Schattenblick →INFOPOOL →TIERE → HAUSTIERE

HIPPOS/70: Amerikanische Wildpferde, vom Menschen ausgerottet (SB)


Alles könnte ganz anders gewesen sein...

Neue paläontologische Theorien über das Pferd in Amerika


Einer neuen paläontologischen Hypothese zufolge, über die in einem englischsprachigen Artikel vom 1. Mai in LifeScience berichtet wurde, könnten die ersten Nordamerikaner, denen man schon das Aussterben des Mammuts zur Last legt, auch am Verschwinden der Wildpferde in Alaska maßgeblich beteiligt gewesen sein. Dies widerspräche der bisher gängigen These, daß das Pferd erst durch Einwanderer in die Neue Welt gebracht wurde und dort teilweise verwilderte, woraus die berühmten Mustangs und die legendären Indianerpferde wurden. Was diese neuzeitlichen Pferde betrifft, so läßt sich ihre Entstehungsgeschichte aus den Dokumenten des frisch besiedelten Amerikas ablesen und teilweise auch aus den Polizeiakten, sofern Wildwest-Sheriffs ungeklärte Pferderaube oder Vermißtmeldungen zu Papier nahmen.

Unabhängig davon könnte diese Entwicklung jedoch auch ganz anders verlaufen sein, wenn der Mensch den amerikanischen Pferden nicht schon lange vorher in die Quere gekommen wäre, so zumindest die jüngste Vermutung amerikanischer Hippologen.

Dazu müssen wir uns in der Geschichte ganz weit zurückdenken und zwar in eine Zeit, in der die Ureinwohner Amerikas (die Indianer) noch ferne Zukunft waren und aus der uns außer Knochenfunden keine Überlieferungen erreichen. Genau genommen ist das eine Zeit, in die nur wilde Spekulationen und Annahmen reichen, denn nicht einmal die Datierungen der Knochen mittels Radiocarbonmethode können als so gesichert gelten, daß man hier von Wahrheiten ausgehen kann. Schließlich läßt sich ein Vergleichswert, der genau bestimmt, wie das Radiocarbonergebnis für das Pleistozän auszusehen hat, ein Zeitzeuge gewissermaßen, wohl kaum von einem der daran beteiligten Wissenschaftler vorweisen.

Der Theorie zufolge soll vor etwa 12.000 Jahren das Ende der Pleistozän Ära mit einer globalen Kälteentwicklung verbunden gewesen sein, die zum Aussterben vieler großer Säugetiere führte, ganz besonders in Nordamerika.

Zu dieser Zeit machten sich die ersten Menschen von Asien über die Landverbindung nach Alaska auf den Weg, was einige Forscher zu der These veranlaßt, daß vor allem die großen Tiere dem Jagdverhalten der neuen "Siedler" zum Opfer gefallen seien. Analog zum heutigen Überfischen (engl.: over-fishing) wird dieser zum Aussterben führende Abschnitt der Geschichte als "over- hunting" bezeichnet. So seien gerade die Mammuts ein bevorzugtes Jagdziel gewesen, denn das Erlegen eines Tieres brachte für viele Menschen und längere Zeit ausreichend Fleischvorräte.

Grob geschätzt wäre das Mammut demnach in den ersten 500 Jahren nach der Ankunft des Menschen über diesen Weg systematisch aufgegessen worden.

Es gibt allerdings auch eine Hypothese, die die kontinuierliche Abnahme des Sauerstoffs in unserer Atmosphäre für das Aussterben der großen Rassen verantwortlich macht. Dieses würde durch das stetige und unerklärliche Verschwinden von Sauerstoff in der heutigen Zeit auf die Vergangenheit extrapoliert einen so hohen Sauerstoffwert ergeben, daß er auch Insekten u.a. empfindliche Lebewesen von enormer Körpergröße erlaubt hätte. Irgendwann reichte dann aber der Sauerstoffgehalt nicht mehr für die großen Exemplare. Nur kleine Mutanten konnten sich noch weiter fortpflanzen. Auch für diese These gibt es keinen richtigen Beweis, nur die vorliegenden Überlegungen und Schlußfolgerungen, aus der hohlen Hand gewissermaßen.

Eine dritte und ebenfalls nicht zu widerlegende, aber auch nicht beweisbare, These vermutet eine hochinfektiöse, sich schnell fortpflanzende Krankheit, der die Großen, aber auch andere Tiere zum Opfer fielen.

Doch wie war das mit dem Pferd?

Das amerikanische Wildpferd stammt aus Nordamerika, glauben die Hippologen. Aber die wilden Exemplare seien durch frühe Jäger stark dezimiert worden. Während sich einige über die Land- oder Eisbrücke (auch darüber sind die Forscher uneins) nach Asien retten konnten, solange sie noch existierte, starben die amerikanischen Pferde vollkommen aus.

Diejenigen, die sich nach Asien retten konnten, bildeten den Grundstock der domenstizierten Exemplare, die den Mongolen und später dann den Europäern für den Beginn ihrer Pferdezucht dienten. Noch später wurden diese Pferde dann wieder nach Amerika zurück eingeführt, und teilweise in riesigen Pferdezucht-Ranchen gezüchtet.

Immer wieder konnten einige besonders gewitzte oder zum Hoch- oder Weitsprung prädestinierte Tiere aus den Pferchen und Mauern entkommen. Aus diesen hochgeradig intelligenten, reaktionsschnellen und besonders geschickten Tieren entwickelten sich dann die späteren Mustangs und Indianerpferde.

Bis man vor kurzem Wildpferdfossilien fand, die auf ein Alter von 12.500 Jahren geschätzt wurden, waren die Wissenschaftler davon ausgegangen, daß das Pferd in Amerika schon ausgestorben war, ehe die ersten asiatischen Völkerwanderungen zur Besiedelung des Landes führten.

In der neuesten These sind diese Schätzungen nun noch einmal überdacht und unzuverlässige Daten aus früheren Berechnungen herausgenommen worden. Abgesehen davon, daß hier deutlich wird, daß die Historiker durchaus unverfroren mit ungenauen und unzuverlässigen Daten arbeiten, soweit sie ihnen ins Konzept passen, wurde hier im weiteren darauf hingewiesen, daß man gewisse Lücken in den Protokollen über die Fossile wie auch die Fehler in den Radiocarbondatierungen einräume, um dann zu der letztgültigen These zu gelangen: Mensch und Pferd hätten vor 12.500 Jahren koexistiert:

In the new study, researchers reevaluated some of the unreliable data used in previous calculations and determined that when gaps in the fossil record and radiocarbon dating errors are factored in, it is possible that humans and horses coexisted.
(LiveScience, Internetversion 1. Mai 2006)

Die Aufzeichnungen über Pferdefossilien sind ausgesprochen lückenhaft. Daher ist der Fund eines 12.500 Jahre alten Fossils noch lange kein Beweis dafür, daß es auch zu jener Zeit ausgestorben ist.

Was die Radiocarbon Datierung betrifft, gehen selbst die von ihrer Bedeutung für historische Erhebungen überzeugten Wissenschaftler davon aus, daß sie gut 200 bis 300 Jahre neben dem fiktiv "richtigen" Wert liegen kann, was ein durchaus bedeutender Unterschied ist, wenn man ein Zeitfenster von etwa 1000 Jahren betrachtet. Womit eine exakte Zeitdatierung per se ausgeschlossen wird.

Somit könnte alles oder nichts davon möglich sein, d.h. man kann weder die Jagdtheorie, noch die anderen beiden Thesen mit Gewißheit widerlegen, um die die Historiker der unterschiedlichen Überzeugungen immer noch streiten. Der Verdacht, daß es aber irgendwann einmal vor den Indianern schon Pferde auf dem Kontinent gegeben haben muß, läßt sich wohl nicht mehr ausschließen.

Erstveröffentlichung 12. Mai 2005

15. Oktober 2007