Veterinärmedizinische Universität Wien - 18.11.2016
Einsatz von Breitbandantibiotika bei Milchkühen sollte weiter sinken
Der heutige europäische Antibiotikatag weist auf die Notwendigkeit für den verantwortungsvollen Einsatz antimikrobieller Wirkstoffe bei Mensch und Tier zur Verhinderung von Antibiotikaresistenzen hin. Eine Studie des Institut für Öffentliches Veterinärwesen der Vetmeduni Vienna zeigte Anfang des Jahres, dass Milchrinder zwar seltener mit Antibiotika behandelt werden als Schweine und Geflügel. Breitbandantibiotika wie Cephalosporine sollten allerdings, um Resistenzen vorzubeugen, noch mehr reduziert werdenda sie zur Behandlung schwerer bakterieller Infektionen beim Menschen unverzichtbar sind. Die Studie wurde in der Berliner und Münchner Tierärztlichen Wochenschrift veröffentlicht.
Antibiotika sind besonders wertvolle Wirkstoffe zur Behandlung von
Infektionen in der Human- und Tiermedizin. Jeder Einsatz von Antibiotika
birgt allerdings das Risiko, dass Bakterien Resistenzen gegen Antibiotika
entwickeln oder resistente Keime sich ausbreiten. Infektionen mit
resistenten Keimen können schwer therapierbar sein.
Bestimmte Breitbandantibiotika wie Makrolide, Fluorchinolone und Cephalosporinen sind in der Humanmedizin unverzichtbar. Für diese Wirkstoffe, von der Weltgesundheitsorganisation (WHO, World Health Organisation) als Highest Priority Critically Important Antimicrobials (HPCIAs) bezeichnet, gibt es kaum Ersatztherapien. Durch tierische Lebensmittel wie Fleisch und Milch können resistente Keime vom Tier auf den Menschen übertragen werden. Speziell diese Antibiotika sollten daher im Veterinärbereich nur in Einzelfällen, nach genauer Diagnose und unter strengen Vorgaben eingesetzt werden.
Ein wesentlicher Beitrag zur Bekämpfung von Resistenzen bei bakteriellen Krankheitserregern ist die Erfassung der eingesetzten Antibiotikamengen. Für den veterinärmedizinischen Bereich veröffentlichte in 2016 das Institut für Öffentliches Veterinärwesen der Vetmeduni Vienna eine Studie zum Einsatz von Antibiotika in der Milchkuhhaltung.
Insgesamt gingen in die Studie 8.027 Datensätze über die Verwendung von Antibiotika in 465 österreichischen Milchviehbetrieben in den Jahren 2008 bis 2010 ein. Die Forschenden bestimmten die Menge der eingesetzten antimikrobiellen Stoffe und rechneten die eingesetzte Dosis pro Rind und Jahr statistisch hoch. Ein besonderer Fokus lag dabei auf dem Einsatz der HPCIAs, also der Wirkstoffe mit besonderer Bedeutung für die Humangesundheit.
Es zeigte sich, dass Milchkühe im Vergleich zu Geflügel und Schweinen seltener mit Antibiotika therapiert werden. Allerdings entfallen rund 25 Prozent der eingesetzten Antibiotikadosen auf HPCIA's, insbesondere auf Cephalosporine. "Der Einsatz von Cephalosporinen hat allerdings auch einen wirtschaftlichen Hintergrund", erklärt Erstautor Walter Obritzhauser. "Milch von Kühen, die mit Antibiotika behandelt wurden, darf für eine bestimmte Zeit nicht als Lebensmittel verwendet werden." Die Länge dieser sogenannten Wartefrist hängt vom Abbau des Wirkstoffes im Körper der Kuh ab. Je schneller ein Medikament abgebaut wird, desto kürzer ist die Sperrfrist und desto geringer ist der wirtschaftliche Verlust für Landwirtinnen und Landwirte.
Ausgewählte Arzneimittel mit Cephalosporinen erfordern sehr kurze Wartefristen und werden daher häufig für die Behandlung von Atemwegs- und Klauenerkrankungen, sowie für Infektionen des Euters von Milchkühen eingesetzt. Das Ergebnis der Studie soll dazu beitragen, den Einsatz von Antibiotika und im Speziellen der HPCIAs kritisch zu beurteilen. Der verantwortungsvolle Einsatz von Antibiotika hilft, der Entwicklung und Ausbreitung resistenter Keime vorzubeugen.
"Das Institut für Öffentliches Veterinärwesen der Vetmeduni Vienna ist bemüht, nicht nur Studentinnen und Studenten, sondern auch praktizierende Tierärztinnen und Tierärzte, sowie die Öffentlichkeit mit ihren Forschungsergebnissen zu sensibilisieren", erklärt Annemarie Käsbohrer, Professorin und Leiterin des Instituts. "Das gegenseitige Verständnis muss auf- und ausgebaut werden. Dann kann man in den verschiedenen Verantwortungsbereichen Maßnahmen zur Reduktion von Antibiotikagaben und zur Bekämpfung resistenter Keime vereinbaren und umsetzen."
Der Europäische Antibiotikatag wurde 2008 ins Leben gerufen und findet jährlich am 18. November statt. Der Tag ist eine europäische Initiative und soll auf den verantwortungsvollen Einsatz von Antibiotika bei Mensch und Tier aufmerksam machen.
Service:
Der Artikel "Antimicrobial drug use on Austrian dairy farms with special
consideration of the use of 'highest priority critically important
antimicrobials'" von Walter Obritzhauser, Martine Trauffler, Johannes
Raith, Ian Kopacka, Klemens Fuchs und Josef Köfer wurde im Journal
Berliner und Münchner Tierärztliche Wochenschrift veröffentlicht.
http://cf01.vetline.schluetersche.de/files/smfiledata/5/6/0/5/7/8/BMW_2016_05_06_0185_onl300.pdf
Über die Veterinärmedizinische Universität Wien
Die Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni Vienna) ist eine der
führenden veterinärmedizinischen, akademischen Bildungs- und
Forschungsstätten Europas. Ihr Hauptaugenmerk gilt den Forschungsbereichen
Tiergesundheit, Lebensmittelsicherheit, Tierhaltung und Tierschutz sowie
den biomedizinischen Grundlagen. Die Vetmeduni Vienna beschäftigt 1.300
MitarbeiterInnen und bildet zurzeit 2.300 Studierende aus. Der Campus in
Wien Floridsdorf verfügt über fünf Universitätskliniken und zahlreiche
Forschungseinrichtungen. Zwei Forschungsinstitute am Wiener
Wilhelminenberg sowie ein Lehr- und Forschungsgut in Niederösterreich
gehören ebenfalls zur Vetmeduni Vienna.
www.vetmeduni.ac.at
Weitere Informationen unter:
http://www.vetmeduni.ac.at/de/infoservice/presseinformationen/presseinformationen-2016/antibiotikatag/
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http://idw-online.de/de/institution1560
*
Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Veterinärmedizinische Universität Wien, Mag.rer.nat Georg Mair, 18.11.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 22. November 2016
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