Brähmer nicht verdient.

Wie der Waliser in einem Kurzinterview mitteilte, freue er sich auf seine Rückkehr in die angestammte Gewichtsklasse. Es gehe ihm dabei vor allem darum sicherzustellen, daß er dieses Limit ohne größere Probleme einhalten und in einer guten körperlichen Verfassung antreten kann. Sobald er diese Aufgabe bewältigt habe, könne er sich voll und ganz auf das große Ziel konzentrieren, Brähmer im Herbst herauszufordern. [1]

Wenngleich noch nicht mit letzter Sicherheit feststeht, daß es zu diesem Titelkampf kommen wird, hat der Waliser doch beste Aussichten. Er kann allerdings von Glück reden, diese Chance trotz der Niederlage gegen Bellew zu bekommen. Cleverly wird derzeit nicht einmal mehr unter den Top 15 im Halbschwergewicht geführt, so daß Brähmers Promoter Sauerland Event wohl seinen Einfluß beim Verband WBA ins Spiel bringen muß, damit dieser Herausforderer akzeptiert wird. Es gibt in dieser Gewichtsklasse zweifellos stärkere Kandidaten wie insbesondere Artur Beterbijew oder auch Eleider Alvarez, doch ist Nathan Cleverly zumindest in Europa besser als diese beiden bekannt, so daß er sich zusammen mit Jürgen Brähmer recht gut vermarkten lassen sollte.

Mit dem Team Sauerland und Matchroom Boxing arbeiten die beiden größten Promoter Europas schon seit geraumer Zeit eng zusammen. So veranstalteten sie im Mai 2013 in der ausverkauften Londoner O2 Arena die vielbeachtete Revanche zwischen dem Briten Carl Froch und dem Dänen Mikkel Kessler im Supermittelgewicht. 2014 brach der zweite Kampf zwischen dem inzwischen bei Sauerland unter Vertrag stehenden George Groves und dem Weltmeister Carl Froch alle Rekorde - mehr als 80.000 Zuschauer wurden im Wembley-Stadion Zeuge dieses Duells der beiden britischen Erzrivalen. Die erste Veranstaltung Sauerlands in England im September 2014 wurde gleichermaßen von Matchroom Boxing unterstützt. Paul Smith, der gegen den WBO-Champion Arthur Abraham zweimal in Folge verloren hat, steht ebenfalls bei Eddie Hearn unter Vertrag.

Im Februar 2015 schlossen Sauerland Event und Matchroom Boxing einen weitreichenden Kooperationsvertrag. Während fortan die deutschen Veranstaltungen wie auch die "Nordic Fight Nights" aus Dänemark von Sky Sports in England gezeigt werden, kann die ProSiebenSat.1-Gruppe unter der Marke "ran Boxen" bis zu 20 Veranstaltungen von Matchroom Boxing auf ihren Plattformen Sat.1, ran.de und maxdome übertragen. Auf diese Weise erreichen die Auftritte Arthur Abrahams, Jürgen Brähmers und anderer Sauerland-Boxer ein Millionenpublikum auf der Insel, was umgekehrt auch für namhafte Akteure wie Carl Froch, Kell Brook, James DeGale, Tony Bellew, Nathan Cleverly, Ricky Burns, Lee Selby und Anthony Joshua in Deutschland gilt.


Fußnote:

[1] http://www.boxingnews24.com/2015/05/nathan-cleverly-vs-tomas-man-on-saturday-at-o2-arena-london-uk/#more-193763

28. Mai 2015


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