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HAUSTIER/190: Woher kommen die Osterlämmer? (PROVIEH)


PROVIEH MAGAZIN - Ausgabe 1/2016
Magazin des Vereins gegen tierquälerische Massentierhaltung e.V.

Woher kommen die Osterlämmer?

Von Kathrin Kofent


Schafe leben schon seit sehr langer Zeit an der Seite des Menschen. Sie wurden etwa 10.000 vor Christus in den vorderasiatischen Bergländern domestiziert. Neben den Hunden sind sie die Haustiere mit der längsten Nutzungsgeschichte. Zunächst wurden Schafe überwiegend als Fleischlieferanten genutzt. Die Verwendung von Fleisch und Wolle ist erstmals in den Zeichnungen der Sumerer zu sehen, um rund 3.000 vor Christus. Nach Deutschland kamen die Schafe vor rund 6.000 bis 8.000 Jahren im Zuge der Völkerwanderungen.


Schafwolle...

Im 19. Jahrhundert erreichte die deutsche Schafzucht mit rund 30 Millionen Tieren ihren Höhepunkt. Bedingt durch die damalige Tuchproduktion wurde die Wolle der Schafe immer wertvoller, weshalb die Tiere nun überwiegend als Wolllieferanten genutzt wurden. Durch die Entdeckung alternativer chemischer Fasern und Baumwolle, verlor die Schafwolle jedoch rapide an Wert und Bedeutung für die Textilindustrie. Anfang des 20. Jahrhunderts gab es in Deutschland nur noch rund fünf Millionen Schafe. Erhielt 1950 der deutsche Schafhalter noch 4,50 DM für ein Kilogramm Wolle, sind es heute je nach Qualität häufig weniger als 0,50 Euro. Damit werden nicht einmal die Kosten der Schur gedeckt.


... und ein paar Fakten zum Fleisch

Gerade einmal 0,6 bis 1 Kilogramm Schaf-, vornehmlich Lammfleisch, verzehrt jeder Bundesbürger im Jahr. Gegenüber einem Gesamtfleischverzehr von 60,3 Kilogramm ist dies eine scheinbar geringe Menge. In deutschen Schlachthöfen starben 2013 dennoch über eine Million Schafe, 884.000 davon waren Lämmer. Circa die Hälfte des in Deutschland verzehrten Lammfleisches stammt aus dem Ausland. Und gerade zu Ostern steigt die Nachfrage extrem an. Große Fleischmengen werden vor allem aus Neuseeland importiert. Dort werden Schaffleisch wie auch Wolle besonders günstig produziert.


Schafhaltung heute

In Deutschland gibt es zahlreiche Haltungsformen mit sehr unterschiedlichen Herdengrößen: Im November 2015 gab es laut Statistischem Bundesamt 10.000 Betriebe mit mehr als 20 Schafen und insgesamt 1,6 Millionen Tieren. Hinzu kommen circa 87.000 Schafhalter mit weniger als 20 Schafen und insgesamt rund einer Million Tieren. Die meisten Schafe werden in Bayern gehalten, gefolgt von Schleswig Holstein, Baden-Württemberg und Niedersachsen. Zu den Haltungsformen zählen die Deichschäferei, die Wanderschafhaltung, die Koppelhaltung, die Almhaltung und die ganzjährige Stallhaltung. Dabei ist die Mastlämmerhaltung wirtschaftlich für die Schafhalter am wichtigsten.

Schafe können saisonal im Herbst oder ganzjährig (asaisonal) brünstig sein. Die Tragzeit bei Schafen variiert je nach Rasse. Durchschnittlich kommen die Lämmer nach rund 150 Tagen zur Welt. Die meisten Muttertiere gebären ein bis zwei Lämmer, selten Drillinge. Etwa zwölf Stunden vor der Geburt zeigen die werdenden Muttertiere bereits Interesse an neugeborenen Lämmern anderer Herdenmitglieder. Kurz vor der Geburt werden sie in der Regel unruhig, scharren und beginnen bereits mit dem "Lämmer-Lockruf". Die meisten Geburten finden während typischer Ruhezeiten in der Morgendämmerung oder beispielsweise am Nachmittag oder frühen Abend statt. Schon kurze Zeit nach der Geburt steht das Muttertier auf und beginnt das Neugeborene trocken zu lecken. Dabei gibt es einen tiefen, gurgelnden Laut ab, den "Lämmer-Lockruf". Wenige Stunden nach der Geburt ist eine feste Mutter-Kind-Bindung entstanden. Nach acht Stunden erkennt die Mutter ihre Lämmer am Geruch und weist fremde zurück. Drei bis fünf Tage nach der Geburt erkennt ein Lamm seine Mutter am Aussehen und nach vier Wochen kann es das Rufen der Mutter von dem anderer unterscheiden. Ruhephasen verbringen Mutter und Kind eng aneinander geschmiegt. Schnell bilden die Lämmer "Spielgruppen" mit anderen Jungtieren und tollen umher. Entfernen sich die Lämmer zu lange von ihren Müttern, laufen diese zu ihnen und rufen sie heran.


Weideverhalten

Kommen die Lämmer gemeinsam mit ihren Müttern auf die Weide, erlernen sie das Weiden und die richtige Futterwahl, indem sie ihnen auf engem Abstand folgen. Erst nach dieser Eingewöhnungszeit entfernen sich die Lämmer weiter von ihren Müttern und bilden Jungtiergruppen. Aber auch dann kommen die Lämmer regelmäßig zum Trinken zu ihrer Mutter zurück. Das Säugen dient dabei nicht allein zur Sättigung, sondern beruhigt die Jungtiere beispielsweise nach Stresssituationen. Die Mutter-Kind-Bindung bleibt bestehen. Selbst nach mehrmonatiger Trennung erkennen sich die Tiere und verbringen viel Zeit miteinander. Eine natürliche Aufzucht ist ideal für Mutter und Kind. Zudem gliedern sich die Jungtiere reibungslos in die Herde ein.

Leider dürfen nicht alle Lämmer tiergerecht aufwachsen.


In Deutschland sind vier Formen der Lämmeraufzucht- und -mast üblich

Die künstliche, mutterlose Aufzucht wird fast ausschließlich bei Milchschafen angewandt, wo die Milch der Mutterschafe nicht für das Lamm, sondern ausschließlich für den menschlichen Verzehr verwendet wird. Die Lämmer werden wenige Stunden bis sieben Tage nach der Geburt von der Mutter getrennt und mit Milchaustauscher, Kuhmilch oder Vollmilchpulver aufgezogen.

Bei der Intensivmast bleiben die Lämmer lediglich acht Wochen bei ihrer Mutter. Durch einen sogenannten Lämmerschlupf bekommen sie dabei bereits Zugang zu Mastfutter. Nach dem frühzeitigen Absetzen von der Mutter werden die Lämmer in relativ kurzer Zeit in Stallhaltung gemästet. Die Mutter kann dadurch schneller wieder gedeckt werden und erneut lammen.

Bei der Extensiv- oder Wirtschaftsmast bleiben die Lämmer entweder rund 12 bis 16 Wochen bei den Müttern oder erhalten nach früher Trennung Kuhmilch oder Milchaustauscher. Im Anschluss werden sie bis zum gewünschten Schlachtalter mit Gras- oder Maissilage sowie Kraftfutter gemästet. Diese Tiere werden langsamer aufgezogen, aber auch hier ist eine Stallhaltung üblich.

Bei der Weidelämmermast werden die Lämmer entweder wie bei der Wirtschaftsmast nach drei bis vier Monaten von den Müttern getrennt und dann auf Weiden aufgezogen oder sie bleiben bis zur Schlachtung bei ihren Müttern im Herdenverband. Böcke werden mit Erreichen der Geschlechtsreife von der Herde getrennt oder kastriert. Teilweise erhalten die Lämmer Zugang zu frischen, gehaltvolleren Weiden oder zu Kraftfutter. Sie werden im Alter von acht bis neun Monaten geschlachtet.

Es gibt drei Bezeichnungen, an denen das Alter des geschlachteten Lammes zu erkennen ist: Frühlingslamm (höchstens acht Wochen alt), Milchlamm (bis zu sechs Monate) und Mastlamm (sechs bis zwölf Monate).


Verbrauchertipp

Wenn Sie nicht auf Ihren Lammbraten verzichten wollen, dann informieren Sie sich so ausführlich wie möglich über die Herkunft und Aufzuchtform des Lammes, von dem Ihr Fleisch stammt. Idealerweise kaufen Sie beim Kleinhalter oder Schäfer aus Ihrer Region und überzeugen sich dort von den Haltungsbedingungen für Muttertiere und Nachzucht und der Aufzuchtform der Lämmer. Zu bevorzugen ist in jedem Fall die extensive Aufzucht in Weidehaltung. Hier darf das Lamm bei seiner Mutter bleiben und langsam heranwachsen. Bei konkreten Fragen wenden Sie sich gerne an PROVIEH.

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Quelle:
PROVIEH MAGAZIN - Ausgabe 1/2016, Seite 6-9
Herausgeber: PROVIEH - Verein gegen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Mai 2016

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