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ETHIK/008: Lasst sie aussterben (Ingolf Bossenz)


Lasst sie aussterben

Von Ingolf Bossenz


Es ist einigermaßen ungewöhnlich, dass sich ein internationales Treffen ranghoher Politiker mit einer einzelnen Tierart befasst. Aber es geht immerhin um den Tiger und der gehört zweifellos neben Löwe oder Adler in die Reihe symbolträchtiger Spezies, von deren animalischem Charisma sich mächtige Männer gern inspirieren lassen. Also lud Russlands Regierungschef Wladimir Putin nach St. Petersburg ein, wo bis Mittwoch über einen Aktionsplan zur Rettung dieser weltweit nur noch 3200 Raubkatzen beraten wird. Tiger sind bei Jägern als Trophäen und zur Herstellung fragwürdiger medizinischer Präparate begehrt. Diese menschliche Gier, die wohl entscheidende Triebkraft zur Zerstörung der Natur, droht eines der schönsten Tiere von diesem Planeten zu tilgen.

Doch nicht alle Kreaturen sind so prachtvoll und schon gar nicht so selten wie der Tiger. Zu den sozusagen ständig nachwachsenden Rohstoffen gehören die sogenannten Nutztiere, deren milliardenfache Abschlachtung in den Tötungszentren der Tier-»Produktion« zur legalen und alltäglichen strukturellen Gewalt der entwickelten Länder gehört. Durchaus Thema für ein internationales Treffen. Dieses könnte ja einmütig beschließen, die »Nutztiere« in Würde aussterben zu lassen und fürderhin auf jede Ausbeutung zu verzichten. Das wäre wirklich DER Gipfel.


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Quelle:
Ingolf Bossenz, November 2010
Der Schattenblick veröffentlicht diesen Artikel mit der freundlichen
Genehmigung des Autors.
Erstveröffentlicht in Neues Deutschland vom 23.11.2010
http://www.neues-deutschland.de/artikel/184766.lasst-sie-aussterben.html


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. November 2010