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MELDUNG/2090: Prestigekampf in Brooklyn (SB)



Kräftemessen der Weltmeister Badou Jack und James DeGale

Am 14. Januar treffen die Weltmeister Badou Jack (WBC) und James DeGale (IBF) im Supermittelgewicht aufeinander, um die Titel zusammenzuführen. Der Kampf geht im Barclays Center in Brooklyn über die Bühne und wird vom Sender Showtime übertragen. Der 32jährige in Las Vegas lebende Schwede Jack hat 20 Siege, eine Niederlage sowie zwei Unentschieden vorzuweisen und steht bei den Mayweather Promotions unter Vertrag. Der zwei Jahre jüngere Brite hat 23 Auftritte gewonnen und einen verloren. Beide standen zuletzt Anfang Mai im Ring, als sie im Rahmen derselben Veranstaltung in Washington DC auftraten. Badou Jack setzte sich damals hauchdünn nach Punkten gegen den früheren Champion Lucian Bute aus Kanada durch, James DeGale behielt gegen den Mexikaner Rogelio Medina ebenfalls nach Punkten die Oberhand. Keiner der beiden Weltmeister konnte an diesem Abend überzeugen, doch stand damit ihrem ursprünglich für Herbst 2016 geplanten Duell nichts mehr im Wege.

Hinsichtlich der Erklärung, warum es dann doch erheblich länger gedauert hat, bis der Kampf zustande kam, gehen die Meinungen auseinander. DeGale sieht die Schuld bei Jack, der seines Erachtens lange gezögert habe, ob er dieses Wagnis eingehen solle. Das weist der Schwede als völligen Unsinn zurück. Er habe im Gegenteil seinen Promoter immer wieder bekniet, ihm ein Datum zu nennen. Jedenfalls führte die lange Wartezeit dazu, daß über die Medien viele fruchtlose Worte gewechselt wurden, und man froh sein kann, daß endlich Nägel mit Köpfen gemacht werden.

Wenngleich James DeGale der Auffassung ist, in diesem Kampf werde geklärt, wer der beste Boxer im Supermittelgewicht sei, kann man dem schwerlich zustimmen. Wollte man die Frage der Vorherrschaft in dieser Gewichtsklasse zweifelsfrei klären, müßte sich der Sieger mit Callum Smith messen. Wer dabei die Oberhand behält, hätte sich mit George Groves oder Fedor Tschudinow auseinanderzusetzen, die in Kürze aufeinandertreffen. Und wäre das erledigt, bliebe als letzte Hürde der WBO-Champion Gilberto Ramirez aus Mexiko, der bei Bob Arum unter Vertrag steht. Da keiner der genannten Akteure die Konkurrenz in den Schatten stellt, wäre alles andere pure Spekulation.

Das Supermittelgewicht ist derzeit keine besonders aufregende Gewichtsklasse, und das gilt auch für Badou Jack und James DeGale, die während ihrer langen Abwesenheit nicht gerade schmerzlich vermißt wurden. Man kann dem Briten zugute halten, daß er den Titel in Boston im Kampf gegen Andre Dirrell gewonnen, ihn in Montreal gegen Lucian Bute erstmals erfolgreich verteidigt und dann in Washington DC auch gegen Rogelio Medina behalten hat, also in allen drei Fällen vor fremdem Publikum aufgetreten ist. Gegen Bute bot DeGale anfangs eine ausgezeichnete Leistung und legte los wie die Feuerwehr, doch ließ er in zweiten Hälfte des Kampfs nach, so daß sich der Lokalmatador immer besser in Szene setzen konnte. Noch deutlicher zeichnete sich gegen Medina ab, daß der Brite langsamer auf den Beinen geworden ist und recht häufig an den Seilen lehnte, um sich auszuruhen und auf Konterchancen zu lauern.

Vergleicht man diese Auftritte mit alten Aufnahmen aus seiner Zeit als Olympiaboxer, drängt sich der Verdacht auf, daß DeGale sichtlich zu altern beginnt und konditionell haushalten muß. Offenbar kann er seine Kämpfe nicht mehr in der Ringmitte gestalten, sondern in jeder Runde nur noch für eine kurze Frist mit hohem Tempo boxen. Das ist auch insofern bedauerlich, als DeGale viele Jahre gebraucht hat, um endlich Weltmeister zu werden, und schon wieder abzubauen scheint, ohne daß man von einer Ära auf der Höhe seines Könnens sprechen könnte.

Daß weder James DeGale noch Badou Jack sonderlich populär sind, hängt einerseits mit ihren begrenzten Fähigkeiten zusammen, sich in der Öffentlichkeit zu präsentieren, vor allem aber auch mit ihrer langen Abwesenheit. Gennadi Golowkin, der freilich ein mitreißender Kämpfer ist und alle Gegner vorzeitig besiegt, hatte in den USA anfangs überhaupt keine Fangemeinde wie beispielsweise mexikanische, puertoricanische, irische oder eben US-amerikanische Boxer. Dennoch hat er sich mit seinem Können im Ring, aber auch häufigen Auftritten einen Namen beim Publikum gemacht, der heute in aller Munde ist. Zwar hat DeGale auch den Kasachen als möglichen Gegner genannt, für den er sogar ins Mittelgewicht herunterkommen würde, doch übersieht er dabei nicht zuletzt, daß er für Golowkin nicht nur in sportlicher, sondern auch in finanzieller Hinsicht kein attraktiver Gegner wäre.

Obgleich Badou Jack und James DeGale in etwa gleichwertig einzuschätzen sind, ist dem Schweden eher zuzutrauen, zwölf Runden lang auf den Kontrahenten loszugehen und einen Arbeitssieg zu erzwingen. Der WBC-Weltmeister ist kein technisch überragender Boxer, aber ein beherzter und fleißiger Kämpfer, der aus seinem begrenzten Talent das Beste macht und den Zuschauern etwas für ihr Geld zu bieten versucht. Das kann man von dem Briten nicht sagen, der schon bei seinem überraschenden Sieg über den favorisierten Andre Dirrell gerade so viel gemacht hat, daß ihm die Punktrichter mehr Runden als dem US-Amerikaner zusprachen. Sollte er auch im Kampf mit Badou Jack an seine konditionellen Grenzen stoßen, müßte er seine ambitionierten Zukunftspläne zu Grabe tragen. [1]


Fußnote:

[1] http://www.boxingnews24.com/2017/01/james-degale-vs-badou-jack-next-saturday/#more-224607

9. Januar 2017


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