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MELDUNG/147: Olympisches Gold für die Besten? - Arme Länder bei Wettkämpfen benachteiligt (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 7. Juni 2012

Entwicklung: Olympisches Gold für die Besten? - Arme Länder bei Wettkämpfen benachteiligt

von Johanna Treblin



New York, 7. Juni (IPS) - Die Olympischen Spiele werden gern als gute Gelegenheit für die armen Staaten der Welt dargestellt, ihre besten Athleten ins Feld zu schicken und frei nach dem Motto 'Der Beste gewinnt' Ruhm zu erlangen. Doch die Realität sieht anders aus. So werden es auch bei den Sommerspielen in London sicher nicht die Sportler aus den armen Ländern sein, die den Großteil der Medaillen gewinnen.

Neue Untersuchungen zeigen, dass die Athleten der reichen Nationen allein schon aufgrund struktureller Vorteile ihren Konkurrenten aus dem Süden überlegen sind. Dass Schwimmer in vielen Entwicklungsländern keine angemessenen Trainingsmöglichkeiten vorfinden, schmälert ihre Siegeschancen. Kein Wunder also, dass bei der Olympiade 2008 die Schwimmer aus den USA, aus Australien, Großbritannien, Japan und Deutschland die meisten Medaillen holten.

"Die Qualität der sportlichen Leistung hängt von den sozialen und finanziellen Möglichkeiten ab, die Sportler haben, um sich angemessen auf ihre Wettkämpfe vorbereiten zu können", sagte William Orme, der Sprecher des UN-Entwicklungsprogramms (UNDP), und fügte hinzu: "Länder, die besser dran sind, schneiden auch besser ab."

Wissenschaftler des Instituts für Demokratie und Konfliktlösung (IDCR) der Universität von Essex haben das Ranking der Länder auf dem UNDP-Index für menschliche Entwicklung mit deren Abschneiden bei den Olympischen Spielen 2008 in Verbindung gebracht. Die USA, die auf dem Wohlstandsindex Platz vier belegten, sicherten sich damals 110 Goldmedaillen. Die Demokratische Republik Kongo hingegen, die auf dem Index das Schlusslicht bildete, konnte keine einzige Medaille erringen.

Die Angaben über das Abschneiden dieser und anderer Länder in Verbindung mit ihrem Entwicklungsstand lassen sich verschiedenen Karten entnehmen, die das Institut für Demokratie und Konfliktlösung auf seiner Webseite veröffentlicht hat.


Ausnahmen bestätigen die Regel

Obwohl Äthiopien 2008 auf dem UNDP-Entwicklungsindex den 157. Platz belegte, brachten seine Sportler sieben Goldmedaillen nach Hause. Somit gehört das ostafrikanische Land zu den wenigen Ausnahmen, die die Regel bestätigen. Auch Athleten aus anderen Entwicklungsländern, vor allem Sprinter, verhalfen ihren Ländern zu Medaillen: Kenianer brachten es auf 14 - davon sechs Gold- - und Jamaikaner auf elf Medaillen.

Wie Thierry Graf, der ehemalige Präsident der Äthiopisch-Schweizerischen Entwicklungsvereinigung 'Sport - The Bridge' erläuterte, sind Läufer zwar nicht auf ein spezielles Equipment oder auf besondere Infrastrukturen angewiesen, doch wirkten gute Schuhe und Energiedrinks leistungssteigernd. Auch das dürfte ein Grund dafür sein, warum die US-Athleten die meisten Medaillen in dem Bereich einheimsen konnten.

Graf ist der Meinung, dass alle Menschen die Gelegenheit haben sollten, intensiv Sport zu treiben. Dadurch ließen sich gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen. So könne etwa die Gesundheit verbessert und der soziale Zusammenhalt gestärkt werden.

Die Olympischen Spiele würden nur dann wirklich fair und demokratisch verlaufen, wenn alle Sportler im Vorfeld in angemessenen Anlagen trainieren könnten und Zugang zu Bildung und Gesundheitsdiensten hätten. "Sport- und Freizeitaktivitäten fördern die menschliche Entwicklung", sagte Orme.

In knapp zwei Monaten beginnt die Olympiade in London. 185 Länder haben sich für die Teilnahme an den Meisterschaften qualifiziert. Die Kluft zwischen Arm und Reich zeigt sich nicht zuletzt an der Zahl der Sportler, die die einzelnen Länder ins Rennen schicken.

Für Haiti, das noch immer an den Folgen des schlimmen Erdbebens von 2010 leidet, werden gerade einmal ganze zwei Sportler antreten. Seit 1928 hat der karibische Inselstaat nicht eine einzige Medaille gewonnen. Die USA hingegen sind mit 183 Athleten in London präsent. Zu den 'Paralympics' werden 64 US-Athleten erwartet. (Ende/IPS/kb/2012)


Links:
http://www.sportanddev.org/en/learnmore/sport_and_economic_development/underdevelopment_of_sport_in_developing_countries/
http://www.london2012.com/
http://www.idcr.org.uk/the-olympic-dream
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=108054

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 7. Juni 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Juni 2012