Schattenblick → INFOPOOL → TIERE → TIERRECHTE


ETHIK/039: Ehrfurcht vor dem Leben (Ingolf Bossenz)


Ehrfurcht vor dem Leben

Ingolf Bossenz über bizarre Bräuche und und ebensolche Ansinnen


Was ist eigentlich die Steigerung von Respekt? Ehrfurcht, Anbetung, Apotheose? Nun, so weit sind wir zum Glück noch nicht. Erst einmal hat Volker Beck, Sprecher für Religionspolitik der grünen Bundestagsfraktion, »Respekt« eingefordert »gegenüber den religiösen Vorstellungen und Vorschriften von Minderheitsreligionen«. Wer einmal ein Buch über diverse Glaubenspraktiken zur Hand genommen hat, weiß, dass derlei Vorstellungen und Vorschriften sehr bizarre und absonderliche Formen und Gestalten annehmen können. Das Christentum ist da keine Ausnahme.

Das Religiöse kann kaum treffender umrissen werden als mit Nietzsches Satz: »Der Irrsinn ist bei Einzelnen etwas Seltenes, aber bei Gruppen, Parteien, Völkern, Zeiten die Regel.« Doch warum soll nicht, wie es Effzwo gebot, jeder »nach seiner Façon selig werden«? Beck bezog sich in seiner Reverenz explizit auf den Islam und dabei auf die Praktiken des religiös begründeten betäubungslosen Schlachtens von Tieren und die nicht zuletzt unter sozialem Druck erfolgende Beschneidung kleiner Jungen. Seine eigene Prämisse, religiöses Brauchtum dürfe nicht »die Rechte von Dritten einschränken«, wirkt hier, gelinde gesagt, sehr wackelig.

Respekt sollte doch vor allem dem Leben, auch dem tierlichen, entgegengebracht werden. Albert Schweitzer sprach sogar von »Ehrfurcht«.

*

Quelle:
Ingolf Bossenz, Dezember 2015
Der Schattenblick veröffentlicht diesen Artikel mit der freundlichen
Genehmigung des Autors.
Erstveröffentlicht in Neues Deutschland vom 17.12.2015
http://www.neues-deutschland.de/artikel/995118.ehrfurcht-vor-dem-leben.html


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Dezember 2015

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang