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MELDUNG/1809: Fahrt ohne Wiederkehr? (SB)



Floyd Mayweather erklärt seinen Abschied für unwiderruflich

Da sich der Schwur eines Boxers, er habe die Handschuhe endgültig an den Nagel gehängt und werde sich künftig ausschließlich um seine Familie wie auch eine zweite Karriere kümmern, nicht selten als kurzlebig erwiesen hat, sind auch die folgenden Aussagen mit dem gebotenen Restzweifel zu genießen. Das gilt um so mehr, als es sich im vorliegenden Fall um Floyd Mayweather jun. handelt, der seine Person bis in kleinste Äußerungen, Gesten und Hinweise hinein strategisch inszeniert und äußerst erfolgreich vermarktet. Angesichts dieser geradezu neofeudalen Manier fühlt man sich an die Hofhaltung eines absolutistischen Monarchen erinnert, dem die untereinander erbittert konkurrierende Heerschar der Günstlinge und Karrieristen jedes Wort von den Lippen abliest und eilfertig auslegt. Ob der Sonnenkönig des Boxsports also verkündet, was er tatsächlich zu tun beliebt, oder vielleicht doch eine falsche Spur legt, damit seine unverhoffte Rückkehr desto triumphaler und einträglicher ausfällt, muß sich erst noch erweisen.

Mayweather, der nicht nur selber boxt, sondern sich in seiner Eigenschaft als Experte und Promoter bisweilen auch Kämpfe anderer Akteure ansieht, saß im Pearl Theater von Las Vegas unweit des Rings, als Javier Fortuna den Titel des regulären WBA-Weltmeisters im Superfedergewicht gegen Carlos Ivan Velasquez verteidigte. Wie er auf die obligatorische Frage nach seinem Rücktritt erwiderte, sei er auf der anderen Seite glücklich und werde nicht zurückkehren. An mangelnden Finanzen sollte sein endgültiger Abschied nicht scheitern, hat er doch im Rahmen seines Vertrags über sechs Kämpfe mit dem Sender Showtime in den letzten Jahren spektakuläre Einkünfte erzielt, die seinen Rang als weltweit bestverdienender Profisportler unterfütterten. Ob es der inzwischen 38jährige jemals schafft, den sagenhaften Reichtum durch seinen bekanntermaßen verschwenderischen Lebensstil aufzuzehren, ist eine weitere offene Frage, die sich um seine Person rankt.

Was jedoch die nahe Zukunft betrifft, dürfte Mayweathers erneute Absage an eine Rückkehr in den Ring insbesondere Manny Pacquiaos Fans düster stimmen. Viele hoffen nach wie vor, daß der Philippiner 2006 die Gelegenheit bekommt, sich für die klare Niederlage gegen Mayweather zu revanchieren. Sie führen das Scheitern ihres Favoriten vor allem auf seine Schulterverletzung zurück und beharren darauf, daß der "Kampf des Jahrhunderts" am 2. Mai 2015 in Las Vegas anders ausgegangen wäre, hätte sich Pacquiao im Vollbesitz seiner Kräfte befunden. Kommt es zu keinem Rückkampf mehr, wird der Streit um die Gründe der deprimierenden Niederlage des Philippiners den Boxsport wohl auf ewig begleiten.

Viele Fans und Experten können sich jedoch nicht vorstellen, daß sich Floyd Mayweather einen weiteren gigantischen Zahltag entgehen läßt. Beim ersten Aufeinandertreffen der langjährigen Erzrivalen im Mai hat er eigenen Angaben zufolge rund 300 Millionen Dollar verdient. Demgegenüber nahmen sich die garantierten 30 Millionen bei seinem mutmaßlichen Abschiedskampf gegen Andre Berto am 12. September zumindest für seine Verhältnisse fast schon bescheiden aus. Soviel Geld würde zahllosen anderen Menschen ein Leben lang reichen, die sich allerdings auch nicht wie Mayweather eine Flotte von Autos der Luxusklasse anschaffen, die pro Stück durchaus über eine Million Dollar kosten können und vom Zeitpunkt des Erwerbs an selbst dann an Wert verlieren dürften, wenn sie kaum oder gar nicht benutzt werden. Sollte Mayweather sie Jahr für Jahr gegen neue austauschen, könnte man vielleicht sogar ausrechnen, wann er sein Vermögen durchgebracht hat. Daß er in diesem vorerst fiktiven Fall für ein Comeback noch nicht zu alt wäre, ist allerdings kaum anzunehmen. Davon angesehen ist er Geschäftsmann genug, um sich als Marke auch auf anderen Gebieten einträglich zu betätigen.

Sollte er seine Karriere doch fortsetzen, herrschte an attraktiven Gegnern kein Mangel: Neben dem bereits genannten Manny Pacquiao stünden Miguel Cotto, Saul "Canelo" Alvarez, Gennadi Golowkin, Danny Garcia, Amir Khan, Keith Thurman und Shawn Porter Gewehr bei Fuß, um sich mit ihm zu messen und dabei mehr Geld als je zuvor in ihrer Laufbahn einzustreichen.

Mayweather hat sich in jüngerer Zeit vernünftigerweise Sorgen um seine Gesundheit gemacht, da er seine Millionen nicht mit körperlichen Gebrechen bezahlen möchte. Daher wäre er klug beraten, trotz seiner überragenden Fähigkeit, jeden Gegner auszumanövrieren, die Boxhandschuhe am Nagel hängen zu lassen. Früher oder später würden ihm jüngere Rivalen doch jene Schläge verpassen, von denen es später heißen könnte, es seien zu viele gewesen. Natürlich könnte er sich leichte Gegner wie zuletzt Berto oder vielleicht Robert Guerrero aussuchen, die ihm keine Probleme bereiten würden. Und wahrscheinlich wären die Sender Showtime oder HBO auch sofort bereit, ihm seinen Willen zu lassen. Floyd Mayweather mußte jedoch nach dem wegen der Schwäche Pacquiaos enttäuschenden Kampf im Frühjahr und dem unspektakulären Abgang gegen Andre Berto derart harsche Kritik einstecken, daß dies für ihn keine ernsthafte Option sein dürfte. [1]


Fußnote:

[1] http://www.boxingnews24.com/2015/09/mayweather-im-not-coming-back/#more-199726

2. Oktober 2015


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