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MELDUNG/2193: Im Turnier trennt sich die Spreu vom Weizen (SB)



George Groves räumt Jamie Cox mit einem Volltreffer aus dem Weg

George Groves hat den WBA-Titel im Supermittelgewicht erfolgreich verteidigt und sich im Viertelfinale der World Boxing Super Series durchgesetzt. Der 29jährige Brite behielt in der Londoner SSE Wembley Arena gegen seinen zwei Jahre älteren Landsmann Jamie Cox die Oberhand, der sich nach einem schweren Körpertreffer in der vierten Runde geschlagen geben mußte. Damit wurde der im Turnier an Nummer eins gesetzte Weltmeister, für den nun 27 Siege und drei Niederlagen zu Buche stehen, seiner Favoritenstellung gerecht. Cox, der sich nach 24 Erfolgen erstmals geschlagen geben mußte, bot jedoch im bislang hochkarätigsten Kampf seiner Karriere geraume Zeit eine nahezu ebenbürtige Leistung und ging von Beginn an zur Freude des Publikums aggressiv zu Werke, so daß sich ein turbulentes Geschehen im Ring entspann.

Der Herausforderer schien es darauf anzulegen, dem Gegner durch eine hohe Schlagfrequenz sofort den Wind aus den Segeln zu nehmen. Er griff beherzt an, trieb Groves in die Seile und traf ihn mit einer Linken am Kopf. In den letzten 20 Sekunden der ersten Runde revanchierte sich der Champion mit zwei wuchtigen Kontern, die Cox jedoch problemlos wegsteckte. Der in der Rechtsauslage boxende Außenseiter traktierte den Kontrahenten im folgenden Durchgang fleißig mit schnellen Schlägen und brachte einige Treffer ins Ziel. Groves verschaffte sich zwar zwischenzeitlich mit Kontern Respekt, mußte aber kurz vor der Pause zwei Linke einstecken und wohl auch diese Runde abgeben.

In der Folge zeichnete sich dann immer deutlicher ab, daß der Titelverteidiger die häufigeren Schläge des leichteren Gegners nicht zu fürchten brauchte, so daß er dank der Wucht seiner Rechten den Kampf zu dominieren begann. Er stellte dem nach wie vor entschlossen angreifenden Kontrahenten des öfteren Fallen, um ihn mit Körpertreffern auszukontern. Das sollte sich in der vierten Runde als verhängnisvoll für Cox erweisen, der bei seinen stürmischen Attacken die Deckung vernachlässigte. Als er einen linken Haken zum Kopf schlug, antwortete Groves sofort mit einer Rechten zum Körper, die den Gegner augenblicklich zu Boden stürzen ließ, wo er nach 1:42 Minuten der Runde von Ringrichter Steve Gray ausgezählt wurde. [1]

Groves, der den Titel im Mai gewonnen hatte, als er den Russen Fedor Tschudinow in der sechsten Runde besiegte, dürfte zum Zeitpunkt des Abbruchs nach Punkten im Rückstand gelegen haben. Der bislang an Nummer neun der WBA-Rangliste geführte Jamie Cox hatte das Beste aus seinen Möglichkeiten gemacht, doch war er körperlich unterlegen und der Schlagwirkung des Favoriten nicht gewachsen. Der Weltmeister hat sich in jüngerer Zeit insbesondere auf Schläge zum Körper des Gegners verlegt und bereits drei Kontrahenten auf diese Weise vorzeitig besiegt. In dieser Hinsicht kann ihm im Supermittelgewicht inzwischen niemand mehr das Wasser reichen, seit der in Las Vegas lebende Schwede Badou Jack seinen Titel niedergelegt und die Gewichtsklasse verlassen hat.

Nach neun Jahren im Profilager hat der Brite mit dieser Umstellung seiner Kampfesweise eine bemerkenswerte Wandlung vollzogen. Hätte er bereits vor drei oder vier Jahren auf diese Weise gegen seinen Landsmann Carl Froch gekämpft, wären ihm die beiden vorzeitigen Niederlagen möglicherweise erspart geblieben. Seit Groves mit dem Trainer Shane McGuigan zusammenarbeitet, ist aus dem dreimal gescheiterten Titelaspiranten, den viele schon abgeschrieben hatten, ein Weltmeister geworden, der seine Gegner nicht über die volle Distanz kommen läßt.

Wie der Sieger im anschließenden Interview erklärte, habe er als im Turnier gesetzter Boxer Jamie Cox als ersten Gegner ausgewählt, weil dieser seines Erachtens der gefährlichste Kandidat gewesen sei. Cox habe sich denn auch als angriffslustig und zäh erwiesen, aber den ständigen Körperschlägen schließlich Tribut zollen müssen. Von einem derartigen Volltreffer erhole sich niemand mehr. Wer ihm ein solches Ziel biete, müsse mit dem Schlimmsten rechnen, so Groves.

Cox zollte seinem Landsmann mit den Worten Respekt, dieser sei ein großartiger Champion, der sehr überlegt boxe und seine Schläge ausgezeichnet plaziere. Er selbst sei ein aggressiver Kämpfer und habe im Überschwang einen Fehler gemacht, der bestraft worden sei. Dann verstieg sich der gescheiterte Herausforderer allerdings zu der Aussage, er habe Groves zuvor stärker eingeschätzt und mit dessen Schlägen gut umgehen können. Für einen Boxer, der gerade zum ersten Mal in seiner Karriere durch K.o. verloren hatte, war das denn doch eine befremdliche Aussage. Jamie Cox wäre von seinen körperlichen Voraussetzungen her besser im Mittelgewicht aufgehoben, das er jedoch wegen der dort herrschenden starken Konkurrenz verlassen hat. Da er sich zehn Jahre lang lediglich gegen zweit- und drittklassige Gegner durchgesetzt hat, wäre er kaum in den Genuß eines Titelkampfs gekommen.

Groves trifft im Halbfinale des Turniers Anfang 2018 wie erwartet auf Chris Eubank jun., den Champion des kleinen Verbands IBO. Dieser hat sich zum Auftakt gegen den jungen Türken Avni Yildirim und davor gegen Arthur Abraham durchgesetzt, die beide kräftig zuschlagen können, aber relativ langsam sind. Was die Frequenz und Schnelligkeit der Schläge betrifft, kann George Groves mit Eubank kaum mithalten. Daher wird er wohl genau wie im Kampf mit Fox auf gefährliche Körpertreffer setzen. Allzu häufig treffen lassen darf er sich dabei aber nicht, da Eubank gewaltig aufdrehen kann, wenn er seine Chance wittert, kurzen Prozeß zu machen. [2]

Kaum hatte der Kampf sein vorzeitiges Ende gefunden, als Chris Eubank auch schon in den Ring stieg, um Werbung für ihr Duell zu machen. Er hielt sich für seine Verhältnisse auffallend mit großspurigen und provozierenden Äußerungen zurück, da er die Begeisterung des Publikums für seinen Rivalen spüren konnte. Daher reklamierte er zwar die Führungsrolle im Turnier für sich, attestierte Groves aber einen guten Kampf, in dem er das Erforderliche getan und sich mit einem satten Körpertreffer durchgesetzt habe. Da es zu keinen nennenswerten Verletzungen gekommen sei, stehe ihrem Duell im Januar nichts mehr im Wege. George Groves stimmte mit ihm darin überein, daß sie den Fans ein spektakuläres Kräftemessen zweier einheimischer Boxer bieten würden, das größte seit seiner Niederlage bei der Revanche mit Carl Froch vor 80.000 Zuschauern im Londoner Wembley-Stadion. [3]


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2017/10/george-groves-vs-jamie-cox-results/#more-244973

[2] http://www.boxingnews24.com/2017/10/groves-cox-results/#more-244981

[3] http://www.espn.com/boxing/story/_/id/21023873/george-groves-demolishes-jamie-cox-four-rounds

20. Oktober 2017


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