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MELDUNG/2187: Nun sollten Worten endlich Taten folgen (SB)



Chris Eubank macht kurzen Prozeß mit Avni Yildirim

Chris Eubank jun. hat im Rahmen der World Boxing Super Series kurzen Prozeß mit seinem unerfahrenen Turniergegner Avni Yildirim gemacht und den Türken bereits in der dritten Runde besiegt. Der 28jährige Brite setzte sich in Stuttgart dank seiner technischen Überlegenheit durch und baute seine Bilanz auf 26 Siege sowie eine Niederlage aus. Sein zwei Jahre jüngerer Gegner mußte sich nach 16 Erfolgen erstmals geschlagen geben. Gleich in der ersten Runde sank der von Promoter Ahmet Öner ins Rennen geschickte Außenseiter nach einem Uppercut auf ein Knie, worauf er wieder hochkam und stehend angezählt wurde. Er konnte den Kampf jedoch fortsetzen und machte im zweiten Durchgang eine bessere Figur, da er nun mit dem Jab zunehmend die passende Distanz fand. Als er den Favoriten in der dritten Runde sogar an die Seile drängte, folgte freilich der Konter auf dem Fuße. Der Brite deckte Yildirim mit einem Hagel von Schlägen ein, so daß dieser in die Ringmitte zurückwich. Dort mußte der Türke fünf weitere Treffer hinnehmen, bis ihn schließlich ein linker Haken zu Boden gehen ließ.

Der Referee erklärte den Kampf sofort für beendet, was offenbar viele Zuschauer für eine vorschnelle Entscheidung hielten und dementsprechend mißbilligten. Sie war dennoch angemessen, da Yildirim zwar anschließend wieder allein auf die Beine kam, aber leicht schwankend in seine Ecke zurückkehrte. Er hätte vielleicht für kurze Zeit weitermachen können, dabei aber zweifellos zahlreiche weitere Schläge eingesteckt und womöglich Verletzungen davongetragen. Davor bewahrte ihn der Ringrichter, als er nach 1:58 Minuten der dritten Runde den Schlußstrich zog. [1] Damit hatte Chris Eubank überzeugend die Oberhand behalten, wobei man jedoch nicht außer acht lassen darf, daß sich die boxerischen Mittel seines Gegners in Grenzen hielten. Der Türke schlug nicht in hoher Frequenz zurück, doch wenn er mit einem seiner wuchtigen Schläge traf, schien das den Briten zu beeindrucken, um dessen Nehmerqualitäten es wohl nicht zum besten bestellt ist. [2]

Der jüngere Eubank ist Weltmeister des kleinen Verbands IBO im Supermittelgewicht und im Turnier an Nummer drei gesetzt. Er hatte nach dem Sieg über Arthur Abraham in einer Qualifikation den Türken als Gegner für das Viertelfinale ausgesucht, da er zu Recht davon ausging, ihn handhaben zu können. Kaum war diese Aufgabe bewältigt als Eubank auch schon wieder große Töne spuckte. Er trifft im Halbfinale höchstwahrscheinlich auf seinen britischen Landsmann George Groves, den Weltmeister der WBA, der es am kommenden Wochenende in der Londoner Wembley Arena mit Jamie Cox zu tun bekommt. Auch dabei dürften die Rollen von vornherein so eindeutig verteilt sein, daß ein Erfolg des Außenseiters höchst überraschend wäre. Da Eubank im Halbfinale auf den Sieger dieses Kampfs trifft, rief er Groves dazu auf, nur ja nicht über Cox zu stolpern.

Wie Chris Eubank verkündete, sei er gekommen, um das Turnier zu dominieren. Er sende eine Botschaft an alle und insbesondere George Groves, dafür zu sorgen, daß ihrem Kampf im Januar, den die britische Öffentlichkeit und die Boxfans in aller Welt sehen wollten, nichts in die Quere komme. Groves werde es nicht anders ergehen als Yildirim, so Eubank vollmundig. Er spiele nicht mehr mit seinen Gegnern, sondern schicke sie auf die Bretter. [3] Schon seit einigen Jahren versuche er, einen Kampf gegen Groves zu bekommen, der einen guten Namen und einen Titel habe. Man habe eine gemeinsame Geschichte und werde den Wunsch der Fans erfüllen, die Sache ein für allemal zu klären. Seine Landsleute James DeGale oder Billy Joe Saunders gingen ihm aus dem Weg, aber George Groves habe nun einmal den Vertrag für das Turnier unterschrieben und daher keine andere Wahl, als sich mit ihm zu messen, sofern er seinen Kampf gegen Cox gewinne.

Eubank jun. stellt die Dinge so offensichtlich auf den Kopf, daß seine Tiraden eher peinlich anmuten. Der Brite hätte gegen Gennadi Golowkin antreten können, der damit einverstanden war, suchte aber das Weite und wendete sich relativ schwachen einheimischen Kontrahenten zu. Daß er tatsächlich ernsthaft versucht hat, an George Groves heranzukommen, darf wohl bezweifelt werden. Und was Billy Joe Saunders betrifft, der ihm die bislang einzige Niederlage beigebracht hat, versuchte dieser samt seinem Promoter vergeblich, Eubank zu einer Revanche in den Ring zu bekommen. Deshalb kann man vermuten, daß es im Falle James DeGales genauso gelaufen ist.

Natürlich ist Eubank die wachsende Kritik an seiner Person nicht verborgen geblieben und so erklärte er in der ihm eigenen Überheblichkeit, Löwen sei es absolut gleichgültig, was Schafe über sie dächten. Kritiker aus der Sofaecke könnten ihm vorwerfen, was sie wollten, und behaupten, er habe keinen Dampf in den Fäusten. Er habe ihnen nichts zu beweisen, sondern steige in den Ring, um den Boxfans zu geben, was sie sehen wollten, nämlich aufregende Kämpfe. Ob es ein Niederschlag, ein Abbruch oder ein Punktsieg sei, er gebe stets volle 100 Prozent. Mehr könne man nicht verlangen.

Daß er insbesondere für die Auswahl seiner Gegner kritisiert worden ist, unterschlägt Eubank geflissentlich. Er hat seit der Niederlage gegen Billy Joe Saunders im Jahr 2014 überwiegend gegen einheimische Kontrahenten wie Gary O'Sullivan oder Ausländer vom Schlage Dmitri Tschudinows und nun Avni Yildirims gekämpft, womit auch schon die besten Akteure aus dem Kreis der insgesamt nicht allzu gefährlichen Widersacher genannt sind. Statt sich im Mittelgewicht mit Gennadi Golowkin oder Daniel Jacobs zu messen, wanderte Eubank zuletzt ins Supermittelgewicht ab, um sich dort den relativ unbedeutenden Titel der IBO zu sichern.

Würde er fortan so überzeugend agieren wie im Kampf gegen Yildirim, bräuchte er sich um mögliche Kritiker keine Sorgen mehr zu machen. Voraussetzung wäre allerdings, daß Eubank nicht nur dem Munde nach, sondern auch bei der tatsächlichen Wahl seiner Gegner einlöst, was er ständig behauptet. Noch gleicht es eher einem lauten Pfeifen im stockfinsteren Wald, wenn er George Groves als erfahrenen und rundum versierten Boxer lobt, mit dem er sich liebend gern messen würde, um dem Publikum eine hochklassige und spannende Vorstellung zu bieten. Groves wird sich gegen Jamie Cox durchsetzen und Chris Eubank im Januar vor Probleme stellen, die dieser seit nunmehr drei Jahren tunlichst gemieden hat.


Fußnoten:

[1] http://www.espn.com/boxing/story/_/id/20948377/chris-eubank-jr-stops-avni-yildirim-three-rounds-super-middleweight-world-boxing-super-series

[2] http://www.boxingnews24.com/2017/10/eubank-jr-groves-im-coming/#more-244575

[3] http://www.espn.com/boxing/story/_/id/20964400/chris-eubank-jr-promises-another-devastating-knockout-george-groves

10. Oktober 2017


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