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MELDUNG/1903: Tragisches Ende einer vielversprechenden Karriere (SB)



Thomas Oosthuizen fällt aufgrund persönlicher Probleme aus

Jürgen Brähmer, der den Titel des regulären WBA-Weltmeisters im Halbschwergewicht am 12. März im Neubrandenburger Jahnsportforum freiwillig gegen Thomas Oosthuizen verteidigen wollte, muß sich einen neuen Gegner suchen. Der Kampf sollte ursprünglich bereits im November stattfinden, mußte aber wegen einer Trainingsverletzung des Schweriners verschoben werden, der nun hofft, daß sein Promoter Sauerland Event in der Kürze der verbliebenen Zeit einen passablen Ersatz ausfindig macht. Der ungeschlagene Südafrikaner, dessen Bilanz 25 Siege und zwei Unentschieden aufweist, schien ein recht attraktiver Kontrahent zu sein, zumal ihn der Verband an Nummer neun seiner Rangliste führt. Nun hat sich überraschend herausgestellt, daß der 27jährige derzeit aufgrund persönlicher Probleme nicht in der Lage ist, sich auf den Kampf vorzubereiten.

Wie Oosthuizens Promoter Rodney Berman von Golden Gloves mitgeteilt hat, hinderten Probleme mit Alkohol und anderen Drogen den Boxer daran, diese Titelchance wahrzunehmen. Man müsse von einer sportlichen Tragödie sprechen, da der Halbschwergewichtler zweifellos talentiert und technisch versiert sei, jedoch bedauerlicherweise dem Mißbrauch von Alkohol und Drogen seinen Tribut zahlen müsse. Nach einer Phase gewissenhafter Vorbereitung auf den Kampf habe er sich plötzlich unerlaubt aus dem Trainingslager entfernt. Dies werde sich als Sargnagel für Oosthuizens Karriere erweisen, da er als Boxer am Ende sei und absehbar keine anderen Kämpfe mehr bekommen könne. Leider sei es soweit gekommen, daß ihn Hilfe nicht mehr erreichen könne und viele Menschen in seiner Umgebung tief enttäuscht seien, so Berman. Es sei seine Pflicht gewesen, die World Boxing Association von dieser Situation in Kenntnis zu setzen, die nicht unter den Teppich gekehrt werden dürfe. Schließlich gebe es genug andere Boxer, die eine Chance tatsächlich verdienten, den Weltmeister herauszufordern.

Laut Oosthuizens Trainer Harold Volbrecht ist ihm die Problematik dieses Boxers bereits geraume Zeit bekannt. Er habe seinen Schützling mehr als einmal aus einer Bar schleppen, auf einer Polizeiwache auslösen oder aus Straßenkämpfen zerren müssen. Zusammen mit seiner Frau habe er schon so lange versucht, ihn auf dem rechten Weg zu halten, täglich nach ihm gesehen und all die Dinge übernommen, die eigentlich seine Eltern für ihn tun müßten. Doch kaum sei es einige Zeit gutgegangen, habe Thomas wieder über die Stränge geschlagen. Er hätte es in der Hand gehabt, zu einem der bedeutendsten Boxer Südafrikas aufzusteigen, doch nun habe er alles weggeworfen. [1]

Team Sauerland hat den Kampf gegen Oosthuizen nach Erhalt der Nachricht offiziell abgesagt und zugleich angekündigt, man werde nichts unversucht lassen, einen anderen angemessenen Herausforderer zu finden. Man könne unter verschiedenen Optionen auswählen und sei zuversichtlich, einen geeigneten Gegner finden und am 12. März einen qualitativ hochwertigen Titelkampf in Neubrandenburg präsentieren zu können.

Der 37 Jahre alte Brähmer hat bislang 47 Kämpfe gewonnen und zwei verloren. Bei seiner sechsten Titelverteidigung kehrt der Rechtsausleger in jene Arena zurück, in der er im Dezember 2013 durch einen einstimmigen Punktsieg über den US-Amerikaner Marcus Oliveira den vakanten Gürtel gewonnen hatte. Seither hat er sich gegen Enzo Maccarinelli, Roberto Feliciano Bolonti, Pawel Glazewski, Robin Krasniqi und Konni Konrad durchgesetzt. Thomas Oosthuizen hätte recht gut in diese Reihe gepaßt, da er in seinen Kämpfen gegen Brandon Gonzales, Rowland Bryant, Denis Gratschew, Ryno Liebenburg und Robert Berridge keinen überragenden Eindruck hinterließ. Nach seinem Unentschieden gegen Gonzalez im Jahr 2013 fehlte es nicht an Kritikern, die seinen Gegner in Führung gesehen hatten. Ähnlich verhielt es sich nach seinem Kampf gegen Liebenburg im März 2015, als ihm der Sieg umstritten nach Punkten zugesprochen worden war.

Brähmer hat seine Titel durchweg gegen nicht allzu gefährliche Herausforderer verteidigt und namhafte Kontrahenten wie Artur Beterbijew, Sullivan Barrera, Andrzej Fonfara, Yunieski Gonzalez, Eleider Alvarez, Jean Pascal oder Wjatscheslaw Schabranski ausgespart. Demgegenüber findet man eine ganze Reihe potentieller Herausforderer wie beispielsweise Mirco Ricci, Azea Augustama, Mehdi Amar oder Enrico Kölling, die dem Niveau seiner bisherigen Gegner entsprechen und ihm nicht gewachsen sei dürften. Der Schweriner rangiert als sogenannter regulärer Weltmeister der WBA im Halbschwergewicht eine Stufe unter deren Superchampion Sergej Kowaljow, der zudem die Titel der Verbände WBO und IBF in seinem Besitz hat. Champion des WBC ist der Kanadier Adonis Stevenson, der wie Kowaljow in einer anderen Liga als Brähmer boxt. [2]

Ähnlich wie Arthur Abraham, der WBO-Weltmeister im Supermittelgewicht, wird auch Jürgen Brähmer von ihrem gemeinsamen Promoter Sauerland Event bislang auf einem Nebengleis in Fahrt gehalten. Natürlich könnte der Schweriner auf einen Schlag viel Geld verdienen, stiege er mit den populärsten Kontrahenten wie Kowaljow, Stevenson oder Pascal in den Ring. Gegen sie hätte er jedoch aller Voraussicht nach recht wenig zu bestellen, was die Strategie durchaus plausibel erscheinen läßt, die einheimischen Weltmeister vor hiesigem Publikum zu pflegen, das seine Freude an ihnen hat.


Fußnoten:

[1] http://espn.go.com/boxing/story/_/id/14702470/drug-alcohol-abuse-forces-thomas-oosthuizen-march-12-bout

[2] http://www.boxingnews24.com/2016/02/juergen-braehmer-vs-thomas-oosthuizen-fight-off/#more-204966

5. Februar 2016


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