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HAUSTIER/115: Der Hund in der Antike (TIER-ABC)


TIER-ABC - Ausgabe Nr. 4/2007
Nachrichten über Natur, Mensch und Tier

Jagdhund, Wächter, Schmusetier - Der Hund in der Antike

Von Judith Knöbel-Methner


Der Hund ist nicht nur der sprichwörtliche beste Freund des Menschen, sondern auch einer seiner ältesten. Denn neben Nutztieren wie Schaf und Ziege war der vom Wolf abstammende Hund das erste von Menschen domestizierte Haustier. Neuesten archäologischen Forschungsergebnissen zufolge könnte ihre enge Gemeinschaft bereits vor rund 25.000 Jahren, also während der jüngeren Altsteinzeit ihren Anfang genommen haben, wie es Hundeknochen in entsprechenden Fundstellen belegen. War die Aufgabe der Hunde zu dieser Zeit wohl fast ausschließlich auf das Wachehalten beschränkt (möglicherweise dienten sie in der Not auch als Nahrungsmittel), erfüllten sie schon in den frühen orientalischen Hochkulturen dieselben Rollen im Familienverband wie heute.

In der griechisch-römischen Antike wurden bereits mindestens fünf Hunderassen unterschieden, wie man heute u. a. anhand alter Abbildungen feststellen kann. Die Molosser, wohl ein Doggentyp, waren die größte und stärkste. Daher, und wegen ihres besonders kräftigen Körperbaus, wurden diese Hunde überwiegend als Hirten- und Hofhund (Canis pastoralis bzw. C. villicatus) eingesetzt. Aufgrund ihrer Schärfe eigneten sie sich aber auch zur Jagd auf großes Wild. Die Lakonier oder spartanischen Hunde waren wahrscheinlich eine Kreuzung aus einem Molosser und einer oder mehreren nicht genauer bekannten anderen Arten und etwas kleiner als die heutigen Bullenbeißer. Sie waren ideale Jagdhunde (C. venaticus): sehr stark, dabei aber von leichtem Körperbau und großer Schnelligkeit. Ihre Zucht erforderte viel Sorgfalt, weshalb sie in der Antike sehr kostbar, waren. Männliche Lakonier erreichten ein Alter von etwa zehn, weibliche Tiere eines von zwölf Jahren. Sie wurden damit nicht so alt wie die übrigen Rassen, die Schätzungen zufolge 14-20 Jahre leben konnten.

Kretische und sizilische Hunde waren Windhundarten, die gerne als Begleiter berittener Jäger bei der Jagd auf schnelles Wild eingesetzt wurden. Die kretischen Hunde wurden darüber hinaus, zur Steigerung der Ausdauer, mit Lakoniern gekreuzt, die wertvollen sizilischen Hunde auch ins Ausland exportiert. Bei den Melitäer Hunden (so benannt nach ihrem Züchtungsursprung Malta) handelt es sich um kleine, langhaarige Spitze mit kurzen Beinen, die zwar die Funktion eines Wachhundes erfüllen konnten, hauptsächlich jedoch Schoßhunde (C. familiaris) waren. Die eigentlichen Hirtenhunde (o. Abb.) waren von Anfang an ein Kreuzungsprodukt. Sie stellten eine Art Mischung aus Wachhund und Spielgefährten dar, die nützlich und weit verbreitet, weil im Gegensatz zu den rassereinen Hunden nicht teuer war. In den vielen Provinzen des römischen Reiches existierten darüber hinaus noch weitere, spezielle Hunderassen.

Die wichtigste Rolle des antiken Hundes war zweifellos die des Wächters und Helfers in Haus und Hof, jedoch kaum die des Kampfhundes und nur sehr selten die eines Opfertieres. In Griechenland waren Hundehaltung und Jagd stets eng miteinander verbunden. Aus Pompeji sind Mosaike mit dem lateinischen Rat "Cave Canem" - entsprechend der modernen "Warnung vor dem Hunde" - bekannt, und sogar römische Soldaten am Limes scheinen auf die Wachsamkeit von Hunden vertraut zu haben, wenn man dem Militärschriftsteller Vegetius (4. Jh. n. Chr.) Glauben schenkt.

Mit der Dressur eines Tieres zum Jagdhund wurde bei der Hündin mit acht, beim Rüden mit zehn Monaten begonnen. Zuvor hatte man sie an ihren Besitzer und an den an der Jagd beteiligten Netzwerfer gewöhnt und zum unbedingten Gehorsam gegenüber beiden erzogen. Zur Abrichtung und Vorbereitung des Hundes auf die Großwildjagd benutzte man z. B. eine aufgestellte Hirschhaut.

Zur eigentlichen Jagd nahm man den Hund frühestens nach Vollendung des elften (Hündin) bzw. zwölften (Rüde) Lebensmonats mit. Während kleine Tiere wie Hasen direkt erbeutet werden konnten, war der Hund bei der Eber- und Hirschjagd angeleint und hatte die Aufgabe, das Wild aufzuspüren.

Nicht nur auf dem Land, sondern auch bei vielen Stadtbewohnern der Antike waren Hunde zu Hause. Hier waren sie mitunter sehr eng in das familiäre Leben eingebunden. Als Spiel- und Familienhunde besonders beliebt waren die kleinen Melitäer-Spitze, die man gleichwohl am kaiserlichen Hof in Rom, wie auch als Schoßhündchen griechischer Liebesdamen antraf.

Die Gefühle, die ein Besitzer seinem Hund in der Antike entgegenbrachte, unterschieden sich oft nicht sehr von der großen Zuneigung heutiger Herrchen zu ihren vierbeinigen Freunden. In rassereine Tiere und deren Pflege und Ausbildung wurde eine Menge Geld investiert. Die antike Literatur informiert ausführlich über Hundekrankheiten wie Räude, eitrige Ohren oder Flohbefall sowie über deren Heilungsversuche. Tierknochenkundliche Funde (Osteologie) zeigen, dass die Tiere auch damals an Arthrose und Knochenhautentzündungen litten. Außerdem geben sie in vielen Fällen Aufschluss über den Umgang der Menschen gegenüber ihren Hunden; dieser war oft liebevoll und sorgsam, wie es zahlreiche zeitgenössische Abbildungen belegen, konnte aber auch brutal und gewalttätig sein.

Aus vielen Inschriften sind die Namen von Hunden überliefert, die zeigen, dass sie einen besonderen Stellenwert unter den Tieren eines Hofes einnahmen. Im 1. Jahrhundert n. Chr. spottete der römische Dichter Juvenal, es gebe Menschen (Frauen!), die ihrem Schoßhund zuliebe ihren Ehemann opfern würden. Vereinzelt wurden im römischen Reich - beispielsweise im baden-württembergischen Wiesloch und in Augst (Schweiz) - sogar Hundebestattungen nachgewiesen, mithilfe derer die vierbeinigen Lieblinge reicher Besitzer nach ihrem Tod entsprechende Würdigung finden sollten. Eine Grabinschrift aus Rom besagt: "Alles, was wir besaßen an Theia, dem niedlichen Hündlein, schließt der Hügel hier ein. Schönheit und ein liebendes Herz. Jammernd sehnt sich das Mädchen nach ihrem verzärtelten Liebling, nimmer vergisst sie des Freunds, der sie so treulich geliebt."

Daneben gab es allerdings auch bereits in der Antike viele herrenlose und verwilderte Hunde. Diesen Streunern, die sich ihr Futter in den Essensabfällen auf der Straße oder in den Kadavern anderer toter Tiere suchen mussten, brachte man schon damals kaum Sympathie entgegen: Ein archäologischer Fund im antiken Augsburg lässt vermuten, dass dort einst ein Rudel Streuner vergiftet wurde.

Dass der Hund auch im Denken der Menschen schon in der Antike einen hohen Stellenwert einnahm - sei es im positiven oder im negativen Sinn -, spiegelt sich nicht zuletzt in den zahlreichen zeitgenössischen Wandmalereien, Mosaiken, Reliefs und Münzdarstellungen, in Gedichten, Sprichwörtern, Fabeln, der Astronomie (Die Sternbilder des Großen und des Kleinen Hundes - Canis major und C. minor - waren schon den antiken Astronomen bekannt.) und in der griechischen und römischen Mythologie wider. Nicht selten werden die Götter von einem Hund begleitet, allen voran Diana, die Göttin der Jagd, der entweder ein Hirsch, oder aber ein Hund zur Seite gestellt wurde. Auch der dreiköpfige Kerberos, der den Eingang des griechischen Totenreichs Hades bewachte, war ein Hund. In antiken Sprichwörtern tauchte der Hund ebenfalls häufig auf. Die Bedeutungen der folgenden Redewendungen müssen allerdings nicht extra erläutert werden, da sie sich bis in die heutige Zeit bestens konserviert haben:

"Ein Hund frisst den anderen nicht auf." "Die Hunde ahmen ihren Herrn nach." "Ein feiger Hund bellt heftiger, als dass er beißt."


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Terra-Sigillata-Schale mit Jagdhundrelief 1.-3. Jh. n. Chr. gefunden in Waghäusel-Wiesental; Römermuseum Stettfeld; Foto: Methner
Röm. Öllampe mit liegendem Hund, kaiserzeitlich; Badisches Landesmuseum Karlsruhe; Foto: Methner
Wandmalerei in Pompeji, aus: E. Lessing/A. Varone, Pompeji, 1995
Röm. Terrakottafigur eines Schoßhündchens, 2./3. Jh. n. Chr.; Badisches Landesmuseum Karlsruhe; Foto: Methner
Hundebild auf einer griechischen Vase, 2. Hälfte des 6. Jhs. v. Chr., aus: J. Perfahl, Wiedersehen mit Argos und andere Nachrichten über Hunde, 1983
Abb. auf S. 6 aus: J. Peters, Römische Tierhaltung und Tierzucht, 1998.

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Quelle:
TIER-ABC, Nr. 4/2007, Seite 6-7
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Juni 2007