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MELDUNG/1761: Dank eines kubanischen Trainers wie neugeboren (SB)



Beibut Schumenow lektioniert BJ Flores

Der in Las Vegas lebende Kasache Beibut Schumenow war von 2010 bis 2013 zunächst Weltmeister und dann Superchampion der WBA im Halbschwergewicht. In der Vergangenheit trug er seine Kämpfe oftmals ohne Trainer aus, so auch bei der Niederlage gegen Bernard Hopkins am 19. April 2014, der dabei die Titel der Verbände IBF und WBA vereinigte. Um seiner Gewichtsprobleme Herr zu werden, stieg Schumenow ins Cruisergewicht auf. Inzwischen wird er von dem Kubaner Ismael Salas trainiert, unter dessen Regie er als relativ leichter Boxer in dieser Gewichtsklasse vor allem seine technischen Fertigkeiten verbesserte und seinen Stil umstellte. Die Früchte dieser erfolgreichen Zusammenarbeit konnte der Kasache bereits in ihrem zweiten gemeinsamen Auftritt ernten, der im Palms Hotel & Casino in Las Vegas über die Bühne ging.

Dort traf Beibut Schumenow im Kampf um den vakanten Interimstitel der WBA im Cruisergewicht auf den Veteranen BJ Flores, der seit zwölf Jahren im Profigeschäft mitmischt und fast doppelt so oft im Ring gestanden hat wie er. Die Zuschauer vor Ort und bei "Premier Boxing Champions" auf NBC bekamen ein Duell mit klar verteilten Rollen zu sehen. Schumenow boxte auf der Außenbahn, umkreiste den Gegner und punktete mit schnellen Schlägen, während der körperlich überlegene Flores auf Konter und schwere Einzeltreffer setzte. Während letzterer in den mittleren Runden die bessere Figur machte und den Kasachen unter Druck setzte, gewann dieser in den letzten vier Durchgängen die Oberhand, indem er seine Schlagfrequenz erhöhte und den Gegner geschickt ausmanövrierte. In der zwölften Runde taumelte Schumenow nach einem schweren Körpertreffer in die Seile, doch sprach die größere Aktivität auch in der Schlußphase für ihn.

Nun wartete man gespannt auf die Wertung der Punktrichter, die dann doch klar zugunsten Schumenows ausfiel (116:112, 116:112, 116:112). Den Zuschauern behagte das nicht, da sie offenbar die wuchtigeren Treffer von Flores favorisierten, und so quittierten sie das Ergebnis mit lautstarken Mißfallensäußerungen. Ein Fehlurteil war es aber nicht, da BJ Flores trotz seiner langjährigen Erfahrung kein Mittel gefunden hatte, dem ständig ausweichenden Gegner den Weg abzuschneiden und ihn zu stellen.

Schumenow hatte die Taktik konsequent umgesetzt, sich nach jedem gelungenen Treffer sofort zu entziehen und den langsameren Gegner ins Leere schlagen zu lassen. So gab die überlegene Schnelligkeit und Mobilität den Ausschlag, da der wie ein Schwergewichtler wirkende Flores nur zum Zuge kam, wenn der kleinere Kontrahent direkt vor ihm stehenblieb, was freilich nur selten der Fall war. Der 31jährige Beibut Schumenow verbesserte seine Bilanz auf 16 gewonnene und zwei verlorene Auftritte, während der fünf Jahre ältere BJ Flores nun 30 Siege, zwei Niederlagen sowie ein Unentschieden vorzuweisen hat.

Flores beklagte sich nach seiner Niederlage bitter über die Kampfesweise des Gegners. Er kenne Schumenow als aggressiven Boxer, der stets nach vorn marschiere. An diesem Abend sei er jedoch unentwegt weggelaufen und habe schon deshalb den Sieg nicht verdient. Während seine eigenen Treffer den Kasachen sichtlich erschüttert hätten, habe er dessen Schläge kaum gespürt. Das Format "Premier Boxing Champions" sollte Akteuren vorbehalten sein, die tatsächlich kämpfen wollten. Wäre Schumenow stehengeblieben, hätte der Kampf nicht länger als sechs Runden gedauert. Wie solle man einen solchen Gegner stellen, der den Schlagabtausch nicht einmal ansatzweise suche!

Für BJ Flores, der sich in den letzten Jahren vor allem als Kommentator für NBC und NBCSN einen Namen gemacht hat, sieht es nach der Niederlage im bislang wichtigsten Kampf seiner Karriere nicht gerade rosig aus. Er gab sich lange mit zweitklassigen Gegnern wie Kevin Engel, Anthony Caputo Smith, Adam Collins, David McNemar und Hugo Pineda ab, statt sich starken Rivalen wie Rachim Tschachkijew, Ola Afolabi, Thabiso Mchunu oder Dimitri Kudriaschow zu stellen. So blieb er im Niemandsland der Mittelmäßigkeit stecken, aus dem er sich nun auch in Las Vegas nicht befreien konnte.

Hingegen wirkte Beibut Schumenow in seinem zweiten Kampf im Cruisergewicht wie verwandelt, da ihn Ismael Salas erfolgreich auf die veränderten Voraussetzungen im höheren Limit umgestellt hatte. Wie der Kasache erklärte, habe er natürlich um die Stärken dieses Gegners gewußt. Flores habe auf die Gelegenheit gewartet, einen Niederschlag herbeizuführen. Ihn auszuboxen und fleißig Punkte zu sammeln, sei die optimale Vorgehensweise gewesen.

Ismael sei der beste Trainer der Welt, der ihm bei jeder Trainingseinheit etwas Neues beibringe. Deshalb befinde er sich nach wie vor in einem Lernprozeß und fasse Boxen als eine Kunst, nicht aber als einen Gladiatorenkampf auf. Man nutze Geschicklichkeit, Position, Fußarbeit und wechselnde Angriffsvektoren, um zum Erfolg zu kommen. Es gehe im Ring nicht darum, zu töten oder getötet zu werden. [1]

Durch den Gewinn des Interimstitels hat sich Beibut Schumenow eine optimale Ausgangsposition geschaffen, gegen den WBA-Weltmeister Denis Lebedew anzutreten. Dies wäre zweifellos ein attraktiver Kampf, in dem der Kasache erneut vor der Aufgabe stünde, einem erfahrenen und schlagstarken Gegner Paroli zu bieten, der allerdings noch gefährlicher als DJ Flores einzuschätzen ist.


Fußnote:

[1] http://espn.go.com/boxing/story/_/id/13320445/beibut-shumenov-defeats-bj-flores-capture-vacant-interim-cruiserweight-title

29. Juli 2015


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