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MELDUNG/2302: Schwergewicht - an der Wegscheide ... (SB)



Robert Helenius schickt Erkan Teper auf die Bretter

Der finnische Schwergewichtler Robert Helenius hat seiner Karriere durch einen vorzeitigen Sieg gegen Erkan Teper neuen Schwung verliehen. Im Ritter Sport Stadion in Waldenbuch behielt der 34jährige Skandinavier durch K.o. in der achten Runde die Oberhand über seinen zwei Jahre älteren Kontrahenten und sicherte sich damit den vakanten Interkontinentaltitel der IBF. Helenius traf seinen massiven, rund 114 Kilo schweren Gegner mit einer wuchtigen Linken, der er sofort eine weitere Linke folgen ließ, worauf Teper zu Boden stürzte und flach auf dem Rücken liegenblieb, so daß der Kampf abgebrochen wurde. Während der Finne seine Bilanz auf 28 Siege und zwei Niederlagen ausbauen konnte, stehen für Teper 19 gewonnene und drei verlorene Auftritte zu Buche.

Für Robert Helenius war dies der bedeutendste Erfolg, seit er sich vor sieben Jahren im Dezember 2011 knapp nach Punkten gegen den namhaften Briten Dereck Chisora durchgesetzt hat. Er zog sich damals jedoch eine Verletzung an der Schulter zu und mußte nach diesem Höhepunkt seiner vielversprechenden Karriere eine längere Pause einlegen. Hinzu kam einige Zeit später die Trennung von seinem damaligen Promoter Sauerland Event, die ihrerseits dazu beitrug, daß der Finne lange außer Gefecht war und später auf eigene Faust wieder Tritt zu fassen versuchte. Er besiegte zwar eine Reihe relativ leichter Gegner, mußte sich aber dem Franzosen Johann Duhaupas und dem Briten Dillian Whyte geschlagen geben.

Als Helenius am 28. Oktober 2017 im Principality Stadium in Cardiff auf Whyte traf, konnte er in der zweiten Runde einen schweren Treffer landen und machte auch in der Folge von seiner Reichweite recht guten Gebrauch. Da er jedoch Konditionsprobleme bekam, konnte der Brite dank einer höheren Schlagfrequenz auf die Dauer einen Vorsprung auf den Zetteln der Punktrichter erwirtschaften. Besonders spannend war das nicht, und so ließen die Zuschauer das Geschehen weitgehend schweigend über sich ergehen, zumal sie ohnehin wegen des nachfolgenden Hauptkampfs zwischen Anthony Joshua und dem Neuseeländer Joseph Parker gekommen waren. Indessen zeigte der Finne durchaus gute Ansätze und hätte bei besserer körperlicher Verfassung Whyte vermutlich Paroli geboten.

Erkan Teper ist nicht nur ein Schwergewichtler von imposanter Statur, sondern auch ein kampffreudiger Boxer mit einer enormen Schlagwirkung. So mußten Michael Sprott und Martin Rogan beide in der ersten Runde die Segel streichen, worauf sich der Ahlener im März 2015 klar nach Punkten gegen den technisch versierten Franzosen Johann Duhaupas durchsetzte. Am 17. Juli 2015 traf er im Kampf um den vakanten Titel des Europameisters in Ludwigsburg auf David Price, der einige Zeit zuvor noch als einer der größten britischen Hoffnungsträger gehandelt worden war. Obgleich Teper trotz einer stattlichen Größe von 1,95 m immer noch sieben Zentimeter kleiner als sein Gegner war, trieb er den Briten sofort durch den Ring und ließ sich auch durch dessen häufiges Klammern nicht bremsen. Bereits in der zweiten Runde war es um David Price geschehen, als ihn ein wuchtiger linker Haken von den Beinen holte.

Teper hatte durch diesen überzeugenden Auftritt den britischen Promoter Eddie Hearn auf sich aufmerksam gemacht, der den neuen Europameister wenig später als künftigen Gegner Anthony Joshuas ins Gespräch brachte. Unterdessen gab das Team des Ahleners bekannt, daß man den Titel gegen den namhaften Finnen Robert Helenius verteidigen werde, was die Bereitschaft Tepers unterstrich, sich nicht mit schwachen Kontrahenten aufzuhalten. Dann wurde jedoch publik, daß er nach dem Kampf gegen Price positiv auf eine verbotene Substanz getestet worden war. Teper mußte daraufhin den Titel zurückgeben und verlor seinen guten Ranglistenplatz beim Verband IBF, was ihn daran hinderte, eine Chance gegen Anthony Joshua zu bekommen. Die verhängte Sperre setzte den Ahlener fast ein Jahr außer Gefecht, was angesichts des aussichtsreichen Stadiums seiner Karriere besonders bitter war.

Im Juli 2016 meldete sich Erkan Teper erfolgreich im Ring zurück, indem er den erfahrenen Aufbaugegner Derric Rossy in Lüneburg einstimmig nach Punkten besiegte. Wenngleich der Ahlener weniger konditionsstark als vor seiner Zwangspause wirkte, hatte er doch nichts von seinen explosiven Attacken und wuchtigen Schlägen eingebüßt. Rossy stellte wieder einmal seine ausgezeichneten Nehmerqualitäten unter Beweis, da er Tepers gefährliche linke Haken und rechte Geraden wegsteckte, ohne zu taumeln, geschweige denn zu Boden zu gehen. Teper schien alle Voraussetzungen mitzubringen, sich in den Ranglisten wieder zügig nach vorn zu arbeiten, da er für einen Schwergewichtler seiner Größe ungewöhnlich schnell und dabei beidhändig mit beträchtlicher Wucht schlagen kann. In Statur und Kampfesweise erinnert er an den verstorbenen Corrie Sanders, der einst Wladimir Klitschko auf die Bretter schickte.

Da er nach der längeren Unterbrechung seiner Karriere erst wieder Tritt fassen mußte, mutete seine Vorstellung gegen Derric Rossy vielversprechend an. Dann folgten jedoch ernüchternde Rückschläge, als er im Oktober 2016 gegen Christian Hammer die erste Niederlage seiner Karriere einstecken mußte und im Frühjahr 2017 auch Mariusz Wach unterlag. Notgedrungen setzte Erkan Teper in der Folge niedriger an und fuhr gegen drei schwächere Gegner Siege ein. Im Kampf gegen Helenius, der sich in einer vergleichbaren Situation befand, wollte Teper in den Kreis der namhaften Akteure zurückkehren und sich für höhere Aufgaben empfehlen, doch mußte er an dieser Wegscheide dem Finnen den Vortritt lassen.

Die Niederlagen gegen Duhaupas und Whyte haben Robert Helenius in den Ranglisten ausgebremst und seinen Ruf in Mitleidenschaft gezogen. Mit dem Sieg über Erkan Teper hat er nun ein Zeichen gesetzt, dem er Kämpfe gegen besser plazierte Kontrahenten folgen lassen muß, um sich weiter nach oben zu arbeiten. Teper wurde bislang an Nummer sieben der IBF-Rangliste geführt und läuft angesichts des Rückschlags Gefahr, aus den Top 10 zu fallen. Für Helenius stehen künftig Namen wie Bryant Jennings, Dominic Breazeale, Kubrat Pulev, Joseph Parker, Jarrell Miller und Luis Ortiz auf der Agenda, gegen die er sich durchsetzen muß, um an einen Weltmeister wie Anthony Joshua heranzukommen. Der Finne hat das körperliche Format, eine beachtliche Schlagwirkung und ist noch jung genug, um zu einem zweiten Höhenflug seiner Karriere anzusetzen. [1]


Fußnote:

[1] www.boxingnews24.com/2018/09/robert-helenius-defeats-erkan-teper-results/

4. Oktober 2018


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